Neuer Emerald plus noch mehr Verschwörungsunsinn

Totgesagte leben länger, so sagt schon der Volksmund und auch auf den Emerald Viewer trifft das zu. Es gibt eine neue Version, die speziell auf eine andere virtuelle Welt namens „Virtual World Web“ zugeschnitten worden ist, zum Download bereit. Es gibt sogar eine Möglichkeit, seinen Linden-Dollar zu einer guten Rate in deren eigene, lokale Währung einzutauschen.

Die Tatsache, dass der Emerald so schnell an diese Welt angepasst werden konnte deutet darauf hin, dass diese auf Opensim oder einer ähnlichen Technologie basiert. Arabella Steadham (Korrektur: Phox Modularsystems) ließ es sich jedenfalls nicht nehmen, wenn man schon dabei ist, noch gleich mal wieder eine volle Breitseite gegen Linden Lab abzufeuern, als da wäre:

Linden Lab has concocted various allegations and made outrageous demands on us in an effort to force people to stop using the Emerald Viewer, they’ve gone so far as to ban part of the development team to make further releases impossible.

We are very unhappy with how our dedicated team has been maligned, and we believe that the entire reason for the campaign was to prevent Emerald Viewer from becoming even more popular so that Linden would have to acknowledge our achievement and begin to give us something for our tireless work.

Unfortunately, what they gave us was an undeserved slam to our reputation and a kick out the door.

Auf Deutsch übersetzt bedeutet das nicht weiter als das:

Linden Lab hat verschiedene Beschuldigungen erfunden und uns hanebüchene Forderungen gestellt gehabt, um mit dieser Aktion die Benutzer davon abzubringen, Emerald zu benutzen. Sie gingen sogar soweit, dass sie Teile des Entwicklerteams einfach bannten, um weitere Releases zu verhindern.

Wir sind sehr unglücklich darüber, wie unser engagiertes Team verleumdet wurde, und wir glauben fest daran, dass der wahre Grund für diese Kampagne nur gewesen ist, zu verhindern, dass der Emerald Viewer noch beliebter werden würde und so Linden Lab endlich unsere Verdienste hätte anerkennen müssen und uns für unsere unermüdliche Arbeit etwas als Entschädigung zurückgeben müssen.

Leider war alles, was sie uns gaben, eine unverdiente Beschädigung unseres guten Rufes und einen Tritt, so dass wir im hohen Bogen zur Tür heraus flogen.

Also das strotzt mal wieder so vor Selbstgerechtigkeit, Verdrehungen und Weglassungen, dass ich eines sicher weiß: damit haben diese Leute endgültig kein Mitleid mehr verdient, sie sind nicht kritikfähig, Schuld sind immer nur die anderen und die eigenen Fehler sind wohl Geschichte oder ähnliches. Denn erwähnt werden diese gar nicht mehr, noch dass Linden Lab sehr wohl genügend Gründe hatte, viele Entwickler zu bannen.

Außerdem: was hätte ihnen Linden Lab denn als Entschädigung/Anerkennung für deren Arbeit geben sollen? Anspruch hat man als Entwickler alternativer Viewer auf rein gar nichts, schon allein diese Denke ist komisch. Die Sim Emeraldpoint vielleicht umsonst? Einen Angestelltenvertrag bei Linden Lab? Gutes Karma? Emerald als offizieller Viewer?

Kurz: wieso sollte man von diesem Team noch einen Viewer nutzen, das sich so stur und unbelehrbar sowie die Wirklichkeit verdrehend in der Öffentlichkeit zeigt, auch wenn er nun auf ein anderes Grid zugreift?

Drama um Emerald: so sehen schlechte Verlierer aus!

Das Drama um den Emerald-Viewer und vor allem die Äußerungen des noch verbliebenen Restteams um Arabella Steadham zeigen vor allem eines: so sehen total angefressene und schlechte Verlierer aus!

Was macht ein schlechter Verlierer, der sich ungerecht behandelt fühlt und weiß, dass seine Zeit abgelaufen ist? Richtig: er kartet nach und hofft, dass es den neuen King im Ring ordentlich schaden möge! Und genau das hat nun das Restteam um Emerald auch gemacht, zuerst in einem sehr länglichen Post namens „Dear Linden Lab“, später hat dann Linden Lab den Zugang von Arabella Steadham einfach gelöscht und sie schreibt nun auch darüber in „Beware The Thought Police.“

In eigener Übersetzung ins Deutsche schreibt Arabella Steadham dabei nämlich folgendes, Anmerkungen von mir sind dabei in eckigen Klammern gesetzt:

Liebes Linden Lab,

ich habe die heutigen Neuigkeiten gelesen, oh Mann.

Ich frage mich ernsthaft wieso ihr meint, dass eure Neudefinition des Wortes „Transparenz“ eine solch gute Sache sei, da diese sicher nichts mit Ehrlichkeit oder Integrität zu tun hat. Es ist ein sumpfiger Film aus Halbwahrheiten, Intrigen und Schwindeleien. Ich frage mich, wieso ihr den Benutzern von Second Life (50% davon nutzten nach euren eigenen Statistiken Emerald) nicht gesagt habt, dass die neuen von euch genehmigten Third Party Viewer von ehemaligen Griefern geschrieben worden sind, die ihr früher geteert und gefedert aus Second Life rausgeworfen habt.

Ich frage mich, wieso ihr nicht sagt, dass Ascent einfach nur ein neuer Name für Inertia und Nano ist, zwei Viewer, die programmiert wurden, um Passwörter zu stehlen und den Content-Diebstahl zu erleichtern. Ich frage mich, wieso ihr im Team von Ascent auf einmal Entwickler duldet, die ihr uns gegenüber als nicht vertrauenswürdig benannt habt und niemals im Emerald Team sehen wolltet. Dies war während der Zeit, als ihr meintet diktieren zu können, wer in den Entwicklerteams von TPVs sein darf und wer nicht. Offensichtlich haltet ihr euch selbst nicht mehr an eure eigenen, veröffentlichten Standards.

Ich frage mich auch, wieso ihr der Meinung seid, der so-genannte „Hauptentwickler“ von Phoenix sei vertrauenswürdig [gemeint ist Jessica Lyons], wo ihr selbst nur zu gut wisst, dass sie auf Grundlage von Emerald ihren eigenen Viewer mit entfernten Permission-Checks baute. Aber halt – sie gab diesen ja nur an ihre Freunde weiter, also war das in Ordnung. Aber sie log. Eure zwei Personen auf der Abschußliste im Emerald Team aber logen niemals darüber was sie getan hatten, weder euch gegenüber noch in der Öffentlichkeit.

Und ich gehe davon aus dass ihr mit all euren Möglichkeiten haargenau über die Verbindung der drittklassigen Entwickler im Emergence-Team zu der Gruppe Bescheid wisst, die ihr in einem Massenbann vor einigen Monaten rausgeworfen habt [vermutlich die Woodbury University]. Überprüft einfach, woher deren Geld kommt.

Ihr wisst haargenau, dass dieselben Leute, die sich in den Emerald Webserver hackten und Griefer Viewer schrieben, nun Viewer in der neuen TPVD stehen haben. So viel zu euren wertlosen ethischen Standards. Ihr wisst ebenso haargenau, dass die letzte Version von Emerald vollstens die TPV befolgte – die Emkdu verletzt nicht die GPL und wir entfernten, wie von euch verlangt, die Kodierung [des Pfadnamens]. Im Gegensatz zu euch haben wir sogar vom Hersteller von KDU die richtige Lizenz gekauft, um diese verteilen zu dürfen, etwas das Linden Lab versäumt hat. Zwei eurer Ziele in unserem Entwicklerteam verliesßn dieses, die dritte Person wurde nicht „abgewählt“ (glaubt ihr wirklich, dies ist eine Art von Spiel?), aber ihr sagt immer noch, der beliebteste Viewer auf dem Grid sei nicht in Übereinstimmung mit der TPV. Ihr lügt. Dies ist nichts anderes als ein Kampf der Egos.

Ich frage mich wirklich ob ihr davon ausgeht, dass eure Benutzer dumm sind und euren Respekt nicht verdienen. Es mag euch immer noch überraschen, dass sich Leute sehr stark über euren diktatorischen Stil aufregen, selbst für eine kleine, amerikanische Firma.

Ich frage mich ebenso, wieso ihr immer noch Leute wie Joe und Soft in Lohn und Brot habt, von denen ihr so gut wie ich wisst, dass deren persönliches Fehlverhalten die Sicherheitslöcher verursachte, für die ihr nun Emerald verantwortlich macht. Ihr wisst haargenau, dass diese alles abnickten, speziell auf den seltenen Linden Lab und Emerald-Meetings.

Wenn man all dies in Betracht zieht, dann weiß ich eines sicher: ihr könnt niemals verstehen, wieso ein Team von zwölf engagierten Entwicklern nicht das wichtigste Teammitglied überhaupt abwählen, nur weil ihr es verlangt. Ich weiß, dass ihr absolut keine Ahnung davon habt, was ein Team ausmacht, also werde ich es euch erklären.

Ein Team ist eine Gruppe, die sowohl an guten wie auch schlechten Tagen immer zusammenarbeiten. Ein Team wird Ideen ausbrüten, die Begabung seiner Mitglieder in deren Fachgebieten erkennen, sich in Zeiten von Krisen gegenseitig unterstützen, seine Mitglieder bis aufs Messer bei Attacken von außerhalb verteidigen und die aufblühende Kameradschaft genießen. Ein Team wird immer von all seinen Mitgliedern gestützt, so dass jeder Angriff von außerhalb kraftvoll abgewehrt werden kann.

Ich hatte früher große Hoffnungen und Träume, was aus Second Life werden könnte, als es wuchs und sich entwickelte. Ich sah es als ein unglaublich kreatives Werkzeug der Kommunikation an, das wenn man es richtig führen würde, alle damals auftauchenden sozialen Netzwerke bei weitem hätte übertreffen können. Ich sah es als die perfekte Methode für Telearbeit an, die es Firmen erlaubten würde, mit viel weniger Aufwand weltweit expandieren zu können. Ich sah es als eine faszinierende Möglichkeit der Bildung an, mit In World Einrichtungen die mir persönlich die Wahl geben würden zu entscheiden, wo auch immer ich meine Bildung herbekommen wollte. Ich sah es ebenfalls als einen wundervollen Ort an, an dem sich Menschen aus aller Herren Länder treffen konnten und dauerhafte Freundschaften schließen konnten mit Menschen, die sie sonst nie getroffen hätten.

Alles aber, was ich jetzt für die Zukunft sehe, ist das: ich sehe Second Life als eine rückständige, virtuelle Umgebung an, die von duckmäuserischen und nach innen schauenden Managern betrieben wird, regiert von mittelmässigen Regisseuren, die die uralten Methoden der Unterspülung, Hinterhältigkeit und Inkompetenz anwandten um dorthin zu gelangen, wo sie nun sind. Ich sehe eine ständig kleiner werdende Gruppe von Managern, sie sich schrecklich vor wahrer Intelligenz fürchten und mehr daran interessiert sind, diese aus ihrer Welt der Milde und Falschheit auszureißen als diese zu pflegen, zu finanzieren und zu pflegen. Ich hörte euch Manager „Ja, Linden Lab will eure Benutzerzahlen haben!“ zu mir kreischen, und dann habt ihr uns ein Ultimatum gestellt gehabt, das wir als Team nicht erfüllen konnten. Es wurde nur eine eurer Bedingungen nicht erfüllt, und ihr wolltet als Tyrann euer Ego mächtig triumphieren lassen. Aber hey, stellt doch einfach einen weiteren PR-Mitarbeiter ein [gemeint ist wohl Kim Salzer], der dann schon euer Chaosmanagement vertuscht! Das ist sicher besser als ehrliche, engagierte und talentierte Mitarbeiter zu haben, die ihr in den letzten Monaten massenhaft entlassen habt. Ich sehe eine Pfütze, die sich sehr schnell mit Abschaum füllt. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich dieser eines Tages weiter. Zumindest könnt ihr diesen bis dahin nach Belieben manipulieren.

Es war doch so – die Anzahl der Benutzer, die sich mit dem offiziellen Viewer einloggten sank rapide, also kam irgendein Vizepräsident mit dem Plan (oder es wuchs noch auf dem Mist eines Ex-Geschäftsführers) auf – „Lasst uns Emerald sperren, einige zweifelhafte, alternative Viewer erlauben und den Leuten wird keine Wahl bleiben. Sie werden den Viewer 2.0 benutzen müssen!“ Irgendwer bekam für diese Idee sicher einen Bonus (ein Linden Lab Bonus ist dabei um die 3 US$ wert) oder ein wenig „Luv“ von der Luv Machine [Philip Rosedale ?].

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, in der letzten Zeit bin ich mehr an meinen eigenen RL-Tragödien interessiert und dem Erdbeben, um all das, was ihr sagt oder tut ernst zu nehmen oder gar für glaubwürdig zu halten. Während ich das hier schreibe, blicke ich auf meine Stadt und sehe auf eingestürzte Gebäude, zerstörte Familienbetriebe und Milliardenschäden, die eine Stadt voll guter Menschen schwer getroffen haben. Ich sehe dabei zu, wie das Haus meines 80 Jahre alten Nachbarns abgerissen werden muss, da es letzte Samstag Nacht beim Erdbeben zu viel Schaden erlitten hat. Ich bin so froh, dass ich auf der anderen Seite des Erdballs lebe [Neuseeland]. So kann ich nämlich weniger wahrscheinlich von euren fragwüdigen Geschäftspraktiken weniger kontaminiert noch gar korrumpiert werden.Wie war das noch damals mit dem Mehrwertsteuer-Betrug, ne?

Beim Treffen letzte Woche drohte Oz [Linden] allen Teammitgliedern damit, dafür zu sorgen, dass sie „niemals von einer wirklichen Firma oder Behörde angestellt“ werden würden. Da wusste ich es sicher, dass ihr nun völlig übergeschnappt seid. Wer zum Teufel denkt ihr, dass ihr seid, ihr schwachköpfigen Witzbolde? Ihr mögt es vielleicht nicht glauben, aber die Welt und deren Regierungen werden nicht von euch diktiert. Nicht alles ist virtueller Betrug und Mobbing, müsst ihr dabei wissen. Armer, kleiner Oz, wie entsetzlich es doch ist, eine Marionette zu sein. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum er sein Versprechen nicht einhalten konnte, uns die endgültige Entscheidung Linden Labs per Email zu schicken, wie es einem die Ethik vorschreibt (er war dieser Meinung). Ich denke, es ist einfacher, ohne große Vorwarnung eine Klinge in den Rücken des angenommenen Feindes zu stecken, nicht wahr?

An alle Nutzer des Emerald Viewers: es tut mir wiklich leid, dass Linden Lab sich entschieden hat, euch das anzutun. Ich wünsche euch viel Glück! Ich werde keinen der neuen TPV benutzen – ich weiß zu viel von deren Geschichte, denke ich, als das meine Zugangsdaten damit sicher wären. Und wenigstens bleibt so meine Integrität intakt.

Kurz noch zu den Abkürzungen: TPV steht für „Third Party Viewer“, das ist die Sammelbezeichnung für alternative Viewer wie Phoenix, Emerald, Imprudence usw., TPVD steht dabei für „Third Party Viewer Directory“, das ist ein freiwilliges Verzeichnis, in dem man seinen TPV listen kann.

Mein Fazit: Emerald ist tot und es ist für mein Verständnis gut so, dass das so gekommen ist. Der Blogpost von Arabella Steadham strotzt nur so vor Beleidigungen, Anschuldigungen und Halbwahrheiten, eigene Fehler werden dabei getrost unter den Teppich gekehrt und gar nicht mehr erwähnt, ebenso die Vergangenheit eigener Entwickler. Auch bei Emerald gab es Entwickler, die früher Griefer Viewer und dergleichen schrieben, also sollte man da mal den Bach lieber schön flach halten.

Alles ist dabei eine einzige, groß angelegte Aktion von Seiten Linden Labs, um Emerald platt zu machen und sich dessen Benutzerzahlen anzueignen. So sieht jedenfalls Arabella Steadham das. In das Bild passt nur nicht so ganz rein, dass Linden Lab den auf der Codebasis von Emerald aktiv entwickelten Fork Phoenix ins TPVD aufgenommen und dessen Benutzung damit erlaubt. Das entzieht der Verschwörungstheorie jedweder Grundlage!

Alles in allem kann man daher nur sagen, dass so gefrustete und schlechte Verlierer aussehen. Linden Lab war verdammt lange geduldig gewesen bei all den Machenschaften um Emerald, bis es eben wirklich zu viel wurde und sie reagieren mussten. Und das taten sie dann auch in unerwarteter Geschwindigkeit und Schärfe. Vielleicht entdecken die Leute ums alte Emeraldteam auch mal irgendwann ihre eigenen Fehler, vielleicht hätte Linden Lab auch anders reagieren können, vielleicht vielleicht vielleicht… haben sie aber nicht.

Den Benutzer juckt es nicht sonderlich, solange er sein geliebtes Baby Emerald, das sich nun eben Phoenix nennt aber sonst weitestgehend gleich geblieben sit, weiterhin benutzen kann. Zurück bleibt ein Team von frustrierten Entwicklern, die in der Summe einfach eindeutig zu viel Mist gebaut hatten, als das man es denen auf Dauer hätte noch ungestraft durchgehen lassen können und nun sich als Trost ihre eigene Dolchstoßlegende gebastelt haben.

Aber das Leben geht weiter, und bald auch wird diese inzwischen von vielen als „Emeraldgate“ bezeichnete Angelegenheit weitgehend vergessen worden sein.

Emerald ist endgültig tot

Ab Mittwoch den 8. September 2010, 19:00 Uhr unserer Zeit, wird Linden Lab den Zugriff aller Emerald-Viewer auf das Second Life Grid sperren. Dies war bereits seit einiger Zeit absehbar und ist kein Beinbruch, da für alle Emerald-Liebhaber mit dem Phoenix Viewer ein würdiger Nachfolger bereit steht, der sogar im TPVD gelistet ist.

Linden Lab ließ es sich nicht nehmen, jeden Benutzer davon sogar per Email in Kenntnis zu setzen. Naja, es ist das Ende eines  Projekts, das durchaus seine Spuren hinterlassen hat, aber von Leuten betrieben wurde, die ihrer Verantwortung teilweise nur bedingt dauerhaft gerecht wurden.

Über den Lag, dessen Ursachen und dessen Bekämpfung in Second Life

Die Statistikleiste von Second Life.

Eines der Hauptgesprächsthemen und Hauptärgernisse in Second Life überhaupt ist der mehr oder minder ständig anwesende Lag. Es gibt kaum ein Thema, um das sich so viele Mythen und Legenden ranken wie dieses, wo es selbst technisch versierten Mitmenschen schwer fällt, alleine die Fakten zu betrachten und viele regelmäßig stolz mit ihrem Halbwissen meinen glänzen zu müssen. Also stellen wir uns die scheinbar einfache Frage: was ist Lag genau und was kann man dagegen machen?

Lag wortwörtlich betrachtet

Lag kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich ins Deutsche übersetzt so viel wie Verzögerung, Rückstand oder Nachhinken. Es geht also darum, dass etwas nicht so schnell verarbeitet wird, wie es verarbeitet werden sollte und sich daher spürbar langsamer als normal anfühlt. Der Begriff „Lag“ kommt dabei ursprünglich aus dem Bereich der Netzwerke und bezeichnet dort eine besonders hohe Latenzzeit, streng genommen kann er auch nur da entstehen. In Second Life wird er aber auch häufig für Effekte gebraucht, für die alleine der Viewer verantwortlich ist. Pedanten klamüsern diese Begrifflichkeiten dann gerne auseinander, im Rahmen dieses Artikels aber verwenden wir der Einfachheit halber und weil es sich bereits so eingebürgert hat den Begriff „Lag“ für Beides.

Lag zuerst rein physikalisch auf der Netzwerkebene betrachtet

Schauen wir uns zuerst einmal die Netzwerkebene und deren physikalische Grundlagen an. Die Physik spielt dabei eine wichtigere Rolle, als man zuerst annehmen mag.

Die wichtigste physikalische Konstante für alle Verbindungen zu Second Life ist dabei die Lichtgeschwindigkeit c, die vereinfacht ausgedrückt bei ca. 300.000 km/s liegt. Angenommen, es sitzt nun jemand in Frankfurt/Main, er baut eine Verbindung zu Second Life auf und landet im Rechenzentrum in San Franzisco. Die Entfernung Luftlinie nach San Francisco beträgt dabei etwa 9140 km, gehen wir mal von 10.000 km aus, da die Kabel sicher länger sein dürften als die reine Luftlinie.

Wie lange braucht es nun, bis eine Eingabe im günstigsten Fall von Hamburg nach San Francisco gelangt ist? Einfach, man rechne: 10.000 km / 300.000 km/s = 0,033 s. So weit der Wert der Theorie, da auf dem Weg noch mehrere Router liegen, die dem Ganzen zusätzliche Latenz hinzufügen, dürfte ein realistischer Wert irgendwo bei 0,04 bis 0,05 Sekunden liegen. Damit ist also die Information angekommen, wird im Simulator verarbeitet und geht danach wieder auf den Rückweg. Das bedeutet, in der Praxis haben wir bestenfalls irgendwelche um die 0,1 Sekunden oder 100 Millisekunden.

Diese Zeit misst man mit Hilfe des Befehles ping. Wenn es auf dem Weg zu Second Life irgendwo im Netzwerk einen Stau geben sollte, dann macht sich das folgerichtig in höheren Zeiten als normalerweise erwartet bemerkbar.

Auftritt: Server Side Lag und Client Side Lag

Soweit der kleine, netzwerktechnische Exkurs und was Lag im eigentlichen Sinne ist. In Second Life selber wird zwischen zwei Arten von Lag unterschieden, nämlich dem

  • Server Side Lag sowie dem
  • Client Side Lag.

Also einerseits der Lag der aus diversen Gründen auf dem Server entsteht und dem Lag, der sich alleine auf dem eigenen Computer bemerkbar macht. Gegen Server Side Lag kann man dabei nur bedingt etwas tun, während man den Client Side Lag natürlich weitgehend in den Griff bekommen kann. Schauen wir uns also mal beide Bereiche genauer an!

Mehr erfahren

Die Hair-Fair und stetig wiederkehrende Lagmythen

Ein Bild von der Hair Fair 2010 inkl. Simstats.

Es ist mal wieder die Zeit des Jahres, in der alle namhaften Designer in Second Life ihre neuesten Haarkreationen auf über vier Sims ausstellen. Das bedeutet auf vier Sims ständig mindestens je Sim 40 Avatare und Laghölle pur. Das ist dabei auch wieder einmal die Zeit des Jahres, in der man sich stark der technischen Grenzen von Second Life bewusst wird und die Mythen von Second Life wiederkehren, wodurch alles Lag entsteht.

Wieder mal typisch dabei ist auch die Bitte, alles Mögliche an Prims und HUDs vom Avatar abzunehmen und nur quasi „nackt“ zu erscheinen. Es zeigt immer noch, dass da viele nicht verstanden haben, was Lag ist und was nicht, wodurch er entsteht und wodurch nicht. Obwohl ich sagen muss, ich war vorhin auf den Sims gewesen, diese sind bereits so weit als möglich optimal gegen Lag gebaut worden.

Auch immer und immer wieder kommen dabei die Leute auf, die geradezu zwanghaft die ARC eines Avatars betrachten und einen dann anpampen, wenn diese in deren Augen viel zu hoch ist. Was soll man denen sagen? Es ihnen jedes Mal erklären, dass die ARC ein Maß für die clientseitige Last der Grafikkarte ist? Meist kommt diese Botschaft bei diesen Leuten erst gar nicht an, ebenso wenig wie die Erkenntnis, dass sie das selber in der Hand haben – kauft euch einfach eine bessere Grafikkarte und fertig, die kosten auch längst nicht mehr die Welt!

Denn was ist der Sinn in einem Modeevent, wenn man da nicht zeigen darf, wie modisch der eigene Avatar aussehen kann?

Aber so gilt: the same procedure as last year? The same procedure as every year!

Rezzen im Phoenix Viewer beschleunigen

Der Phoenix-Viewer nutzt wegen der Auflagen von Linden Lab keine Emkdu.DLL mehr und kommt mit OpenJPEG 1.3.0 als dafür zuständige Bibliothek daher. Das macht sich im Vergleich zum alten Emerald in einem langsameren Rezzen der Texturen bemerkbar.

Nun ist Phoenix dergestalt umgebaut worden, dass er das Rezzen nur noch mittels OpenJPEG vornimmt, auch wenn LLkdu vorliegen sollte, und sonst gar nicht. Das war eine der alten Forderungen von Seiten Linden Labs an die Emerald Entwickler, ich habe es mit allen möglichen LLkdus probiert, es funktioniert nicht.

Nun kann man mit einem kleinen Trick Phoenix dennoch zu schnelleren Rezzingzeiten überreden. Die Version 1.3.0 von OpenJPEG nämlich ist nicht mehr aktuell und Imprudence kommt mit der deutlich schneller arbeitenden Version 1.4.0.565 daher.

Also lädt man unter Windows sich einfach zuerst Imprudence herunter (z.B. die 1.3.0 RC2) und installiert diesen. Aus dem Programmverzeichnis von Imprudence kopiert man dann die Datei OPENJPEG.DLL in das Programmverzeichnis vom Phoenix-Viewer und startet diesen danach.

Wenn alles geklappt hat, dann sieht man im Menü „Hilfe“ unter „Über Phoenix Viewer“ folgendes, wichtig ist dabei der farbig eingekastete Bereich:

In dem muss als Runtime „1.4.0.565“ stehen, damit nutzt nun Phoenix Viewer die neuere Bibliothek und sollte schneller arbeiten.

Und wie der Phönix aus der Asche…

Emerald ist tot, es lebe der Phoenix-Viewer! Das abgespaltene Emerald-Team um Jessica Lyon hat einen eigenen Fork vom alten Emerald unter dem Namen Phoenix Viewer gestartet.

Das Hauptziel des Emerald-Viewers ist die Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Codebasis vom alten Emerald unter Einhaltung von hundertprozentiger Transparenz. Jeder Arbeitsschritt soll von außen kontrollierbar sein, es gibt bereits jetzt einen IRC-Channel der Entwickler, ein öffenliches Quellcoderepository, und und und… Zudem hat man bereits die Aufnahme im Third Party Viewer Directory beantragt und rechnet damit, dass dies eine rein Formsache sei, da keine historisch belasteten Entwickler mehr mit an Bord seien.

Unter den Entwicklern ist der bekannte LordGregGreg Back zurück und Kitty Barnett, von der die RLV(a)-Implementierung stammt. Auch ansonsten ist man personell sehr gut bestückt, man darf gespannt sein, welches Leben diesem Projekt in der Zukunft beschert sein wird, es liest sich wie all die guten Sachen von Emerald minus dem unnötigen Drama.

Hoffentlich haben die Entwickler dabei ihre Lektionen gelernt!