Oktober 31, 2013

Die Gilde Bloodlust auf Blackmoore, oder: ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich recht ungeniert

Es gibt in WoW eine spezielle Hilfe für ansonsten talentmäßig unterbelichtete Spieler, die im PVP was reißen wollen aber auf normalem Wege nicht können, die sich Multiboxing nennt. Wer mit dem Begriff nichts anzufangen weiß: da leistet sich ein Spieler eben nicht einen, sondern gleich fünf Accounts und bezahlt 5*13 = 64 Euro im Monat an Abogebühren. Multiboxing selber ist eine spezielle Software, die seine Tastendrücke dann vervielfältigt und an fünf gleichzeitig von ihm eingeloggte Charaktere schickt. Im Funk nennt man so etwas einfach Multiplexing.

Frei nach dem Motto: wenn ein Charakter von mir alleine nichts reißen kann, dann rüste ich eben fünfe aus und jage die gleichzeitig auf einen Spieler. Viel hilft viel. Wird schon schiefgehen, und meistens klappt das recht gut, vor allem wenn es die dafür gut geeigneten Klassen sind wie Schamanen und ähnliche.

Multiboxer selber sind dabei eine Sache, die in der Spielerschaft zwiespältig gesehen werden. Blizzard selber hat nichts dagegen, also sind grundsätzlich erlaubt, das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist aber, dass man nur weil etwas erlaubt ist es noch lange nicht automatisch als gut betrachten muss.

Eine Gilde, die sich nun besonders viel darauf einbildet mit Multiboxing „erfolgreich“ zu sein, ist Bloodlust auf Blackmoore. Sie machen damit sogar Gildenwerbung und machen auf Youtube eigene Filmchen, in denen sie sich selbst beweihräuchern, wie toll sie da ihr Multiboxing treiben. Nun gibt es auf dem neuen Gebiet der zeitlosen Insel eine Möglichkeit zu einem Abgesandten von Ordos zu werden und als solcher kann man im PVP dann auch Spieler der eigenen Fraktion angreifen.

Also kam’s, wie’s kommen musste, die Leute von Bloodlust haben ihre Fünferroboterarmeen damit ausgestattet und auf Hordeseite mal eben direkt am Flugpunkt alles angegriffen, was ging – und direkt auch beim nahe gelegenen Friedhof die Leute, die wiederbelebten.

Und so sah das Schlachtfest dann unter anderem aus:

bloodlust1

Ich halte fest: da sind zwei Spieler, von denen jeder fünf Charaktere steuerte, teilweise gleichzeitig auf einzeln landende Spieler am Flugpunkt direkt drauf und haben die angegriffen. So sehen wahre PVP-Götter aus, die stolz auf ihr Können sind, wer was anderes auch nur denken sollte, der hat einfach keine Ahnung. Welche Chance hat man dagegen? Natürlich Null bei der Landung. Und dann töten sie einen direkt, sofern man wiederbelebte, noch gleich auf den Friedhof 15 Meter daneben, denn Ordnung muss sein.

Und das finden die nun toll. Natürlich kann jeder sein Geld ausgeben, wofür er lustig ist. Im Grunde ist das, was Nox und Cey da auf der Insel trieben aber einfach nur noch lächerlich zu nennen. Mehr auch nicht.

Über Geisterrealms, Großstädte und ärgerliche Warteschlangen

Die großen Realms von World of Warcraft sind besonders seit der Veröffentlichung von Patch 5.4 mit einem Phänomen geplagt, das man da vor einem Jahr schon lange nicht mehr oder nur vom Hörensagen kannte: elend lange Warteschlangen. Wer inzwischen abends auf einen der richtig großen Realms wie Blackmoore oder Antonidas einloggen will, der plant besser einiges an Wartezeit ein, denn eines ist sicher: dein Feind, die Warteschlange, ist schon da und wartet nur darauf, dich mal wieder zu nerven!

Auf solchen Realms ist spätestens ab 19 Uhr inzwischen zuverlässig mit einer Warteschlange im Bereich von 500 und mehr zu rechnen, häufig auch größer 900. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Zeitpunkt vom Moment, wo man sich einloggen wollte bis zum Zeitpunkt, wo der Login dann auch tatsächlich stattfindet, 30 bis 60 Minuten auseinander liegen. Unschön!

Nun haben es die Spieler von WoW ja in Meisterschaft perfektioniert, den blizzardtypischen Fanboi zu geben und sagen: „Selber Schuld, was kann Blizzard denn dafür?“ Das mag für Leute zutreffend sein, die gerade jetzt auf solche Realms transferieren, aber auf die alteingesessenen Hasen nicht. Für die klingen solche Worte einfach nur wie blanker Hohn und mehr sind die auch nicht.

Es steht aber die Frage im Raum: kann Blizzard etwas für diese Misere, und wenn ja, was? Hätten sie etwas dagegen aktiv unternehmen können?

Und da bin ich der Meinung: ja, Blizzard ist großteils Schuld an der jetzigen Misere und ja, sie hätten etwas dagegen tun können, besser schon vor langem tun müssen. Sie haben es aber bewusst ignoriert, um schlechte Presseberichterstattung zu vermeiden und daran Geld zu verdienen. Aber nun einmal schön der Reihe nach.

WoW hatte seinen Peak an Spielerzahlen irgendwann in der Erweiterung „Die Rache des Lichkönigs“, über zwölf Millionen bezahlte Abonemments. Danach ging es im Grunde mit kurzen Erholungsphasen nur noch bergab, offiziell gab es im 2. Quartal 2013 noch 7,6 Millionen bezahlte Abonnements. Das ist also ein deutlicher Spielerrückgang innerhalb von etwa drei Jahren, den das Spiel zu verzeichnen hat, und die Zahlen fürs dritte Quartel 2013 stehen noch aus.

Solch ein Rückgang macht sich natürlich überall bemerkbar. Damit ein Realm für die Mehrheit angenehm spielbar ist, benötigt dieser eine gewisse Mindestbevölkerung. Ist diese nicht mehr aktiv, dann beginnt der Realm für viele uninteressant zu werden, ganz einfach weil viele Sachen im Auktionshaus zu teuer werden, Raiden oder PVP immer schwerer bis unmöglich wird und anderes mehr. Solche Realms sind für Leute toll, die einfach nur in Ruhe Erfolge farmen wollen und einen Twink nach dem anderen hoch ziehen. Das muss aber nicht unbedingt die Mehrheit sein.

Also kam es, wie es kommen musste: es setzte ab 2010 eine Wanderungsbewegung ein, die bis heute anhält. Es entstand für solche darbenden Realms, die im Grunde immer nur noch leerer und leerer wurden, der Begriff des Geisterrealms. Die ersten Diskussionen/Beschwerden über diese lassen sich bis ins Jahr 2010 zurück verfolgen, es ist also kein neues Problem, sondern für ein Computerspiel gerechnet seit Jahrzehnten bekannt.

Was hat Blizzard aber getan, um das Problem zu beheben? Nichts. Blizzard hat es den Spielern selbst überlassen, mit dem Problem umzugehen. Die logische Wahl wäre gewesen, irgendwann eben einzusehen, dass ein Serverpark, der für 12 Millionen aktive Abos gedacht war und der nun deutlich weniger Spieler bedienen muss, einfach nur überdimensioniert ist und den zu verkleinern, indem man kleine Realms zusammenlegt. Das hat Blizzard nicht getan – inzwischen aber seit kurzem (!) in Planung.

Nein, Blizzard ließ die mit dieser Situation unzufriedenen Spieler alleine mit folgenden drei Möglichkeiten im Regen stehen, als da wären:

  1. man bezahlt einen Transfer auf einen volleren Realm, wo das Spiel der Art, wie man es gerne hätte, noch möglich ist,
  2. man spielt auf einem solchen, volleren Realm in Ruhe einen Twink hoch oder
  3. man kündigt entnervt das Abo.

Diese kundenfeindliche Einstellung dürfte Blizzard sicherlich einiges an Spielern gekostet haben, da nicht jeder unbedingt es eingesehen haben dürfte, für den Transfer eines Charakters die völlig überteuerte Wuchergebühr von 20 Euronen bezahlen zu müssen, wenn ein Fraktionswechsel notwendig sein sollte, nochmal einiges mehr oben drauf.

Der Rest aber hat vor allem eines gemacht: geblecht und bezahlt.

Und da Blizzard die Transfers in keinster Weise auch nur irgendwie reguliert noch gelenkt hat, weder direkt noch indirekt, haben die Spieler natürlich so gehandelt, wie es ihnen am logischsten erschien: wenn ich schon in den sauren Apfel beißen muss und Geld dafür bezahlen muss, weil der Betreiber des Spiels zu faul/unfähig/unwillig ist, mir in einem MMORPG ein solches Spielerlebnis zu bieten, dann gehe ich doch gleich dorthin, wo ich hoffentlich auf lange Sicht glücklich werde – auf einen richtig vollen Realm eben.

Die Motivation dahinter ist ganz simpel: diese Leute gingen ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil sie sich dazu gezwungen sahen. Ihre früheren Realms waren oft gut mittlerer Stärke und gut besucht, sie erlebten den Niedergang und wollen sowas eben nicht noch einmal erleben. Wieso also sollten sie 20 Euronen für den Transfer auf einen weiteren, mittleren Realm bezahlen ,wenn man für dasselbe Geld gleich in die Großstadt ziehen kann? Eben.

Und so kam es dazu, wie es kommen musste: der ökonomisch denkende Mensch zieht da am liebsten einfach dahin, wo das Leben so richtig brummt. Man kann da ruhig von einem Gravitationsmodell sprechen, je voller der Realm bereits ist, desto interessanter wird er aufgrund der Spielermasse für potentielle Neuzugänge.

Genau das ist die heutige Situation: auf den großen Realms kommen weiterhin gefühlt täglich neue Zillionen an Spielern an, die darin verständlicherweise das gelobte Land sehen und im Grunde dann aber auch alle zur Verstärkung der abendlichen Warteschlange beitragen. So wird sie abends immer noch größer und größer.

Und was tut Blizzard dagegen? Nichts, sie kassieren weiterhin fröhlich ab und die etablierte Spielerschaft auf solchen Realms wird von Woche zu Woche immer ärgerlicher auf Blizzard, weil so für sie langsam aber sicher abends das Spiel unspielbar wird. Keiner hat nämlich wirklich Lust darauf, wenn er einloggt, erst einmal über eine Stunde und mehr warten zu müssen. Also machen sie ihrem Unmut immer mächtig Luft.

Halt, eine Sache macht Blizzard doch: sie bieten in regelmäßigen Abständen dann kostenlose Charaktertransfers von Realm A nach Realm B in der Hoffnung an, dass dies die Situation entschärfen möge. Ein Teil der Spielerschaft mag ja dadurch abwandern, wobei diese Realms oft mehr so als naja anzusehen sind (wer bitte will denn schon von Antonidas freiwillig nach Alleria gehen?), gleichzeitig aber sind die automatisierten Transfers nach wie vor alle unreguliert offen und Blizzard lässt sich nach wie vor für die eigene, jahrelange Untätigkeit den Arsch vergolden.

Da beißt sich also die Katze eben selber in den Schwanz. Und solange Blizzard da nicht mal endlich langsam regulierend eingreift, indem sie beispielsweise als Sofortmaßnahme gewisse volle Realms für den Transfer sperren, solange müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, da jahrelang untätig gewesen zu sein.

Immerhin gab es ja eine ominöse Ankündigung von Seiten Blizzards, dass wenn irgendwann mal die verknüpften Realms kämen, sich das Problem als Nebeneffekt dieser Technik spürbar verbessern, wenn nicht gar in Luft auflösen solle. Inzwischen sind auch die ersten, deutschen Realms da im Testbetrieb, nur wann das dann genau für den Rest in Kraft treten wird, das weiß noch keiner und ob es die gewünschte Entlastung bringen wird, werden wir auch erst dann sehen, wenn es soweit ist. Wenn man Blizzard vertraut: dann ja, aber will man da Blizzard vertrauen?

Und so bleibt es erst einmal, wie es ist: die vollen Realms werden immer voller, die Leute auf den vollen Realms, die sich zu Recht über die Warteschlange beschweren, bekommen von den meisten Leuten nur ein hämisches „wärst du eben nicht dahin gegangen“ unter die Nase gerieben, die ihnen paar Monate vorher noch „wenn du wieder richtig spielen willst, dann trans doch auf einen vollen Realm“ gesagt haben.

Und als Krönung oben drauf sagen diese Fanbois dann noch immer „Ja, was kann Blizzard denn dafür…?“, was der absolute Oberhammer ist.

Was kann Blizzard denn dafür? ALLES! Wer ernsthaft etwas anderes behauptet, der verkennt gehörig die Realität oder will einfach nur trollen.