Warum Stadtratsversammlungen in den meisten Rollenspielen eine schlechte Idee sind

Eine bei uns immer wiederkehrende Diskussion ist, warum wir nicht endlich mal einen Stadtrat ausspielen würden, der dann Entscheidungen fällt. Tatsächlich wird es in Belnend schon seit je her so gepflegt, dass wir alle so tun, als gäbe es den Stadtrat und der tagt ab und an, dann werden einfach die Beschlüsse des Stadtrats verkündet und fertig. Wir spielen das nicht aus, und wenn es wirklich wichtige Sachen zu regeln gibt, dann wird eine OOC-Sitzung anberaumt. Damit sind wir schon immer sehr gut gefahren.

Nun gibt es aber auch Sims, die gerne ihren Stadtrat so richtig regelmäßig ausspielen, früher war das beispielsweise in Lydius der Fall und heute ist das noch in Kasra so. Meines ist das jedenfalls absolut nicht, und ich erkläre nun auch mal, warum das so ist und ich solche Sachen für absolut verzichtbar halte.

Also: ich war im Laufe meines Lebens im wirklichen Leben in mehreren Vereinen tätig, meistens als Mitglied des Vorstandes. Ich weiß also aus eigener Erfahrung, wie das ist, wenn man in langen Sitzungen über Sachen diskutiert und streitet, eine Lösung finden will oder sich über Satzungen von Vereinen Gedanken macht, über Verträge und all diese Sachen mehr. Ich habe das alles selber jahrelang mitgemacht und da umfangreiche Erfahrungen sammeln können. In einem Verein ist das sehr wohl sinnvoll, dass man so vorgeht, im Rollenspiel aber ist es etwas anderes.

In einem Verein kennt man seine Pappenheimer meist recht lange, man sitzt ihnen gegenüber, geht gut vorbereitet in eine Sitzung, man weiß, worum es geht, und vor allem gibt es neben den Häuptlingen auch genügend Indianer, die es zu regieren gilt.

In einer Rollenspielsim aber beginnt das schon damit, dass es fast immer zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer gibt. Welchen Sinn aber macht es, in einer Ratssitzung stundenlang über irgendwas im Rollenspiel zu diskutieren, wenn die Indianer fehlen, die das dann umsetzen?

Dann sind in einem Verein vom Stimmrecht her meist alle gleich oder können recht schnell das Stimmrecht bekommen, in einer Rollenspielsim aber sieht das anders aus. Damit kann ein IC-Rat nicht unbedingt zur Willensbildung der Gesamtheit der Mitspieler beitragen (es sei denn, beispielsweise jeder Sklave hat auch einen Freien als Alt, mit dem er daran teilnimmt), sondern nur zur Willensbildung eines Teils der Mitspieler. Das ist kein Problem, aber gilt es zu beachten und heißt eben, dass man neben solchen Ratssitzungen auch ab und an noch weitere OOC-Sitzungen gebrauchen könnte.

Und selbst im Falle der IC-Willensbildung ist der Stadtrat meist eine Sache, die viele Spieler spätestens dann mit Nichtachtung strafen, wenn ein Tagesordnungspunkt nicht so entschieden wird, wie sie es gerne hätten. Die greifen dann nämlich zur Lösung Marke „Ups, sorry Leute schon so spät, muss morgen früh raus, ciao!“, gehen einfach und sind dann noch stundenlang woanders anzutreffen, nur nicht mehr dort im Rat, dem sie eigentlich angehören. Genau das ist eine häufige Unsitte, die man aber auch nicht austreiben kann, was nur dafür sorgt, dass man am Besten kontroverse Punkte möglichst weit nach hinten verschiebt, um die dann mit seinen Getreuen einfach durchprügeln zu können, weil der Rest schon weg ist.

Weiter kommt dazu, dass häufig in einer Ratssitzung die unmöglichsten Themen genau deswegen möglichst lange diskutiert werden und die wichtigen dann kaum. Es gibt Leute, die suchen da die große Bühne für sich und ihr Querulantentum, die ansonsten kaum das Maul aufkriegen, aber da lassen sie dann endlich mal die Sau raus.

Ein weiterer Fehler ist es auch, wenn man zu viele Tagesordnungspunkte auf einmal unterbringen will. Eine gute Sitzung im Rollenspiel darf allenfalls zwei Stunden dauern, sonst gehen die ersten Spieler weil sie ins Bett müssen oder es sie nicht mehr interessiert. Häufig dauern solche Sitzungen aber sehr viel länger, weil man alles ewig und drei Tage zu Brei diskutieren will und man kein Ende findet, auch das killt Rollenspiel.

Summa sumarum sorgt genau das eben dafür, dass der Wert solcher Stadtratssitzungen meiner Meinung nach deutlich überschätzt wird. Es wäre noch vielleicht halbwegs interessant, wenn man den Rat zu einem Mittelpunkt des Rollenspiels erheben würde, um darin politische Intrigen zu schmieden und auszuspielen, aber mal ehrlich – wer macht das schon? Nicht wirklich viele jedenfalls und auch dann gilt immer noch das Grundproblem zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer.

Viele Stadträte neigen auch noch zusätzlich dazu, vom IC gleitend ins OOC zu gehen und dann wieder zurück. Auch das ist nicht immer gut.

In Wirklichkeit sind Ratssitzungen daher meistens furztrockenes Verwaltungsrollenspiel, in denen nichts wichtiges entschieden wird/werden kann, man über des Kaisers Bart diskutiert, viele Teilnehmer in Wirklichkeit nur hoffen, dass es doch bitte bald vorüber sei aber sich öffentlich darüber einen Ast freuen müssen, dass sie dann festgestellt haben, dass die Farbe des Kaisers Bart eben blau ist. Und damit sind sie im Grunde sehr gut verzichtbar, zumal sie wenn sie denn stattfinden sehr viel Rollenspiel einfach auch nur blockieren und hemmen, wenn sie denn einmal stattfinden.

Es gibt natürlich auch Ausnahmen, wo es Sinn machen kann, wenn beispielsweise wichtige Verträge/Handlungen anstehen, wie der Zug in einen Krieg. Ansonsten aber neigen sie eben dazu, sich im alltäglichen Kleinklein zu verlieren und nicht wirklich Spaß zu machen, man ist einfach froh, wenn sie vorüber ist und noch froher, wenn man erst gar nicht daran teilnehmen muss.

Und daher finde ich die Lösung, wie sie eben da in Belnend schon seit Jahren praktiziert wird, einfach charmant, denn im Grunde braucht es mehr wirklich nicht, um eine Sim IC ordentlich zu regieren und zu führen. Für den Rest gibt es dann ab und an eine OOC-Sitzung und fertig.