Vier Jahre in SL

Inzwischen habe ich ja nun in Second Life vier Jahre auf dem Buckel und gehöre damit zu der kleineren Anzahl von Deutschen, die vor dem großen Hype bereits in Second Life anfingen. Die Mehrzahl fing in der ersten Jahreshälfte 2007 an. Oh Junge, und was habe ich da nicht alles erlebt… manches passiert stetig und immer wieder, andere Sachen blieben einzigartig.

Als ich im September 2006 anfing war gerade die Aufregung um den ersten bekannten Copybot riesig. Die Befürchtungen bezüglich des Schadens an der Wirtschaft waren riesig, das was damals Linden Lab unternahm war vielen wie so oft zu wenig und die ersten „Copy Bot Protectors“ schossen wie Pilze aus dem Boden. Diese Dinger funktionieren schon längst nicht mehr, inzwischen ist der Bot mit dem Viewer verschmolzen, wer sie noch einsetzen sollte, der nervt damit nur unnötig seine Kundschaft. Flexi Prims gab es übrigens damals schon.

Damals gab es auch noch öffentlich einsehbare Bewertungen über das Sozialverhalten eines Avatars im Profil, sowohl positive als auch negative. Eine Bewertung kostete dabei 10 L$. Zuerst wurden die negativen Bewertungen abgeschaltet, im April 2007 dann alle Bewertungen ersatzlos gelöscht.

Diese Aufregung bekam ich mehr nur am Rande mit, Second Life war damals noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und Ideen gewesen, schon damals war es riesig, aber auch noch solidarischer, familiärer und nicht so ganz auf Konsum ausgerichtet wie es heute ist. Damals entstanden Freundschaften, die teilweise bis heute anhalten, Freunde sind dabei Wegbegleiter auf dem Weg, den man geht, manche kommen und gehen während andere an deiner Seite bleiben.

Die nächst größere Aufregung, die damals durch Second Life schwappte, ist dann die Erhöhung der Tier für private Sims von 195 US$ auf 295 US$ gewesen. Glücklich waren diejenigen, die eine Sim schon besassen oder eine grandfathered Sim mieten konnten, der Rest kam erst einmal gehörig ins Schwimmen, da viele Kostenkalkulationen einfach vorne und hinten nicht mehr stimmten. Begründet wurde dies damals mit der Einführung der nächstbesseren Generation an Serverhardware, der berühmten Class 5.

Dann kam im Januar 2007 mit einem Knall die Offenlegung des Sourcecodes für den Viewer unter der GPLv2. Lange Zeit trug diese Maßnahme keine Früchte, der erste Viewer, der wirklich einigemaßen Sinn machte waren neben der Nischenanwendung RLV von Marine Kelley die Nicholaz Beresford Edition, die viele offene Fehler des damaligen Standardviewers behob. Nicholaz entwickelt schon lange nicht mehr, zwischendurch gab es dann auch noch die Dale Glass Edition und vieles andere mehr, bis sich erst nach über zwei Jahren ab Mitte 2009 der Greenlife Emerald Viewer anschickte, erstmals wirklich als alternativer Viewer eine immer und immer wichtigere Rolle zu spielen. Dazu kam, dass Linden Lab es einfach mit dem Viewer 2.x in den Augen vieler alteingessener Benutzer eindeutig verkackt hat und die meisten Benutzer lieber die althergebrachte Benutzeroberfläche beibehalten wollen.

2006 und 2007 waren auch noch die Zeiten, als für ein Update des Grids dieses regelmäßig runtergefahren wurde. Der Rolling Restart wurde erst später erfunden, so blieb dann je nach Großwetterlage des Grid mindestens 4 Stunden oder sogar länger geschlossen, manchmal aber auch wurde das Update wegen eines Fehlers gleich ganz verschoben.

Schon als ich anfing gab es die ewigen Kassandrarufer, die behaupteten, Linden Lab würde die nächsten Monate nicht überstehen, der ganze Landmarkt sei eine riesengroße Blase und vor allem sei Linden Lab ein einziges Schneeballsystem. Für eine Firma, die so oft tot gesagt worden ist wie Linden Lab, hat diese jedenfalls eine beachtliche Zeit der Existenz bereits hinter sich.

Dem damaligen Run aufs Land tat das keinen Abbruch, im Gegenteil. 2006 und vor allem 2007 kam Linden Lab seinerzeit mit dem Liefern des Landes kaum nach, weil die Hardware nicht so flott kam, wie sie es sich wohl dachten. Das sorgte dafür, dass vor allem bei Mainlandregionen diese teilweise für 2-4000 US$ über den Ladentisch gingen, Preise, die heute undenkbar geworden sind, da Land inzwischen keinen hohen Wert mehr hat.

Nach der Offenlegung des Sourcecodes war der nächstgrößere Aufreger eindeutig das Verbot der Banken in Second Life, Anlaß war dazu die Ginko-Bank. Dieses sorgte für mächtigen Ärger, war aber letzten Endes doch der richtige Schritt gewesen.

Kurz nach den Banken wurde dann in world bis auf komischerweise Zyngo und die Sploder jedwedes Glücksspiel verboten und alle Casinos mehr oder weniger dem Erdboden gleichgemacht. Das war ein schwerer Schlag für die Wirtschaft gewesen, der Hintergrund ist wohl die US-Gesetzgebung, und Zyngo lässt mal als kontrolliertes Outlet wohl weiter zu.

Ab Mitte 2007, als der wirkliche Boom einsetzte und auch Firmen en masse nach Second Life drängten, würde Linden Lab vom Erfolg überrannt und das Grid kam mit der Entwicklung nicht mehr nach. Die Folge waren massive Ausfälle, eine große Unzufriedenheit und sorgten letzten Endes dafür, dass Philip Rosedale durch den glücklosen Mark Kingdon ersetzt wurde. Kingdon richtete fortan Linden Lab als Firma neu aus und nahm verstärkt Firmenkunden ins Visier, wobei er aber auch die Infrastruktur ordentlich ausbauen ließ, damit diese besser skaliere und zuverlässiger arbeite.

2007 wurde als große Neuerung auch Windlight eingeführt, was nichts anders als eine realistischere Himmelsgestaltung ist. Linden Lab kaufte dafür eine kleine Firma auf. 2008 kam als wirklich große Neuerung bei der Gestaltung die Einführung der Sculpted Prims oder kurz liebevoll genannt Sculpties, die eine bis dato ungekannte Qualität des Bauens ermöglichten sowie die Einführung von Voice durch den externen Anbieter Vivox, für mich nach wie vor einer der größten Fehler überhaupt.

Der nächste große Klopser war dann Mitte 2008 die Openspaces Sims gewesen. Linden Lab schuf, ob gewollt oder nicht, einen Kassenschlager und wurde vom Erfolg überrannt. Angeblich erzeugten diese Sims mehr Kosten als sie Gewinn einbrachten, und deswegen zogen sie dann Mitte 2008 den Stecker. Die Leistungen einer solchen Sim wurden ordentlich runtergeschraubt, die Preise dafür erhöht und damals wurde viel Vertrauen zerstört, das bis heute nicht mehr wieder nachgewachsen ist. Linden Lab gilt seitdem bei vielen als extrem unzuverlässiger Geschäftspartner, der unberechenbar oft genau das tut, was ihm nutzt, ohne Rücksicht auf Verluste. Die Geschichte von Second Life jedenfalls ist voll davon.

Im Frühjahr 2010 wagte dann mit der Veröffentlichung des Viewer 2.0 Linden Lab einen radikalen Schnitt – man verabschiedete sich von der alten Benutzerführung. Während die technischen Leistungen des Viewers grundsolide sind, können sich die meisten alten Benutzer damit nicht anfreunden und meiden ihn wie die Pest. Im September 2010 wurde beim externen Viewer Emerald der Stecker gezogen, eine Maßnahme, die Linden Lab in der Strenge bisher nur selten durchführte.

Kingdon selber bemühte sich zwar redlich, die Firma zu diversifizieren, scheiterte aber daran. Letztendlich wurde er durch seinen Vorgänger ersetzt. Was dieser bringen wird, muss sich noch zeigen, momentan ist Linden Lab mal wiedewindlightr im Wandel begriffen, das einzig gute ist, dass die Firma wieder verstärkt auf ihre Kunden hört.

Wohin Linden Lab segeln wird, das muss sich zeigen, momentan stehen die Zeichen auf Stagnation bis hin zur Rezession, aber wenn sich die Firma gescheit anstellt, ist noch alles möglich und machbar. Hoffen wir mal das Beste, das Klima ist rauer geworden und die Pionierzeiten sind schon lange, lange vorbei. Entweder wird sich Second Life behaupten können oder irgendwann den Gang vieler Dinge gehen und aufhören zu existieren.

Phoenix&Co., Kakadu, Linden Lab und der Rest…

Linden Lab ist mal wieder auf Kriegspfad, so sehen es jedenfalls viele Verschwörungstheoretiker. Deren Meinung ist ganz einfach diese: Linden Lab verfolge eine Strategie, alle wichtigen alternativen Viewer uninteressant zu machen, so dass man geradezu gezwungen ist, den unglücklichen Viewer 2.x von Linden Lab zu benutzen. Diese Theorie ist weit verbreitet und macht immer wieder die Runde, was die Vertreter dabei allerdings  übersehen ist der einfache Fakt, dass das Linden Lab herzlich egal ist, mit welchem Viewer man auf das Grid zugreift, Hauptsache man greift darauf zu und lässt sein Geld dort. Das Geschäftsmodell von Linden Lab basiert nämlich nach wie vor Großteils auf der Landvermietung und nichts anderem, der Viewer der Wahl ist dabei wirklich herzlich egal.

Nun ist es so, dass alle Texturen in Second Life auf dem Bildformat JPEG2000 basieren (nähere Erklärung in diesem Blogpost von mir). JPEG2000 ist eine sehr stark verlustbehaftete Bildkomprimierung und benötigt sehr viel Rechenzeit.

Der Viewer von Linden Lab benutzt dafür eine kommerziell vertriebene Programmbibliothek aus dem Hause Kakadu Software, während die meisten alternativen Viewer dafür das deutlich langsamer arbeitende OpenJPEG benutzen, welches Opensource ist (wen es interessiert, hier gibt es dazu viele Benchmarks, Kakadu gewinnt dabei immer). Nun war es bisher aber möglich, und der Code dafür stammt von den Lindens selbst, dass man einem alternativen Viewer wie meinetwegen Phoenix dazu überreden kann, die Bibliothek aus dem Hause Kakadu zu benutzen. Man musste dafür nur die Programmbibliothek llkdu.dll aus dem Verzeichnis eines offiziellen Second Life Viewers in das Verzeichnis des alternativen Viewers kopieren, neu starten – fertig. Das ist eine Sache, die auch viele gemacht haben, der alte Emerald kam am Ende sogar mit einer eigenen Version dieser Bibliothek namens emkdu.dll daher. Dies war für viele ein schöne, gern gesehene Sache, da doch so der alternative Viewer vor allem auch auf älteren Prozessoren spürbar flotter arbeitete.

Die Technik, die dabei eingesetzt wird, nennt sich DSO – dies steht für „Dynamic Shared Object“ und ist nichts anderes als eine zur Laufzeit geladene Programmbibliothek. Im Falle der Second Life Viewer wird diese Bibliothek direkt aus dem Programm heraus geladen, die dafür notwendigen Routinen befinden sich im Quellcode in der Datei llimage/llimagej2c.cpp. Das Vorhandensein der KDU-Bibliothek ist dabei für keinen der Viewer ein Muss, weil er nicht gegen diese Bibliothek gelinkt worden ist. Ist diese nicht vorhanden, läuft er dennoch und benutzt statt dessen als Fallback OpenJPEG. Ist allerdings auch OpenJPEG nicht vorhanden, dann startet er erst gar nicht richtig und quittiert das mit einer Fehlermeldung.

So. Die Codebasis, auf der alle bisherigen alternativen Viewer basieren, steht unter der GPLv2 inkl. einiger Ausnahmen, einer sog. FLOSS, damit man gegen Bibliotheken linken darf, die nicht mit der GPL kompatibel sind, die der Viewer aber zum Laufen benötigt (Snowstorm steht unter der LGPL, aber auf dessen Basis gibt es bisher keinen alternativen Viewer).

Was aber ist die GPL? Die GPL (Wikipediartikel dazu und Post von Kris Köhntopp) ist die Softwarelizenz, unter der dieser Code vertrieben wird und die genau festlegt, was man damit machen darf und was nicht. Das zentrale Wesen der GPLv2 ist dabei, dass sie virulent ist. Code, der einmal unter der GPL publiziert worden ist, bleibt das auf alle Zeit und alle daraus abgeleiteten Programme müssen ebenfalls unter dieser Lizenz zur Verfügung gestellt werden. Wichtig dabei ist, dass die GPL sagt: du musst mit mir kompatibel sein! Wenn man ein Projekt leitet und Code damit baut, der zum Teil auf Produkte mit anderen, inkompatiblen Lizenzen basiert, dann verstösst man damit gegen die GPL. Will man gegen lizenzmässig inkompatible Bibliotheken linken, dann braucht es eine FLOSS, so wie Linden Lab das getan hat.

Nun wird die KDU-Bibliothek als „Black Box“ benutzt. Das bedeutet, der Viewer checkt, ist sie da und lädt sie dann zur Laufzeit, ansonsten funktioniert das Programm auch ohne. Das Vorhandensein von KDU ist keine Voraussetzung für das Funktionieren des Viewers an sich. Damit bewegt man sich lizenzmässig gleich auf einem Drahtseilakt, aber möglich ist dieses durchaus. Letztendlich wäre es ein Fall für die Juristen, das abzuklären.

Jedenfalls sagt jetzt Linden Lab nun dies: „Wer alternative Viewer baut, die auf das Grid zugreifen wollen, der darf die KDU egal welcher Form nicht mehr nutzen können.“ und daran scheiden sich jetzt die Geister. Es bedeutet für die Benutzer von alternativen Viewern eine gehörige Verschlechterung der Ladezeiten und der Aufruhr ist dementsprechend groß. Es hat zudem Auswirkungen auf die in world Wirtschaft, da OpenJPEG mit einigen Texturen einfach nicht klar kommt und diese bestenfalls falsch darstellt, wenn überhaupt. Sollten dies natürlich Height Maps für Sculpties sein, dann guckt man schön in die Röhre. Entsprechend sauer sind viele auf Linden Lab und meinen sarkastisch, LL wolle die letzten verbliebenen Avatare nun auch noch endgültig aus Second Life vertreiben.

Nun ist die Begründung von Seiten Linden Labs, mit der sie das durchsetzen wollen, auch reichlich dünn: sie begründen das mit einem Verstoß gegen die GPL. Die meisten Entwickler alternativer Viewer sehen das naturgemäß anders, aber kommen in der Mehrheit Linden Labs Wünschen dennoch nach.

Warum? Weil Linden Lab eine ganz einfache Stellstchraube hat, mit denen sie die Entwickler dazu bewegen können: sie müssen keinen alternativen Viewer aufs Grid lassen, der ihnen nicht gefällt. Das ist der Knüppel im Sack, mit dem Linden Lab zur Not arbeiten kann, Emerald hat das bereits ja zu spüren bekommen.

Über den Grund, warum Linden Lab auf einmal diesen Schritt vollzieht, gibt es auch so einige Spekulationen. Am wahrscheinlichsten ist dieser, dass Kakadu Software Linden Lab mit der juristischen Keule in Form massiver Schadensersatzzahlungen wegen möglicher Lizenzverletzungen gedroht hat. Denn was Linden Lab mit der llkdu.dll geschaffen hat ist nichts anderes als eine beliebig kopierbare Variante dieser proprietären Bibliothek, die von jedem beliebigen Programm unter Windows, Linux und Mac OX S aufgeruft werden kann, um JPEG2000 zu handhaben. Die dafür notwendigen Schnittstellen sind ja offen im Quellcode von Linden Lab dokumentiert und so ist das ein leichtes. Es ist durchaus möglich, dass dies auch bereits geschehen ist, jedenfalls ist das so oder so eine Sache, die man natürlich im Hause Kakadu Software nicht gerne sehen dürfte.

Wenn dem aber so ist, dann sollte Linden Lab wenigstens auch so ehrlich sein und das offen zugeben. So aber kommen die meisten Entwickler mit der geballten Faust in der Tasche den Forderungen Linden Labs nach, aber bezeichnen die Begründung bestenfalls als unehrlich, meist eher noch als verlogen. Den Schaden tragen jedenfalls alle Benutzer, die lieber mit einem alternativen Viewer unterwegs sind in Form deutlich langsamerer Texturaufbauzeiten davon. Bis OpenJPEG die Qualität und Geschwindigkeit von Kakadu erreicht, dürfte noch einiges an Zeit vergehen, Bildkomprimierung ist ein ungeheuer theoretisches und ekliges Feld der Programmierung.

ASL, please…

Ich dachte bisher, dass die alte Form des ersten Beschnupperns namens „Age, Sex, Language please“ vorbei sei – aber habe mich geirrt. Heute habe ich mit jemandem gimmt, und derjenige wollte auch zuerst „Woher kommst du genau?“ und „Wie alt bist du?“ wissen.

Ich bin nicht in SL, um das jeden unbedingt direkt auf die Nase zu binden und dementsprechen kreatief können meine Antworten dann auch schon mal ausfallen… 😉