Tarifeinheit mal anders herum gedacht

Früher war es in den meisten Betrieben einfach: es gab die Stammbesetzung, diese wurde hoffentlich meistens anständig bezahlt und das war es dann gewesen. Lange Zeit funktionierte dieses System recht ordentlich und sicherte den Wohlstand vieler Facharbeiter. Dann aber begannen in den 90ern die Verwerfungen und eine neue Dienstleistungsbranche trat auf den Plan, die Zeitarbeitsfirmen.

Und mit Hilfe dieser Firmen und später dem Verrat der SPD an ihrer Wählerschaft, nämlich den Hartz-Reformen, ist diese innerbetriebliche Sache massiv aufgebrochen worden. Zuerst hat man vielen Mitarbeitern gesagt, man könne sie nicht mehr länger beschäftigen, weil die Profite des Betriebs in Gefahr seien, aber es gäbe da diese Zeitarbeitsfirma, da könnten sie dann für zwar deutlich weniger Geld immer noch im selben Betrieb schaffen, und das sei allemal immer noch besser, als auf das Sozialsystem angewiesen zu sein.

So kam es dann, dass in vielen Betrieben die Belegschaft inzwischen zwiegespalten ist, ein Teil ist nach wie vor als Stammbelegschaft tariflich bezahlt, der andere Teil leistet zwar dieselbe Arbeit, aber das für deutlich weniger Lohn. Der Mensch als Wegwerfware, und oh du magst nicht mehr zu diesem Lohn arbeiten? Ja Pech gehabt, hinter dir stehen schon mindestens zehn Leute, die aber sowas von scharf auf deinen Arbeitsplatz sind, solltest du es noch nicht gemerkt haben, also gebe ich dir einen freundlichen Rat: überlege es dir besser dreimal, was du tust, denn in die tarifliche Entlohnung kommst du in diesem Betrieb hier jedenfalls nicht mehr.

Wenn die Wirtschaft so verfährt, dann meckert darüber keiner und alles ist gut. Solche Betriebe, in denen es vielleicht noch eine Rumpfstammbelegung gibt und der Rest stammt von Zeitarbeitsfirmen, gibt es leider viele. In solchen Betrieben wurde von Seiten des Unternehmens die viel beschworene Tarifeinheit ausgehöhlt und abgeschafft, aber für das Unternehmen ist das gut, es ist immerhin dieselbe Arbeit für deutlich weniger Geld, für die Belegschaft ist es aber schlecht und für die Volkswirtschaft im Grunde auch.

Nun, warum schreibe ich das? Weil bei der Deutschen Bahn eben die GDL dieses Spiel genau anders herum treibt, also eben mal nicht zugunsten des Unternehmens, sondern für die Arbeitnehmer. Und auf einmal ist dann dort die eine Sache, nämlich die Tarifeinheit, die die Bahn schon de facto selber vor langem zugunsten von Billigstlöhnen abgeschafft hat, wieder der hehre Gral, den man ja hüten will wie den Augapfel.

Nur: wozu? Dass die Tarifeinheit verfassungswidrig ist, wurde 2010 höchstrichterlich festgestellt. Und die GDL treibt eben genau dasselbe Spielchen wie die Deutsche Bahn es jahrelang getrieben hat, nur in dem Fall versucht sie es zugunsten ihrer Mitglieder, also der Arbeitnehmer bei der Bahn. Und das ist der Grund, warum die Medien so dagegen gelenkt Sturm laufen, weil es könnten ja in anderen Betrieben die Mitarbeiter auch aufwachen und so das für die Unternehmen natürlich günstige Billiglohngefüge versuchen, aufzubrechen.

Dabei ist es im Grunde nur die Anwendung derselben Taktik nach dem Aufbrechen einer Tarifeinheit, die viele Betriebe intern seit Jahren gefahren haben, unter anderem Vorzeichen, nämlich mit Löhnen nach oben mal anstelle von unten. Und genau das ist der Grund, warum es in Grund und Boden geredet wird.

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