Bei Wagner James Au wird ja – mal wieder – der Second Life Untergang prophezeit, weil man sonst nichts besseres zu tun hat und schlechte Nachrichten einfach noch immer am Besten gehen. Man stelle sich nur einmal vor, Second Life würde wachsen und alle wären glücklich – wäh, furchtbar, das interessiert doch keine Sau, nein die Lust am Untergang ist es, die uns alle antreibt!

Nun hat also der Herr Au eine etwas fragwürdige Quelle für statistische Zeitreihen angebohrt und ergötzt sich daran, wie schlimm doch mal wieder alles ist, so rundum furchtbar – und Second Life hat innerhalb von 11 Wochen über 1000 Sims verloren.

Nun, was ist davon zu halten? Schaut euch mal das Säulendiagramm an, den er von hier hat. Dieses Diagramm ist nämlich total unbrauchbar, es ist schwer auszuwerten. Warum? Ganz einfach weil die X-Achse, die die Anzahl der Sims darstellt, nicht ordentlich eingezeichnet ist. Normal würde man nämlich nach oben eine gewisse Schrittweite einzeichnen und einhalten, meinetwegen 50, 100, 150 usw. – und nicht unten nur die Null und oben die 487. Außerdem fehlen horizontale Linien, kurz das Diagramm ist absolut für den Müll und wertlos.

Dann kommt dazu, dass man mit diesem Diagramm noch keine Vergleichswerte hat. 1000 Regionen in elf Wochen ist das viel, ist das wenig und wieviel ist das bitte in Relation zur Gesamtzahl der Sims?

Besser gearbeitet und damit auch besser zum Bilden der eigenen Meinung ist da das Diagramm von Tyche Shepherd, das ist nämlich im Gegensatz zum anderen Diagramm recht sauber gearbeitet. Wenn man schon Trends aus einem Diagramm ableiten will, dann sollte man das nehmen.

Und siehe da: auch dort ist der neue Abwärtstrend gut sichtbar. Die grundlegende Analyse also, dass Second Life im Vergleich zu früher nicht nur auf hohem Niveau stagniert, sondern gerade in einer bisher ungeahnten Geschwindigkeit schrumpft, ist zutreffend.

Nun ist die nächste Frage, die man sich stellen sollte: ist das gut oder schlecht für mich? Wenn man sich ansieht, wieviel brachliegendes Land es gegeben hat und gibt, dann ist das sollte es bei einer gesunden Schrumpfung bleiben, erst einmal gut für die Bewohner. Denn so wird Linden Lab gezwungen, wieder verstärkt auf die Bedürfnisse seiner Bewohner einzugehen, neue Bewohner zu akquirieren und sich flexibler zu zeigen.

Sollte dieser Trend allerdings zu lange anhalten, dann wäre das schlecht, denn dann ginge Linden Lab langfristig pleite.

Aber wie das eben mit Trends so ist, es kann keiner sicher voraussagen, wie lange sie anhalten und Linden Lab wird schon aus ureigenstem Interesse daran arbeiten, dass dieser Trend bald nur noch Geschichte ist. Es bleibt also spannend und Sorgen werde ich mir erst dann machen, wenn Linden Lab das Ruder eben nicht mehr herumreißen kann.

Also ist das alles, nur bisher kein Grund zur Panik, im Gegenteil.

Übrigens sieht die unvermeidliche Maria Korolov von Hypergrid Business in diesem Trend eine deutliche Migration von Second Life nach Opensim. Das ist ihre Deutung der Dinge, und natürlich bejubelt sie neue Höchststände bei der Anzahl der insgesamt existierenden Regionen in OS-Grids überhaupt, wie man eben so als Chef-Jubelperser für Opensim gestrickt ist, alles so schön bunt und besser da!

Nur: mit solchen Interpretationen sollte man immer vorsichtig sein, denn sie müssen noch lange nicht zutreffend sein. Um sie wirklich zu erhärten, müsste man sie mit Erhebungen untermauern, und da dürfte es dann doch ein wenig hapern. Sicher wird ein Teil der abwandernden Bewohner sich erstmal in Opensim anschauen, die Frage ist aber wieviel Prozent der Auswanderer landen dort und vor allem wieviele der dort gelandeten Auswanderer bleiben dann da dauerhaft?

Das sind die richtigen Fragen, die man stellen muss, um das zu erörtern – und das Problem dabei ist, dass man so etwas kaum stichhaltig erfassen können wird. Also bleibt dann eben nur der Blick in die Kristallkugel und das war’s.

10 Gedanke zu “Schöner Lügen mit Statisik”
  1. Es ist doch völlig egal, ob eine statistische Grafik die Daten informativ darstellt oder nicht, wenn diese Daten am Ende dennoch zutreffend sind.

    Also direkt von einem Untergang, der da prophezeit wird, habe ich nichts mitbekommen. Allerdings stimmen die Infos, dass seit geraumer Zeit immer mehr Nutzer und Regionen aus SL verschwinden. Und dies deckt sich mit einer Grundstimmung, die ich auf vielen Webseiten zu lesen bekomme. Auch inworld gibt es einen spürbaren Rückgang der Teilnehmer auf Veranstaltungen und Konzerten.

    Ich sehe das nicht als „Gesundschrumpfen“. Sowas wäre eine Verkleinerung der Mainland-Landmasse, denn dort gibt es inzwischen zu über 50% unbebauten, hässlichen Simboden. Was hier aber so stark zurückgegangen ist, sind einzelne Estate Sims, die meist auch einzeln irgendwo im Grid gelegen haben. Das ist kein brachliegendes Land aus Sicht eines SL-Nutzers, denn ohne Grund ist dort sowieso niemand vorbeigegangen. Und vor allem hat es auch niemanden gestört, dass irgendwo im Ozean eine alleinstehende Region nicht bebaut war. Das verschwinden solcher Regionen hat nur eine Auswirkung: Linden Lab bekommt wieder 300 US$ (bzw. 125 US$) weniger pro Monat und Region.

    Und Linden Lab versucht jetzt seit dem Antritt von Rod Humble „verstärkt auf die Bedürfnisse seiner Bewohner einzugehen“. Doch ich habe den Eindruck, dass sie dabei den Negativtrend nur beschleunigen. Was mich wieder zum Thema bringt, dass sich die Landpreise in SL auf einem Niveau bewegen, die jede Rechtfertigung zur Karikatur degradiert. Was sagt denn deine Logik zu der Tatsache, dass die Anzahl von Regionen in OpenSim etwa doppelt so schnell ansteigt, wie sie in SL abnimmt? Meinst du, die werden von Neueinsteigern im Bereich SL/OS betrieben?

    Sorgen werde ich mir erst dann machen, wenn Linden Lab das Ruder eben nicht mehr herumreißen kann.
    Ich mache mir lieber Sorgen, solange noch die Hoffnung besteht, dass sich etwas ändern lässt. 😉

  2. Naja, also Regionen verschwinden gerade massiv, ja. Ich habe es aber lieber, wenn man schon da irgendwelche Diagramme dafür als Darstellung ranzieht, dass diese auch sauber gearbeitet sind. Die von Tyche sind es, das erste ist es eben nicht, aus Tyches Diagramm kann man Trends ablesen, aus dem anderen wird das schon schwerer.

    Wie dem auch sei – das mit der Stimmung und Wahrnehmung aus Blogs/Foren alleine zu begründen, da wäre ich vorsichtig. Wir bewegen uns nun einmal in der uns eigenen Wahrnehmungsblase und Google unterstützt das, lesen meistens die Blogs, die mit unserer Wahrnehmung recht konform gehen und so können sich solche gefühlten Stimmungen massiv verstärken – bis jemand mal mit der Nadel daherkommt und die Blase zerplatzen lässt.

    Die Leute, die der Meinung sind Linden Lab würde die nächste Zeit nicht mehr überstehen, gab es immer schon und wird es immer geben – die Firma aber besteht nun schon über ein Jahrzehnt. Also haben die hauptamtlichen Kassandras da bisher denkbar schlechte Kristallkugeln gehabt.

    Ja, Linden Lab wird das hier aber – und das ist schon massiv in der kurzen Zeit – zu spüren bekommen. Entweder der träge Dampfer bewegt sich dann flotter oder sie haben langsam aber sicher ein dickes Problem am Hals. Noch aber ist das nicht ganz soweit, aber der momentane Trend zeigt eindeutig abwärts.

    Was meine Logik dazu sagt, dass die Anzahl von Regionen in OS doppelt so schnell ansteigt wie in SL? Das kann man so nicht miteinander vergleichen finde ich, weil Regionen in OS massiv billiger sind als in SL.

    Lassen wir meinetwegen einen SL-Bewohner 1/2 bis 1/4 Homestead bewohnt haben, in OS holt der sich doch locker gleich eine ganze Sim und tobt sich da aus, nutzt die fortan als sein Wohnzimmer und hat Spaß darauf.

    Aber nicht jeder, der SL verlässt, geht eben diesen Schritt, die Mehrheit bleibt da sicherlich auf der Strecke.

    Ja, das ist ein Wachstum was OS da hat, aber nicht unbedingt aus eigener Kraft eben.

    Billigere Landpreise werden ja immer wieder gerne gefordert, dass die Leute durchaus gewillt sind Land zu kaufen wenn die Preise sich richtig gut anfühlen, aber seinerzeit machte Linden Lab ja die Homesteads platt und sorgte für ein Desaster.

  3. Also ich kann das schrumpfen eigentlich nur für den Rollenspielbereich sagen, da ich sonst nicht anderes mache und sonst keine anderen SIMs kenne und da ist auf jedenfall ein merklicher Rückgang, der SIMs zu spühren.

    Das hatte aber auch einen kleinen Vorteil gehabt. Denn ich meine, dass sich viel mehr Spieler auf den noch vorhandenen SIMs tummeln. Ich kann mich zwar täuschen aber mein empfinden sagt mir, es sind weniger SIMs aber dafür mehr Spieler auf den rechtlichen SIMs.

  4. Vielleicht ist das ganze auch nur ein Gesundschrumpfen der Landlords, denn immerhin müssen die die Sims voll bezahlen, ob nur einer drauf wohnt oder die Sim voll ist, der Preis ist der selbe. Ich habe bei einem Estater gesehen, das der bei seinen Tierboards leere Flächen abgedeckt hat und nachdem die Sim leer war , war sie auch „schupps“ verschwunden.
    Simple Rechnung, 20 halbvermietete Sims kosten mehr als 10 volle…….
    Diese ganzen Statistiken und Grafiken zeigen doch immer nur die Sims an, zeigen aber nicht ob es Sims sind die sich einer selber bei Linden geholt hat oder ob diese einem Landlord gehört. Also Abwarten und n Hefeweizen trinken.

  5. Okay, vordergründig verdient LL sein Geld primär mit den Einnahmen aus der Simvermietung. Dennoch glaube ich, dass das Schielen auf die Zahlen der vorhandenen Sims nicht unbedingt aussagekräftig ist.

    Letztlich hängt das Wohl und Wehe von LL und SL ursächlich davon ab, wieviele Nutzer sich in SL tummeln. Nur wer ON ist kann tendenziell Umsatz bringen. Und sieht man sich die Zahlen der gleichzeitig ON befindlichen Usern an, dann ergibt sich schon so etwas wie ein Trend. Anfang 2010 waren durchschnittlich ständig knapp 60.000 User ON. Aktuell sind es noch etwa 45.000, also rund 25 % Nutzerverlust binnen rund 2 Jahren. Milchmädchenhaft gerechnet machen also die Shops 25 % weniger Umsatz (oder sind entsprechend weniger geworden) und es wird 25 % weniger Landfläche benötigt.

    1. Ja, das Problem an den Zahlen ist ja mehr: wir kennen die aktuellen Zahlen nicht mehr, da Linden Lab seit einiger Zeit diese Statistiken lieber für sich behält.

      Also kann man einen „educated guess“ wagen und das war’s gewesen.

    1. Ja, Gridsurvey selber erfasst statistisch korrekt die Größe des Second Life Grids und zeichnet da Trends auf.

      Die Zahlen aber, wieviele Benutzer täglich einloggen, wie lange sie online sind, wieviel Geld sie ausgeben und ähnliches mehr, die lieferte früher immer Linden Lab quartalsmäßig als Statistik. Das aber tut Linden Lab seit einiger Zeit eben nicht mehr, daher sind die aktuellesten Zahlen bei Gridsurvey beispielsweise für „Anzahl der Residents, die in der letzten Woche eingeloggt waren“ auch nur noch Stand Oktober 2010. Es gibt von Seiten Linden Labs keine neueren Zahlen mehr, leider.

  6. Das ist wirklich ein komplexes Thema, aber ich will dazu kein Roman schreiben. (hab ich gerade und das war dann doch zuviel für ein Kommentar, also die Kurz-Aussage)

    SL bietet viel, aber ist doch durch seine veralteten Unterbau ziemlich eingeschränkt. Auch kosten die Ressourcen für das System umängen an Geld was SL gerade so teuer macht.

    Im Grunde müsste ein komplett neues System her um SL wieder auf die Überholspur zu bringen. Den so wie jetzt kann SL noch nicht von dem wohl stärksten Kundenstamm im Netz profitieren: „Dem Spieler“.

    Warum? Das brauch ich euch alten Hasen wohl nicht erklären. Das wisst ihr besser als ich.

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