Die Zukunft des deutschsprachigen Gors

Second Life hat ein großes, globales Problem:

Second Life Benutzer-Diagramm (von Tyche Shepherd)

Wie man sehen kann kämpft es seit mindestens 14 Jahren mit ständig sinkenden Benutzerzahlen. Blau ist der Durchschnitt der eingeloggten Benutzer pro Tag, das Diagramm geht bis 2019. Aktuell liegt es je nach Tag im Bereich von 33-38K. Anders gesagt: je nach Datenlage gibt es in 2024 30-40% weniger Benutzer in Second Life als 2009.

Eine zusätzliche, massive Delle verursachte dieses Jahr die verunglückte Einführung von Physics Based Rendering, kurz PBR. Das hat zusätzlich einige tausend Bewohner vertrieben.

Da allgemein in Second Life deutlich weniger als früher los ist, ist damit auch der Kreis der potentiellen Rollenspieler deutlich kleiner geworden. Dies spürt man unweigerlich an allen Ecken und Enden, so auch auf Gor.

Und so kam es denn auch, dass es gestern in der Oase der Vier Palmen eine offene OOC-Diskussionsrunde zum Thema Deutschsprachiges Gor und seine Zukunft gab. Eingeladen waren alle Mitglieder von Gor auf Deutsch.

Die verbliebenen Spieler fühlen sich immer weniger, alleine und sehen langsam, aber stetig den Bestand am Schwinden.

Die Themen waren folgende:

  1. Leere Sims und fragmentierte Community
  2. Mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Sims
  3. Einstiegshürden für Neulinge
  4. Finanzielle Schwierigkeiten

Die Themen sind nun alles andere als neu noch unbekannt, geändert hat sich aber die allgemeine Lage in Second Life. Und das für alle spürbar.

Es gab natürlich, wie immer, dieselben wirkungslosen Appelle zu mehr Toleranz gegenüber anderem Spiel, Zusammenarbeit etc.

Da ich auch an der Versammlung teilnahm und das Wort bekam, erlaubte ich mir dann auch mal, dazu meine Sicht der Dinge aus dem Ruhestand mitzuteilen, nämlich folgende:

  1. Leere Sims sind eine Folge von weniger SL-Bewohnern. Und die Fragmentierung wird man niemals weg bekommen noch überwinden, ganz einfach weil es zu viele, unterschiedliche Interpretationen von Gor gibt, die man niemals alle unter einen Hut bekommen wird.
  2. Zur mangelnden Zusammenarbeit, oder das z.B. manche nicht mit Panthern spielen wollen: es wird immer Leute geben, die sich gegenseitig aus dem Weg gehen. Und von oben herab verordnet lässt sich das nicht ändern. Eine neue Sim ist schnell aufgemacht, und dann muss man damit leben.
  3. Zu den finanziellen Schwierigkeiten ist meine Meinung ganz einfach: wer sich und seine Sim von Mieteinnahmen abhängig macht, der hat schon verloren. Man sollte nicht mehr bauen, als man stemmen kann. Und einmal gebaut weitgehend in Ruhe lassen.
  4. Ein weiteres Hauptproblem ist für mich, dass in Second Life eine Rollenspielleitung, wie man sie für Gor benötigt, technisch unmöglich ist.

Danach gab es jede Menge Redebeiträge, auch von teilweise alten Rückkehrern, die sich aber meistens im Kreise drehten. Vor allem diejenigen, die eben Gor Extended spielen rufen ständig nach Toleranz und verstehen nicht, wieso auf Gor immer weniger los ist.

Meine Empfehlung an alle war ganz einfach dies: macht eure Sim auf, definiert was ihr spielen wollt, verpasst euch ein gutes Regelwerk und seid finanziell unabhängig. Dann spielt einfach und macht euch einen Namen. Wenn das Spiel gut ist, wird sich das schon rumsprechen und die Leute kommen von alleine. Wenn nicht, sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, was man noch verbessern könnte.

Die Diskussionsleitung selber aber war mit dem Meinungsbild nicht so richtig zufrieden, und will das nochmal unter Simbetreibern untereinander diskutieren. Das kann man machen, aber es ändert an den Grundproblemen eben leider wenig.

Manche hätten gerne wieder die alten Pilgertische zurück. Andere wollen Werbung machen, und vielleicht auch eine Art Schild auf den Simeingang stellen mit ein paar Schlagwörtern, was diese Sim besonders macht.

Das kann man alles machen, es ändert aber nunmal wenig daran, dass Gor einfach nicht mehr neu, sondern alt ist. Und längst nicht mehr so beliebt wie früher.

Wie ich da auf der Versammlung auch sagte: für viele war 2008 Gor einfach der zwangslose Feierabendfick. So kamen damals etliche ins Rollenspiel rein. Einfach ein bisschen Spannung und Spaß ohne großes Drama haben, das war eine der Sachen, die Gor groß machte.

Heute braucht man dafür kein Gor mehr, denn man kriegt das einfacher und deutlich schöner anzusehen auf AFK-Sex-Sims oder in entsprechenden Clubs.

Wie auch immer: ich bin gespannt, was sich da noch tun wird, aber ich glaube nicht an die große Trendwende, ganz einfach weil a) die Gor-Community nichts am massiven SL-Bewohnerschwund ändern kann, b) die Landschaft der noch existierenden Sims einfach viel zu unterschiedlich ist, und damit nicht wirklich unter einen Hut zu bringen und c) bei vielen einfach auch kein wirkliches Bewusstsein darüber vorhanden ist, warum andere Gor verließen.

Und was das ist, ist ganz einfach die ständige Verwässerung des Settings an sich, allem voran die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Gor ist ganz klar Patriarchat, und sehr genau geregelt, wie das auszusehen hat.

Wie ich dazu zum Thema Toleranz sagte: „Toleranz ist wichtig, aber es kann sie nur innerhalb des Settings geben. Wer dagegen für seine Extrawurst an Rolle, die dem Setting widerspricht, Toleranz fordert, macht das Spiel für so manchen kaputt.“

Und das ist in der Tat einfach eines der ganz, ganz großen Themen, warum auch viele von Gor gingen: die Verweiblichung und Verwässerung des Spiels an sich. Dazu die ewigen Diskussionen darüber, warum eben doch Extrawürste gerechtfertigt wären. Wirklichen angesprochen wurde das auf der Versammlung erwartungsgemäß nicht.

Also alles fast beim Alten: wie schon 2008 auch, so stirbt auch 2024 Deutschgor. Und mit jedem Jahr ein Stückchen mehr. Nur ist wegen der SL-Großwetterlage der Rückgang an Spielern real und spürbar. Dazu kommt, dass wirkliche Neulinge nur noch extrem selten sind.

Die Aussichten sind daher zunehmend düster, solange SL ein Kohortenphänomen bleibt.

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