Overwatch, ein überschätztes Spiel

2014 schlug die Nachricht von der Blizzcon, dass Blizzard sein erstes völlig neues Universum seit 17 Jahren in Form eines teambasierten Egoshooters veröffentlichen wird, gelinde gesagt ein wie eine Bombe. Overwatch, so heißt das Spiel, das aus den Resten des eingestellten Next-Gen-MMORPGs Titan geformt wurde. Es gab diverse Betas seit November 2015, die offene Beta endete diese Woche und am 24. Mai wird es nun offiziell für Windows, PS4 und Xbox One veröffentlicht. Die kleinste Version für Windows kostet dabei 40€, die Konsolenversion gibt es ab 60€.

Ich selber war seit der Beta im November 2015 mit von der Partie, brachte es auf ca. 1000 Spiele und 100 Stunden im Spiel. Zeit also für ein Fazit, was das Spiel nun anbelangt.

Zunächst einmal: was, bitte genau, ist nun Overwatch? Overwatch ist ein teambasierter Shooter mit der festen Teamgröße von genau sechs Spielern, in dem es eine Aufgabe zu meistern gilt. Es gibt genau vier Spielmodi, nämlich die Einnahme von Kontrollpunkten, Kontrolle (King of the hill), Eskorte einer Fracht und kombiniert Angriff/Eskorte. Insgesamt gibt es aktuell 12 Maps und 21 Helden, also Klassen, die man spielen kann. Die Klassen teilen sich dabei in die übliche Trinität von MMORPGs ein, nämlich Heiler, Tanks und Schadensmacher (offensiv/defensiv).

Overwatch sieht dabei grafisch sehr bunt aus, als hätte Pixar das Spiel gestaltet, jeder Held hat seine eigene Persönlichkeit und spielt sich total anders, ohne dass es zu große Überlappungen gibt und läuft normal flüssig. Es skaliert gut mit der Grafikkarte. Es ist offensichtlich, dass die Macher sich vor allen bei den Spielmodi stark bei Team Fortress 2 Inspirationen geholt haben, aber es sind auch genügend andere Ideen eingeflossen. Es als Abklatsch von TF2 zu bezeichnen wird dem Spiel nicht gerecht, es ist vielmehr etwas gänzlich eigenes, eine Art FPS-MOBA. Jedenfalls wird das Spiel sehr oft mit TF2 verglichen, weil das wohl der stärkste Konkurrent ist oder als der stärkste Mitbewerber angesehen wird.

Wie also genau ist Overwatch nun einzuschätzen? Blizzards Kernkompetenz war es nie, etwas völlig eigenständiges zu gestalten, sondern schon immer, den Markt genau zu beobachten und sich dann aus einem Genre des Beste herauszupicken und die hässlichen Dinge weitestgehend wegzulassen, um ein möglichst massenkompatibles, glatt gebügeltes Spielerlebnis zu zaubern, dass sich dann gut verkauft. Genau das ist mit Overwatch geschehen, es ist ein sehr anspruchsloser und massenkompatibler Shooter, der Spaß bereiten kann, mehr auch nicht. Es wird bereits jetzt darauf spekuliert, welchen Einfluss es auf den Esport haben könnte bzw. ob daraus ein Esport werden könnte, darauf werde ich noch genauer eingehen.

Da man überall dem Hype um dem Spiel erliegt und nur lesen kann, wie toll es ach doch so alles ist, wird es mal an der Zeit, die Schwächen genauer zu beleuchten. Also: was sind die Schwächen des Spiels und warum? Davon liest man normal in den Medien jedenfalls wenig, hier werde ich nun meine persönliche Meinung dazu darlegen.

Es ist ein Teamspiel, das Spiel als Einzelspieler ist frustrierend und es gibt keine Solokampagne!
Overwatch ist als Teamspiel konzipiert und macht auch nur als Team wirklich richtig Spaß. Es gibt im Spiel keine Solokampagne irgendwelcher Art, die man auch mal so spielen könnte, sondern es ist ein reiner Teamshooter.

Das mag jetzt nicht so problematisch klingen, das Problem an der Sache ist aber, dass das Solospiel einfach nur frustrierend ist, ganz einfach weil da jegliche Koordination und Absprache fehlt. Man wird im offenen Spiel gnadenlos und häufig mit Gruppen in Matches gesteckt, die sich natürlich gegenseitig absprechen im Teamspeak und natürlich auch koordiniert vorgehen. Als Solospieler gegen eine solche Gegnergruppe spielen zu müssen ist dauerhaft einfach nur frustrierend. Wenn jemand keine Zeit oder Lust hat, sich eine feste Gruppe an Freunden zu suchen, der wird damit nicht glücklich werden, denn genau das kann ganz schön nerven. Das ist eine große Schwäche des Spiels, denn viele werden nunmal einfach nur nach Feierabend so eine Runde alleine zocken wollen und genau das zerstört den Spaß zuverlässig.

Dazu kommt, dass Overwatch nach dem Prinzip „Schere, Stein, Papier“ gestaltet worden ist, also man für gewisse Helden im gegnerischen Team gewisse Helden im eigenen Team benötigt, weil man diese sonst nicht klein bekommt. Da im Solospiel aber diese Änderung des eigenen Teams häufig kaum stattfindet, weil es eben wichtiger ist, dass man zwei Bastions und zwei Sniper hat, oder aber kaum jemand Tank und Heiler spielt, kann auch das zum Frust beitragen. Manche werden auch lieber ihren tollen Skin, den es eben nur bei Held X gibt, spazieren tragen wollen, anstelle zu wechseln, das kommt dazu.

Eine einfache Lösung wäre es, wenn Blizzard dem Spiel für Solospieler eine eigene Warteschlange spendieren würde, in der sich Gruppen nicht anmelden. Damit würde sich zwar für alle als Nachteil die Zeit bis zu einem Match wohl erhöhen, es ist aber notwendig.

Die Tickrate ist aktuell mit nur 20,8 Hz deutlich zu niedrig!
Die meisten Shooter setzen heutzutage eine clienstseitige Trefferdetektierung oder Mischung aus server- und clientseitiger Detektierung ein. Dabei gilt der einfache Grundsatz, dass je öfter man in der Sekunde mit dem Server kommuniziert, also seinen Status sendet, desto besser wird das Spiel für alle. Die meisten Shooter nutzen als Minimum 30 Abgleiche in der Sekunde, also 30 Hz, bessere Shooter nutzen gar 64 Hz oder 128 Hz.

Overwatch benutzt noch aktuell eine lausige Tickrate von nur 20,8 Hz. Es gibt zwar die Möglichkeit im Modus „benutzerdefiniertes Spiel“ es auf 60 Hz zu schrauben, aber das ist eindeutig zu wenig, da die meisten Spiele nun einmal nur über die Spielsuche gestartet werden.

Damit leidet Overwatch unnötigerweise an den bekannten Probleme niedriger Tickraten, die einen Spieler frustrieren, wie ich stehe bereits hinter einer Wand und bekomme aber dennoch vom Gegner Schaden, weil der mich noch in der Tür sah oder aber ich bin schon um die Ecke gegangen, aber bekam noch vom Scharfschützen einen tödlichen Treffer verpasst. So etwas macht keinen Spaß und mit mehr Aktualisierungen pro Sekunde verschwindet genau das Problem auch weitestgehend. 20,8 Hz jedenfalls sind für ein befriedigendes Spielerlebnis deutlich zu wenig.

Das folgende Video erklärt das Problem sehr gut:

Die Spielmechaniken vieler Helden haben nur sehr wenig mit spielerischem Können zu tun
Was macht einen wettkampfbetonten Shooter vor allem für viele Spieler aus? Richtig: dass spielerisches Können gefordert wird und, wenn es vorhanden ist, belohnt werden muss. Unter Können fällt dabei vor allem die Fähigkeit, sich im Spiel geschickt horizontal als auch vertikal zu bewegen und mit der Maus zur richtigen Zeit auf die richtigen Stellen des Gegners zu treffen, es muss also eine gewisse Treffsicherheit vorhanden sein.

Genau das aber ist bei Overwatch nicht der Fall, es gibt genügend Helden, für die man um sie gut genug zu spielen überhaupt kein oder nur wenig spielerisches Können benötigt. Zenyatta beispielsweise muss nur eine Taste drücken, um einem Gegner seinen „Kugel der Zwietracht“ anheften zu können, dank der dieser dann 50% mehr Schaden nimmt, das Zielen übernimmt für einem das Spiel, mit Können hat das absolut nichts zu tun. Ebenso muss Winston mit seiner Teslakanone nicht zielen können, denn diese macht in einem gewissen Abstand kugelförmig um ihn herum immer Schaden, solange sich ein Gegner in dessen Reichweite befindet. Es gibt im Spiel sogar einen eingebauten und 10 Sekunden lange dauernden Wallhack, den zwei Helden – Hanzo und Widowmaker – zeitweise für ihr Team aktivieren können. Gerade das ist deutlich zu mächtig und hat in einem solchen Spiel eigentlich nichts zu suchen.

Ein weiteres Beispiel ist Reinhardt, dieser hat seinen Raketenhammer, mit dem er in einem Bereich vor sich dem Gegner 75 Schaden zufügen kann. Der Schadensbereich ist dabei so groß, dass er mit dem Ding gar nicht zielen können muss, denn er kann im Grunde nach vorne hin gar nicht verfehlen, da das so großzügig ausgelegt ist. Auch das ist ein Unding.

Oder nehmen wir Genji, den Cyborg-Ninja, dieser kann die mit einer seiner Fähigkeiten den meisten einkommenden Schaden bis auf Energiewaffen/Eis über einen kurzen Zeitraum auf den Absender zurück reflektieren. Das ist für einen Shooter absolut ein Unding. Oder Reaper, der in seiner Schattenform für einen kurzen Moment unverwundbar wird, aber auch keinen Schaden mehr machen kann, aber trotz Unverwundbarkeit dann noch ein Healthpack aufnehmen kann. Oder Mei, die sich mitten im Schlachtfeld kackfrech in ihrem unzerstörbaren Eisblock vier Sekunden lang um 100 HP heilen kann und dann einfach weiter macht. Dazu kommt, dass sie einen noch sehr schnell einfrieren kann.

Oder Widowmaker, die Scharfschützin mit dem entsprechenden Gewehr: ein Schuss lädt knapp zwei Sekunden auf und ein Körpertreffer macht eindeutig im Vergleich zum Kopfschuss zu viel Schaden.

Und derlei Spielmechaniken gibt es reichlich. Ein Motto von Blizzards Spielen, das gerne genannt wird ist ja „Easy to learn, hard to master.“ Es gibt auch Helden, die in der Tat ein gewisses Können benötigen, wenn sie effektiv gespielt werden wollen, wie beispielsweise Genji, Widowmaker oder aber Tracer. Aber es gibt auch mehr als genug Helden, wo man dieses Können eben absolut nicht benötigt, einfach weil aufgrund der Spielmechaniken selber das Spiel einem hilft, es gibt da kein „hard to master“, weil es keine Lernkurve gibt.

Es kommt bei Overwatch häufig weniger auf das spielerische Können alleine drauf an, sondern darauf, wann man welche Fähigkeiten gerade parat hat und wann man seine ultimative Fähigkeit zünden kann. Oder auch nicht.

Damit ist Overwatch eben getreu von Blizzards Tradition die massenkompatible, weichgespülte Version eines Shooters für Leute, die schnell Erfolgserlebnisse haben wollen und genau das bekommen sie auch.

Dem Spiel fehlt es deutlich an Tiefe
Das ist eine Folge der obigen Feststellung: dem Spiel fehlt es deutlich an Tiefe. Es gibt Ansätze von Taktiken, aber eine wirkliche spielerische, dauerhafte Tiefe ist kaum vorhanden, es ist sehr seicht. Für einen Shooter benötigt das Spiel sehr wenig an Können und wenn man sich den MOBA-Aspekt des Spiels betrachtet, also die Helden und deren jeweilige ultimative Fähigkeit, so ist auch das nicht besonders schwer noch komplex, sondern verwässert.

Das Spiel leidet an Reizüberflutung, geizt mit Konfigurationsoptionen und bisher fehlt die Erweiterbarkeit durch eigene HUDs und dergleichen
Im Spiel gibt es sehr viele Meldungen, die in einem Match eher nur stören und konfigurierbar sein sollten, wie beispielsweise die Anzeige von Tötungsserien. Wem es gefällt, bitte, aber wichtig für das Spielerlebnis sind sie nicht und damit abschaltbar sein. Allgemein gibt es nur sehr wenig Konfigurationsmöglichkeiten für das HUD, so fehlen beispielsweise auch eigene Fadenkreuze völlig, es gibt keinen Upload/Einbau eigener Designs. Aber gerade das ist auch für die Spieler, die was reißen wollen, wichtig.

Ebenso gibt es bisher keinerlei Aussagen, ob es später mal die Möglichkeit eigene HUDS dafür zu bauen geben wird oder eben nicht. Momentan gibt es nur den HUD von Blizzard und das war’s. Und manchmal wird das Schlachtfeld einfach sehr unübersichtlich, da die grafischen Effekte auf dem Bildschirm nur noch so knallig wie in einer Disco daher kommen.

Dafür geizt wiederum das Spiel ordentlich mit Zahlen: man sieht nicht, welchen Schaden der aktuelle Treffer beim Gegner gemacht hat bzw. wieviel man gerade aktuell heilt, es gibt am Ende keine gescheite Teamstatistik und anderes mehr.

Einwurf: wenn man nur die Beta gespielt hat, kann man sich doch gar keine Meinung über das fertige Produkt bilden!
Doch, das kann man, denn die Beta endete genau diese Woche und bis dahin vergehen keine 14 Tage mehr bis zum offiziellen Start. Große Änderungen sind am Spiel nicht mehr zu erwarten, die Anzahl der Spielmodi und Karten entspricht genau derjenigen beim Start und auch an den Helden wird es, wenn überhaupt, nur noch kleinere Justierungen geben.

Die letzte Beta entspricht damit ziemlich sicher weitestgehend der Verkaufsversion, und damit kann man sehr wohl von der Beta auf die Verkaufsversion Schlüsse ziehen, denn viel ändern wird sich nicht mehr.

Fazit: massenkompatibler Hybridshooter für den Feierabend, der wenig Können verlangt
Was also ist Overwatch? Es ist sicherlich nicht der Nachfolger von TF2, auch wenn man von dort sehr viel übernommen hat, ebenso kein MOBA, auch wenn man von dort Anleihen genommen hat. Es ist etwas völlig eigenständiges, was durchaus seine Berechtigung haben kann.

Es ist ein astreiner Teamshooter, eine Solokampagne gibt es nicht und die Geschichte hinter dem Spiel wird einem auch nicht im Spiel vermittelt, sondern in Comics und kurzen Videos auf Youtube. Das ist der Weg, den Blizzard dazu eingeschlagen hat.

Blizzard liebt auf den Karten Engstellen, es gibt genügend Abwechslung bei den Karten, als Solospiel jedenfalls ist Overwatch aktuell eher frustrierend, da es keine Warteschlange für Solospieler gibt. Allgemein benötigt man nur recht wenig spielerisches Können, um dennoch ein wertvolles Teammitglied zu sein, denn häufig hilft einem das Spiel deutlich zu stark.

Es wird ja auch darüber diskutiert, ob daraus ein Esport werden könnte oder eher nicht. Aktuell sehe ich das eher skeptisch, da einfach diese Szene stark dem Wettkampfsgedanken, also Leistung soll belohnt werden, anhängt und es in Overwatch eben verdammt viele Mechanismen gibt, bei denen es einfach reicht, im richtigen Moment sein Knöpfchen zu drücken und man wird belohnt, was aber keine besondere Leistung ist.

Vermutlich wird es sich in seiner eigenen Nische breit machen und es dort auch Wettbewerbe geben, aber eine allgemeine und breite Akzeptanz als Esport, wie beispielsweise bei CS:GO, halte ich wegen vielerlei Gründen für unwahrscheinlich. Es ist nunmal in erster Linie ein extrem weichgespülter Shooter für Gelegenheitsspieler, genau auf diese hin ausgerichtet und abgestimmt und enthält einfach viel zu viele Dinge, über die Spieler der Hardcorefraktion nur angewidert die Nase rümpfen werden, und damit werden sie diesen bestenfalls antesten und dann links liegen lassen.

Wird Overwatch von den Verkaufszahlen erfolgreich sein? Aber sicher doch, denn schließlich ist es ein Spiel von Blizzard und das reicht vielen Spielern aus, um es sich zuzulegen. Das ändert aber nichts an den Schwachstellen des Spiels.

Overwatch

Wenn sich jemand fragen sollte, was ich stark in letzter Zeit so getrieben habe, das ist schnell erklärt: ich habe ein wenig Overwatch gespielt. Ich bin einer derjenigen, die einen Betazugang zur geschlossenen Beta haben und dementsprechend aktuell spielen können.

Nun könnte ich eine Menge zu diesem Shooter von Blizzard schreiben, aber ich mache es kurz: es ist eine Beta und es sind knapp noch zwei Monate, bis das Spiel erscheint. Vieles ist schon recht rund, anderes noch nicht und an der Balance wird noch gearbeitet.

Es gibt eine ganze Menge an nervigen Dingen in dem Shooter, die in der Summe dazu führen, dass ich es mir zunächst einmal nicht kaufen werde, wenn die nicht geändert werden sollten. Wäre es ein F2P-Spiel, dann würde ich es mir besorgen, aber 40€ für etwas zu bezahlen, wo einem viele Dinge am Gameplay einfach nicht gefallen, das werde ich sicherlich nicht tun.

Über Geisterrealms, Großstädte und ärgerliche Warteschlangen

Die großen Realms von World of Warcraft sind besonders seit der Veröffentlichung von Patch 5.4 mit einem Phänomen geplagt, das man da vor einem Jahr schon lange nicht mehr oder nur vom Hörensagen kannte: elend lange Warteschlangen. Wer inzwischen abends auf einen der richtig großen Realms wie Blackmoore oder Antonidas einloggen will, der plant besser einiges an Wartezeit ein, denn eines ist sicher: dein Feind, die Warteschlange, ist schon da und wartet nur darauf, dich mal wieder zu nerven!

Auf solchen Realms ist spätestens ab 19 Uhr inzwischen zuverlässig mit einer Warteschlange im Bereich von 500 und mehr zu rechnen, häufig auch größer 900. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Zeitpunkt vom Moment, wo man sich einloggen wollte bis zum Zeitpunkt, wo der Login dann auch tatsächlich stattfindet, 30 bis 60 Minuten auseinander liegen. Unschön!

Nun haben es die Spieler von WoW ja in Meisterschaft perfektioniert, den blizzardtypischen Fanboi zu geben und sagen: „Selber Schuld, was kann Blizzard denn dafür?“ Das mag für Leute zutreffend sein, die gerade jetzt auf solche Realms transferieren, aber auf die alteingesessenen Hasen nicht. Für die klingen solche Worte einfach nur wie blanker Hohn und mehr sind die auch nicht.

Es steht aber die Frage im Raum: kann Blizzard etwas für diese Misere, und wenn ja, was? Hätten sie etwas dagegen aktiv unternehmen können?

Und da bin ich der Meinung: ja, Blizzard ist großteils Schuld an der jetzigen Misere und ja, sie hätten etwas dagegen tun können, besser schon vor langem tun müssen. Sie haben es aber bewusst ignoriert, um schlechte Presseberichterstattung zu vermeiden und daran Geld zu verdienen. Aber nun einmal schön der Reihe nach.

WoW hatte seinen Peak an Spielerzahlen irgendwann in der Erweiterung „Die Rache des Lichkönigs“, über zwölf Millionen bezahlte Abonemments. Danach ging es im Grunde mit kurzen Erholungsphasen nur noch bergab, offiziell gab es im 2. Quartal 2013 noch 7,6 Millionen bezahlte Abonnements. Das ist also ein deutlicher Spielerrückgang innerhalb von etwa drei Jahren, den das Spiel zu verzeichnen hat, und die Zahlen fürs dritte Quartel 2013 stehen noch aus.

Solch ein Rückgang macht sich natürlich überall bemerkbar. Damit ein Realm für die Mehrheit angenehm spielbar ist, benötigt dieser eine gewisse Mindestbevölkerung. Ist diese nicht mehr aktiv, dann beginnt der Realm für viele uninteressant zu werden, ganz einfach weil viele Sachen im Auktionshaus zu teuer werden, Raiden oder PVP immer schwerer bis unmöglich wird und anderes mehr. Solche Realms sind für Leute toll, die einfach nur in Ruhe Erfolge farmen wollen und einen Twink nach dem anderen hoch ziehen. Das muss aber nicht unbedingt die Mehrheit sein.

Also kam es, wie es kommen musste: es setzte ab 2010 eine Wanderungsbewegung ein, die bis heute anhält. Es entstand für solche darbenden Realms, die im Grunde immer nur noch leerer und leerer wurden, der Begriff des Geisterrealms. Die ersten Diskussionen/Beschwerden über diese lassen sich bis ins Jahr 2010 zurück verfolgen, es ist also kein neues Problem, sondern für ein Computerspiel gerechnet seit Jahrzehnten bekannt.

Was hat Blizzard aber getan, um das Problem zu beheben? Nichts. Blizzard hat es den Spielern selbst überlassen, mit dem Problem umzugehen. Die logische Wahl wäre gewesen, irgendwann eben einzusehen, dass ein Serverpark, der für 12 Millionen aktive Abos gedacht war und der nun deutlich weniger Spieler bedienen muss, einfach nur überdimensioniert ist und den zu verkleinern, indem man kleine Realms zusammenlegt. Das hat Blizzard nicht getan – inzwischen aber seit kurzem (!) in Planung.

Nein, Blizzard ließ die mit dieser Situation unzufriedenen Spieler alleine mit folgenden drei Möglichkeiten im Regen stehen, als da wären:

  1. man bezahlt einen Transfer auf einen volleren Realm, wo das Spiel der Art, wie man es gerne hätte, noch möglich ist,
  2. man spielt auf einem solchen, volleren Realm in Ruhe einen Twink hoch oder
  3. man kündigt entnervt das Abo.

Diese kundenfeindliche Einstellung dürfte Blizzard sicherlich einiges an Spielern gekostet haben, da nicht jeder unbedingt es eingesehen haben dürfte, für den Transfer eines Charakters die völlig überteuerte Wuchergebühr von 20 Euronen bezahlen zu müssen, wenn ein Fraktionswechsel notwendig sein sollte, nochmal einiges mehr oben drauf.

Der Rest aber hat vor allem eines gemacht: geblecht und bezahlt.

Und da Blizzard die Transfers in keinster Weise auch nur irgendwie reguliert noch gelenkt hat, weder direkt noch indirekt, haben die Spieler natürlich so gehandelt, wie es ihnen am logischsten erschien: wenn ich schon in den sauren Apfel beißen muss und Geld dafür bezahlen muss, weil der Betreiber des Spiels zu faul/unfähig/unwillig ist, mir in einem MMORPG ein solches Spielerlebnis zu bieten, dann gehe ich doch gleich dorthin, wo ich hoffentlich auf lange Sicht glücklich werde – auf einen richtig vollen Realm eben.

Die Motivation dahinter ist ganz simpel: diese Leute gingen ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil sie sich dazu gezwungen sahen. Ihre früheren Realms waren oft gut mittlerer Stärke und gut besucht, sie erlebten den Niedergang und wollen sowas eben nicht noch einmal erleben. Wieso also sollten sie 20 Euronen für den Transfer auf einen weiteren, mittleren Realm bezahlen ,wenn man für dasselbe Geld gleich in die Großstadt ziehen kann? Eben.

Und so kam es dazu, wie es kommen musste: der ökonomisch denkende Mensch zieht da am liebsten einfach dahin, wo das Leben so richtig brummt. Man kann da ruhig von einem Gravitationsmodell sprechen, je voller der Realm bereits ist, desto interessanter wird er aufgrund der Spielermasse für potentielle Neuzugänge.

Genau das ist die heutige Situation: auf den großen Realms kommen weiterhin gefühlt täglich neue Zillionen an Spielern an, die darin verständlicherweise das gelobte Land sehen und im Grunde dann aber auch alle zur Verstärkung der abendlichen Warteschlange beitragen. So wird sie abends immer noch größer und größer.

Und was tut Blizzard dagegen? Nichts, sie kassieren weiterhin fröhlich ab und die etablierte Spielerschaft auf solchen Realms wird von Woche zu Woche immer ärgerlicher auf Blizzard, weil so für sie langsam aber sicher abends das Spiel unspielbar wird. Keiner hat nämlich wirklich Lust darauf, wenn er einloggt, erst einmal über eine Stunde und mehr warten zu müssen. Also machen sie ihrem Unmut immer mächtig Luft.

Halt, eine Sache macht Blizzard doch: sie bieten in regelmäßigen Abständen dann kostenlose Charaktertransfers von Realm A nach Realm B in der Hoffnung an, dass dies die Situation entschärfen möge. Ein Teil der Spielerschaft mag ja dadurch abwandern, wobei diese Realms oft mehr so als naja anzusehen sind (wer bitte will denn schon von Antonidas freiwillig nach Alleria gehen?), gleichzeitig aber sind die automatisierten Transfers nach wie vor alle unreguliert offen und Blizzard lässt sich nach wie vor für die eigene, jahrelange Untätigkeit den Arsch vergolden.

Da beißt sich also die Katze eben selber in den Schwanz. Und solange Blizzard da nicht mal endlich langsam regulierend eingreift, indem sie beispielsweise als Sofortmaßnahme gewisse volle Realms für den Transfer sperren, solange müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, da jahrelang untätig gewesen zu sein.

Immerhin gab es ja eine ominöse Ankündigung von Seiten Blizzards, dass wenn irgendwann mal die verknüpften Realms kämen, sich das Problem als Nebeneffekt dieser Technik spürbar verbessern, wenn nicht gar in Luft auflösen solle. Inzwischen sind auch die ersten, deutschen Realms da im Testbetrieb, nur wann das dann genau für den Rest in Kraft treten wird, das weiß noch keiner und ob es die gewünschte Entlastung bringen wird, werden wir auch erst dann sehen, wenn es soweit ist. Wenn man Blizzard vertraut: dann ja, aber will man da Blizzard vertrauen?

Und so bleibt es erst einmal, wie es ist: die vollen Realms werden immer voller, die Leute auf den vollen Realms, die sich zu Recht über die Warteschlange beschweren, bekommen von den meisten Leuten nur ein hämisches „wärst du eben nicht dahin gegangen“ unter die Nase gerieben, die ihnen paar Monate vorher noch „wenn du wieder richtig spielen willst, dann trans doch auf einen vollen Realm“ gesagt haben.

Und als Krönung oben drauf sagen diese Fanbois dann noch immer „Ja, was kann Blizzard denn dafür…?“, was der absolute Oberhammer ist.

Was kann Blizzard denn dafür? ALLES! Wer ernsthaft etwas anderes behauptet, der verkennt gehörig die Realität oder will einfach nur trollen.

Es ist nicht so gut, wie es sein könnte aber auch nicht so schlecht, für wie manche es halten

Was ich damit meine ist ganz einfach die Entwicklung der bezahlten Abos von World of Warcraft. Nachdem es mit dem offiziellen Erscheinen der Erweiterung „Mists of Pandaria“ am 25.9.2012 gelang, endlich wieder über die magische Grenze von über 10 Millionen Abos zu gelangen – man war offiziell bei genau 10,2 Millionen, ein Plus von 1,2 Millionen gegenüber dem Ende von Cataclysmus – so kennt seitdem die Entwicklung nur noch eine Richtung: ab in den Keller. Im 4. Quartal 2012 gab es denn noch knapp 9,6 Millionen Abos und im 1. Quartal 2013 sank die Zahl nochmal umso schneller auf momentan 8,3 Millionen. Dies ist also ein Minus von 1,3 Millionen Abos innerhalb der ersten drei Monate des Jahres 2013.

Erklärungsversuche
Nun ist da die interessante Frage ja: woher bitte genau kommt dieser doch massive Rückgang? Eine Firma wie Blizzard ist ja nicht dumm, die rechnen immer nach dem Erscheinen mit ein wenig Schwund, viele pausieren auch zwischen Patches oder spielen zwischendurch was anderes, außerdem gibt es ja auch in WoW das allseits bekannte Sommerloch.

Also geht ein Hersteller eines solchen Produktes sicherlich von einem gewissen Schwund im Laufe der Zeit aus, den er mit Hilfe von diversen Taktiken mildern will. Klar. Aber ich bin mir auch sicher, dass diese 1,3 Millionen Abos weniger innerhalb des ersten Quartals 2013 doch um einiges größer liegt, als was sich Blizzard schlimmstenfalls an Schwund für diesen Zeitraum erhofft hatte.

So ist das aber eben bei Spielen, die noch einem Abomodell folgen: wenn es den Spielern zu zeitaufwendig wird oder sie schlicht und einfach keine Lust mehr haben, dann kündigen sie erstmal und kommen irgendwann wieder. Andere Mütter haben auch schöne Töchter, es ist aber die Frage, ob sie sich eben mit diesen wirklich anfreunden können oder nicht, und wenn nicht, sind sie irgendwann wieder in WoW anzutreffen.

Blizzard selber sieht einen der Gründe für den Rückgang übrigens so:

There has been less engagement by casual players.

Der andere sei in einer massiven Kündigungswelle in China begründet, wo Free to Play Standard sei und inzwischen viele mit WoW eben durch. A-ha, da ist er also wieder, der ach so böse Casual. Es gibt kaum ein anderes Spiel, in dem dieser Begriff Casual – was nichts anderes als Gelegenheitsspieler bedeutet – dermaßen negativ belegt ist wie in World of Warcraft, und in dem es Myriaden an Definitionen gibt, was denn nun bitte genau einen Casual ausmacht und was nicht.

Die meisten benutzen Casual in dem Sinne von „kann nix, will alles in Arsch geschoben kriegen, ist eine Raid-/PVP-Bremse und heult ansonsten immer, ständig und überall nur rum. Kurz gesagt: nervt nur, das Spiel wäre besser ohne sie dran.“

Das ist, wenn viele es als Schimpfwort benutzen, nunmal die gängigste Definition zu dem Wort. Andere sind da ein wenig humaner und sehen als Casual in erster Linie eben einen Gelegenheitsspieler an, der pro Woche nur ein gewisses Zeitkontingent aufbringen kann/will und betonen dabei noch gleichzeitig, dass nur „weil“ diese Leute weniger zeitlich aktiv sein können/wollen als der vermeintliche Rest in WoW, das nicht automatisch bedeuten würde, dass das nun allesamt automatisch grottenschlechte Spieler seien. Im Gegenteil, viele dieser Casuals leisten doch ganz famose Dinge, wenn man denn genauer hinschaue (und mal ehrlich: wer bitte kann/will sich für die Hardprogressphasen im aktuellen Addon und Raid wirklich bis zu 16 Stunden täglich an die Kiste hinsetzen und daddeln? Das vermögen nicht mehr viele zu leisten.)

Dennoch ist und bleibt der Casual das Lieblingshassziel Nummer Eins vieler Spieler, der Hauptgrund und Sündenbock für alle möglichen schlechten Entwicklungen. Es gibt ja auch nicht wenige Leute die der Meinung sind, man solle das Spiel wieder fordernder machen (Inis im Schwierigkeits erhöhen, Flugmounts komplett abschaffen, Questreihen einführen, um in Raids gelangen zu können und dergleichen mehr), damit das Spiel wieder an Tiefe gewänne. Viele erinnern sich dann auch noch so gerne an Classic, dass damals ja vermeintlich auch alles besser war (war es nur teilweise), und dass das Spiel im Vergleich dazu heute doch nur noch ein schlechter Witz sei. Mag sein, aber man ist nunmal im Jahre neun des Spielbetriebs, da ist es nur logisch, dass die Spielerschaft sich verändert und das Spiel sich ebenfalls, sonst wäre es schon längst nicht mehr auf dem Markt.

Übrigens wer mal genauer wissen will, wie manche sich da die Rückkehr zu den Gummistiefeln aus Holz vorstellen, der möge mal sich diesen Post auf Englisch durchlesen. Der machte doch massiv die Runde und fand einiges an Zustimmung. Andere träumen von der Wiedereinführung von Waffenskills, dass man wenn man levelt wieder einen Lehrer aufsuchen muss, um die neuen Zauber zu lernen, und und und…

Wie dem auch sei, Blizzard selber ist ja der Meinung, die Casuals seien ihnen davon gelaufen. Tja. Woran das wohl liegen mag? Der einfachste Grund dürfte darin liegen, dass sie es anfangs massiv mit den Dailies übertrieben haben. Diese waren gefühlt endlos, hirnlos, stupide und im Grunde nur finsterste Maloche und Timesink, mehr aber auch nicht, wie beim Goldenen Lotus. Inzwischen gab’s da ja eine gewisse Entwicklung und sie klatschen die Dailies auch nicht mehr nur so lieblos dahin.

Wegen dieser hat ja das Addon nun auch bei vielen den Spitznamen „Mists of Farmdaria“ weg, und das völlig zu Recht. Wer sich übrigens mal die Patchnotes seit 5.0.4 bis 5.3 in Ruhe durchliest und die Klassenmechaniken, die sich sowieso jedesmal sehr massiv änderten, außer acht lässt, der wird vor allem einen Bereich sehen, den Blizzard massiv ausgebaut hat: nämlich den Spielbereich für die Casuals. Blizzard hat seit 5.0.4 alles daran gesetzt, denen das Spiel schmackhafter zu machen und diese zu halten, der LFR wurde massiv vereinfacht (Stichwort: Deppennerf, besser bekannt als Unnachgiebigkeit, für jedes Sterben am Boss kriegt man 5% mehr Leben, Schaden und Heilleistung zugedacht), die Dailies massiv entschärft, Ruf für die aktuelle Fraktion gibt’s automatisch seit 5.2 im LFR/aktuellen Raid nur wie Wappenrock nur dass man keinen tragen muss, und und und… offenkundig haben die Sachen bis Patch 5.2 in der Menge jedenfalls nicht ausgereicht, den Weggang zu mildern.

Blizzard ist ja seit dem Erscheinen in diesem Bereich nur noch im Fehlerbeseitigungsmodus, sie versuchen zusammen zu kitten, was sie anfangs an Porzellan zerschlugen. Nur ich bezweifle, dass ihnen das noch wirklich gelingen wird. Ich sehe das deutliche Parallelen zu Microsoft Windows Vista: ein neues Produkt muss von Anfang an auf ganzer Linie am Tag seines Erscheinens überzeugen. Schafft es das nicht, dann hat es ab dem Datum einfach seinen Ruf weg und man kann nachbessern, was man will, es liegt nur noch wie Sauerbier in den Regalen und keiner will es haben. Vista war nach seinem Erscheinen als lahmarschiger Ressourcenfresser verschrien, was später Microsoft mit einem Service Pack gut in den Griff bekam, ansonsten grundsolide, nur wollte es danach einfach keiner mehr wirklich haben. Die ganze Welt klammerte sich an Windows XP. Mists of Pandaria hat eben seinen Ruf als Dailyhölle weg, und obwohl die Dailies längst nicht mehr so massiv und wichtig sind wie anfangs, wird Blizzard das auch in dieser Erweiterung nicht mehr aus den Köpfen der Leute rauskriegen.

Dazu kommt eben, dass auch manche Spieler einfach mit dem ganzen Asien-Setting und Pandaren im speziellen absolut nichts anfangen können. Sei’s drum.

Und woher kommt das?
Ja, da ist sich die Community auch uneins: viele meinen, es käme daher, weil Blizzard die Casuals zu sehr versucht habe zu hofieren. Andere wiederum sind der Meinung, es käme vor allem daher, weil Blizzard es einfach versuche, alles und jedem Recht zu machen, dabei zu sehr auf die Community hören würde und zu wenig auf die eigenen Erfahrungen vertrauen.

Mag zwar sein, aber wenn man sich wiederum anschaut, wie nach jeder Klassenänderung des Gejaule in den Foren wie beispielsweise „Schurken sind im PVP immer noch unbrauchbar! FAIL, sind aber nichts anderes von Blizz gewohnt!“ losgeht, dann geht Blizzard sicherlich längst nicht auf alles ein, was die Community denn gerne so haben würde.

Raids und Geisterrealms
Ein weiteres Thema sind Raids und Realms: im Unterschied zu Drachenseele, vor allem nach all den Nerfs, haben es die aktuellen Schlachtzüge seit Mogushangewölbe eben im Normalmodus schon in sich. Der Raidkader muss deutlich beweglicher sein als früher, es gibt Bossfähigkeiten, mit denen ein einzelner es schafft die ganze Gruppe über den Jordan gehen zu lassen, wenn er nicht schnell genug und richtig schaltet und auch sonst sind in Raidgruppen deutlich weniger unterwegs als zu Cataclysmus.

Häufig hört man dann die Standardbeschwerde „Dank LFR kriegen wir keine Spieler mehr!“, wobei die Zielgruppe für den LFR primär diejenigen sind, die ohnehin normal niemals in normale Raidgruppen gegangen wären. Also so richtig ist das dann nunmal nicht. Der LFR ist für zwei Sachen gut: Charaktere möglichst schnell ausrüsten und für Gelegenheitsspieler, die nicht in Raidgruppen können/wollen, da sein, um ihnen mal die Raidinhalte zwanglos zu zeigen. Fertig.

Dank der Anonymität in diesen Gruppen geht’s dabei meistens so kuschelig zu wie bei den Flodders. Mindestens. Wer schon immer mal sehen wollte, zu welchen grotesken Leistungen die Menschheit fähig ist, wenn sie sich vermeintlich anonym fühlt, der findet hier einen unendlichen Quell der Freude und Unterhaltung. Manches könnte man so glatt verfilmen und auf RTL2 senden, denn es ist und bleibt nunmal absolut kein Aushängeschild.

Apropos Aushängeschild, große Teile der Community sind nun auch für’s Spiel absolut keines. Für manche sicher auch ein Grund, zu gehen.

Schwerer wiegen da schon die Realms. Die Beschwerden darüber, dass vereinzelte Realms einfach nur noch tot sind und zu Geisterrealms mutiert seien, sind nun beileibe nicht neu, sondern gehen mindestens bis ins Jahr 2010 zurück. Es ist nun eine einfache Tatsache, dass die momentan aktive Realmstruktur für das Spielermaximum zu Zeiten von „Wrath of the Lich King“ ausgelegt worden ist, als es über 12 Millionen Abos gab. Die Spieler gingen, die Realms blieben und damit inzwischen eine starke Migration von mittleren bis kleineren hin zu den vollen. Der letzte auf denen macht dann Totentanz und das Licht aus. Blizzard verdient sich daran eine goldene Nase und macht ansonsten nichts, das Problem zu beseitigen. Wozu auch, denn Zahlemann&Söhne klappt eben bisher doch noch einfach viel zu gut.

Nur ist es eben auf solchen Realms auch so, dass es noch zu Cataclysmus gut möglich war, dort Raidgruppen ins Leben zu rufen und zu betreiben. Mit MOP ist das, als hätte man einen Schalter umgelegt, denn häufig merken die Leute dort vor allem eines: die guten Spieler sind weg bzw. genauer nicht mehr so zahlreich vorhanden. Viele Gruppen sind dort erstens teilweise am Schwierigkeitsgrad mancher Bosse wie Elegon oder Garalon zerbrochen, oder aber einfach daran, dass die Leistungsträger irgendwann einfach auf einen der vollen Realms wie Blackmoore oder Aegwynn gingen und so ein Loch hinterließen, das keiner mehr stopfen konnte. Deswegen sind auch inzwischen viele Raidgilden auf diese Realms komplett transferiert, und ein Ende davon ist eben bisher nicht absehbar.

Was wird…
Blizzard ist und bleibt Blizzard. Sie werden alles tun, um die Abozahlen mindestens stabil zu halten, wenn nicht gar vielleicht mit dem Erscheinen von Patch 5.4 wieder etwas zu steigern. Patch 5.4 wird einen neuen Raid mit voraussichtlich 12 Bossen bringen, und wenn man sich die Geschwindigkeit anschaut, in der momentan Blizzard die Patches so raushaut, dürfte dieser voraussichtlich Ende August/Anfang September kommen. Da ist dann der Sommer bald vorbei und das Spielen könnte für einige wieder interessanter werden.

Ansonsten wird Blizzard wohl kaum auf die Leute hören, die der Meinung sind, man müsse nur möglichst viel Schwierigkeit wieder einbauen und Annehmlichkeiten ausbauen, schon werde das Spiel wieder tiefer und interessanter. Der Zug dürfte schon seit langem endgültig abgefahren sein. Wenn man sich dazu Blizzards Meinung anschaut, dass eben die Gelegenheitsspieler sich weniger engagieren würden, dann muss man auch kein Albert Einstein sein um daraus zu folgern, dass sie alles versuchen werden, diese wichtige Zielgruppe wieder stärker an’s Spiel zu binden und vor allem im Spiel zu halten.

Was das dann genau bedeuten wird, das wird sich noch zeigen. So richtig dürften sie da auch erst mit Patch 5.4 losbrettern, denn der liegt dafür zeitlich eben genau richtig. Und den Rest muss man sehen, manches lässt sich sicherlich nicht mehr bereinigen, aber man ist ja lernfähig und ich bin mir sicher, bei der nächsten bereits geplanten Erweiterung machen sie dann wieder manches anders. Ob nun besser oder schlechter, das wird sich dann eben zeigen.

Blizzard reagiert halbwegs auf die CRZ-Kritik

In den US-Foren gab’s heute vor genau fünf Stunden einen offziellen, blauen Post zu der massiv aufgelaufenen Kritik am neuen Feature der Cross Realm Zones. Dieser fiel, wie es zu erwarten war, ein wenig länglich aus – da man möglichst viel von der Kritik erschlagen will.

Wenn ich mir den Post so durchlese, dann muss ich sagen: er ist enttäuschend. Die Kritik am Feature ist halbwegs bei Blizzard angekommen, aber die Art und Weise, wie sie nun das lösen wollen, entspricht nicht dem, was viele gerne hätten.

Aber nun einmal der Reihe nach, was Blizzard denn nun so genau von sich gegeben hat…

Cross-realm zones are a new technology that allows players in underpopulated areas of the world to meet, group up, and adventure with players from other realms. This technology effectively populates low-level zones and other previously uninhabited areas, resulting in a livelier game world. Cross-realm zones allow players to form a group with other players from within a select pool of realms in order to quest just like they normally would, while still allowing the social structures of their home realms to remain intact.

Schon der erste Absatz, in dem erklärt wird, was Cross Realm Zones eigentlich sein sollten, zeugt eben davon, dass Blizzard offensichtlich nicht verstanden hat, was viele Spieler wollen und was nicht.

CRZ sorgt eben dafür, dass die sozialen Strukturen des heimatlichen Realms massiv geschädigt werden. Viele Spieler haben sich aus guten Gründen meinetwegen für niedriger bevölkerte Realms entschieden, eben genau weil sie das so haben wollten – mit High Life in den normalen Levelgebieten geht man diesen Spieler nur massiv auf den Keks.

Dazu kommt, dass manche auch teures Geld für Realmtransfers ausgaben, da sie gewisse Spieler einfach nicht mehr sehen wollten. Gewisse Realms haben eben meinetwegen den Ruf, nur von Kiddies bevölkert zu sein, und das wollte man sich nicht mehr geben. Da man aber dank CRZ nun teilweise in den eigenen Städten und Levelgebieten auf einmal die Spieler, die man nicht mehr sehen wollte – und der eigene Realm hat schon genug Problemfälle – wieder doch ertragen muss, ist das verständlich, dass sich da sehr, sehr viele gerade von Blizzard massiv verarscht vorkommen. Keith Watanabe hat das in seinem Blogpost hier namens „Cross Realm Zones – the cluster fuck“ auch sehr schön zusammengefasst, was man daraus hätte machen können und was daraus für ein unsäglicher Mist geworden ist.

Nun ist es ja nicht so, dass Blizzard es nicht hätte besser wissen können – das entsprechende Feedback der Amis ist zwei Wochen alt, mindestens. Aber man hat sich bisher nicht wirklich darum gekümmert und in den US-Foren kocht die erzürnte Volksseele so hoch wie letztens bei der Einführung von Real-ID. Ich bezweifle, dass die Ankündigung von Blizzard nun schon genügend Luft aus dem Zorn ablassen wird, denn diese löst nur einen Teil der Probleme.

Weiter schreibt Blizzard unter dem Terminus „Lack of Realm Community“ dies hier:

We understand that players are concerned about CRZ potentially impacting the sense of community. Cross-realm zones were intended to make lower level zones feel less empty, but may also impact other more populated zones. With more populated areas, we’re aware of concerns over increased competition for resource nodes as well as quest and rare mob spawns. This is something that we’re in the process of evaluating. We’ve already taken some steps to address it by increasing the spawn rates of most rare spawns. If a zone becomes too populated, we’re capable of adjusting how many realms are able to connect to it. Just keep in mind that we do choose spawn times of creatures and profession nodes with a certain zone population in mind — CRZ affords us the ability to better maintain those populations.

Please note that Pandaria zones will not have CRZ enabled when Mists of Pandaria is released, but players can group up cross-realm in Pandaria with Real ID or BattleTag friends. The Wandering Isle, the pandaren starting area, will also not have CRZ enabled at launch, though we’ll have multiple instances of this zone running as needed for each realm, in an attempt to prevent overcrowding.

Auch das ist wieder herrlich an der Wirklichkeit vorbei geredet; denn CRZ kann nicht nur potentiell die Gemeinschaft schädigen, es tut es definitiv. Es ist ja auch schön, dass sie nun anfangen sich mal zu überlegen, wie man die Spawnprobleme bei den bisherigen hochleveligen Kräutern und Rare Mobs lösen könnte, nur wieso lässt man solch ein Feature erst der früheren Bananensoftware gleich auf den Kunden los, anstelle dass man von vorne herein die Zeitabstände verkürzt – und wieso nicht einfach auch gleitend zur Anzahl der Charaktere in der Gegend?

Der Kommentar, dass man bedenken solle, dass die Spawnzeiten der Kräuter und NPCs im Hinterkopf für eine gewisse Mindestpopulation gedacht gewesen sind ist auch so etwas, was manche als Schlag in die Fresse auffassen dürften. Sie haben sich bewusst für ihren Realm entschieden, waren da jahrelang glücklich und auf einmal kommt dann Blizzard daher mit „Möp, möp, zu wenig Leute bei euch hier, also stocken wir das gehörig auf.“ Ja, wie drollig!

Dass da die Startgebiete von Mists of Pandaria anfangs nicht Cross Realm sein werden, mag da für manche nur ein schwacher Trost sein.

Der Oberhammer ist dann aber unter „Low Population Concerns“ dieser Absatz:

Cross-realm zones are the first step toward improving the play experience when leveling on a low-population server. The world will be more populated, opening up the possibility for you to make BattleTag friends who you can then invite on future adventures. World of Warcraft is meant to be a massively multiplayer role-playing game, so we want to give players on lower population realms access to a larger community to play with.

Damit zeigt Blizzard eindeutig, dass es die Wünsche vieler Kunden, eben auf einem Server mit weniger Population in Ruhe spielen zu können, nicht verstanden hat. Viele wollen das eben genau so nicht haben, die haben sich am Anfang bewusst für ihren Server entschieden, entweder weil sie PVP wollen, PVE, RP und dann bei der und der Population und fertig. Aber nun kommt Blizzard daher, sagt nur noch „Stop! Zu wenig los hier, also sorgen wir dafür, dass mehr los ist!“ – und tritt denen so gewaltig auf die Füsse. Klar, dass das nicht gut ankommt, die Frage ist was da noch evtl. Feintuning bringen wird.

Noch mehr wie ein Hohn klingt dann das hier:

Cross-realm zones won’t fix economy-related issues for lower populated realms and it wasn’t intended to. Regarding the suggestions for a cross-realm auction house, this is something we can evaluate at a future date. However, great care must be taken and we must carefully evaluate its impact on realm economies if such a change were to occur.

Vielleicht hätte ja Blizzard auch mal die Idee kommen können, dass CRZ möglicherweise der fein austarierten „Ökonomie“, sagen wir besser dem Berufsgefüge der wenig bevölkerten Realms Schaden zufügen könnte, bevor man es so unfertig auf die Gemeinschaft loslässt. Aber so sagen sie nur „CRZ wird die Wirtschaftsprobleme nicht lösen und war nie dafür gedacht“, fein, aber umgekehrt damit dass es der „Wirtschaft“ Schaden zufügen könnte, damit haben sie keine Probleme. Grumpf.

Dazu kommt dann noch der übliche Satz nach dem Motto „Wir schauen uns nun alles an und arbeiten mit Hochdruck an Verbesserungen“:

We’re working behind the scenes to look into and address many of the recently shared CRZ concerns. In addition to the hotfixes that have already been applied to help streamline the player experience, we have some additional hotfixes on the way to address some of the known bugs.

Letzten Endes sagt damit Blizzard ja dies: CRZ als Feature wird bleiben, wir arbeiten an der Feinjustierung, aber was da genau wie wo kommen wird, können wir noch nicht sagen und bitte schaut euch die Liste mit den Hotfixes an, wenn wir welche veröffentlichen.

Damit halten sie am Feature eindeutig fest, was zu erwarten gewesen ist, und haben noch längst nicht so richtig verstanden, was genau eigentlich vielen deshalb quer im Magen liegt. Damit wird die Luft aus der anhaltenden Kritik noch lange nicht raus sein, im Gegenteil. Besser wäre es wohl, sie würden mal einige gleichartige Realms zusammenlegen, wenn das denn wirklich nötig wäre und fertig.