Der eigentliche Tod des Tods im Rollenspiel ist zu viel OOC-Trouble!

Wir alle kennen das Spannungsfeld zu Genüge: einerseits heißt es ja, Gor sei eine drakonische Welt, auf der die Todesstrafe durchaus alltäglich ist und jeden treffen kann. Also ist es eine Sache, mit der man im RP durchaus rechnen muss, sofern es der Charakter zu bunt treibt, aber sonst auch. Andererseits aber wird ein Tod, selbst wenn er einvernehmlich sein sollte, wirklich kaum ausgespielt. Das liegt vor allem daran, dass solch ein RP in mindestens 50% der Fälle zuverlässig längere, enervierende Diskussionen nach sich zieht, die sich mitunter über Tage hinziehen können und die wirklich keinem richtig Spaß machen.

Das RP selber hat man vielleicht in zwei Stunden locker durch, aber die Diskussion danach kommt tröpfchenweise immer mal wieder und wieder über mehrere Tage. Dabei passiert es dann oft genug, dass man sich erklären muss, wie man nur so barbarisch sein kann, sowieso und überhaupt – was mit der Hauptgrund ist, warum so etwas wirklich kaum richtig ausgespielt wird.

Was ich dabei nicht wirklich verstehen kann ist dies: warum ticken selbst die vernünftigsten Leute, die sonst wirklich pflegeleicht sind, regelmäßig bei einem solchen Spiel aus? Warum kann so etwas fast nie vollkommen dramenfrei über die Bühne gehen? Eigentlich ist es ja nur ein Spiel, eigentlich. Aber wieso macht man dann über ein Element, das auch belegtes Bestandteil des Settings ist, so ein Drama? Wieso wiederum macht man in SL so ein Drama daraus und wird man so etwas bei reinen P&P-RPG-Playern eher weniger finden? Kann es sein, dass da einfach die Mindsets für so etwas zu verschieden sind? Fragen über Fragen… was sind denn so eure Erfahrungen mit dem Tod im Rollenspiel an sich?

12 Gedanken zu „Der eigentliche Tod des Tods im Rollenspiel ist zu viel OOC-Trouble!“

  1. Einspruch, Meister!
    Ich oute mich mal als „Todes-Sissy“. Und das im P&P genau wie in SL. Ich kill keinen und will auch meinen Char nicht gekillt sehen, wenn ichs verhindern kann. Und das aus dem sentimentalen Grund: Ich mag mein Pixelmännlein und fühle mich in seinem Charaktermäntelchen wohl. Ich habe null Bock, mir nur weil einem anderen ein Furz quersitzt, eine völlig neue Story zu erspielen, die mir hundert pro nicht so gefallen würde wie Zastas in bald einem Jahr gewachsener Background, seine Macken, Feinde und Freunde.
    Es ist etwas anderes, wenn man sich mit dieser Sache im Hinterkopf mit einem Freifahrtschein für folgenloses Terror-RP ausgestattet fühlt – das geht gar nicht! Aber im Normalfall sollte es kackenschwer sein, „richtig“ ins Gras zu beißen. Ja, es ist Gor. Ja, die Welt ist hart undsoweiter – aber wer von uns hat schon Bock, ständig einen neuen Char zu machen?
    Ich sage nicht, dass sich nicht irgendwann eine Situation ergeben kann, die zu Charaktertod führt – aber das versuche ich nach Möglichkeit im RP völlig zu verhindern.

    1. Es stimmt natürlich, nicht jeder P&P-Spieler muss da gleich gestrickt sein. Besser ist die Formulierung dass die P&P-Spieler tendenziell weniger Probleme haben mit den Ausspielen eines Todes als die Spieler in SL aber. Das ist bisher meine gemachte Erfahrung. Woher kommt’s? Vielleicht, weil man sich ja beim Spiel persönlich gegenübersitzt und so noch eine ganz andere, persönlichere Ebene da ist, die man in SL natürlich in der Form niemals haben wird?

      Ansonsten ist es ja auch so, dass keiner in SL gezwungen wird, einen Tod permanent auszuspielen. Das kann ja erst einmal jeder halten, wie er mag. Es gibt auch Spieler, die es zuerst permanent ausspielen wollten und die dann irgendwann doch wieder in der alten Rolle nach einer längeren Pause zurückkehrten. Das Problem wäre in einem solchen Fall ja weniger der Vorgang an sich sondern wie man es plausibel erklärt, dass man wieder im Spiel ist. Der normale Gedächtnisverlust ist dabei ja eine mehr oder minde beliebte Krücke, besonders elegant erscheint er mir nicht. Ich kenne eine Spielerin, die machte das dann damals so, dass sie aufgebahrt in einer Höhle lag und ein göttlicher Blitz in sie einschlug, so dass sie wieder weiterlebte. Gut, es war originell, aber auch irgendwie komisch.

      Zum Tod an sich: ich meine, man verliert ja nichts in SL. Von daher bin ich immer noch so weise oder dumm wie zuvor.

  2. @ Bartholomew Gallacher
    Deine Unterscheidung ist schon relevant – Sterben ja, Tod nein.
    Und da sehe ich ebenfalls das Problem, da man das eine schlecht ohne das andere haben kann. Ich hatte am Anfang in SL extreme Probleme damit, das „3 Tage tot, dann bist Du wieder da“-Konzept zu verstehen, da ich es vom P&P und vom LARP her einfach gewohnt bin – wer tot ist, ist weg. Daher vermutlich auch mein Schiss vorm Sterben meines Chars, weil ich da nicht trenne.
    Jede Wiederbelebung auf Gor ist im Gegensatz zu einer Fantasywelt mit Clerics oder Salubri ein extremes Verbiegen des Hintergrunds – außer man erklärt es mit Intensivmedizinischen Maßnahmen, die ich der grünen Kaste natürlich zutraue. Wer gern dramatisch stirbt, muss eben damit leben, dass er nur mit viel Gerudere wieder in seine alte Rolle zurückkann. Ansonsten bleibe ich dabei: Metertod ist kein Charaktertod. Und wer „einfach so“ Todesstöße setzt, der muss sich nicht wundern, wenn ihn die Leute recht zügig meiden.
    Ich muss nicht jeden Aspekt der Welt hundert prozentig realistisch ausspielen, um die Gefährlichkeit der Welt Gor erlebbar zu machen. Wem es nur noch den Kick gibt, wenn er sozusagen Snuff spielt, der sollte mal darüber nachdenken, ob er nicht etwas zu abgestumpft fürs RP ist. Ich finde die Aussicht auf Gefangenschaft und Folter durchaus noch erschreckend genug, dass ich meinen Char angemessen handeln lasse, da brauchts nicht die Perma-death-Keule im Hintergrund.

    1. Also… mhhh, schwer, schwer. Du beschreibst ja den Fall, was dir selber das Sterben schwer macht bzw. warum du nicht selber es unbedingt erleben willst, das verstehe ich.

      Worum es mir aber geht ist die Frage, wieso es immer regelmässig Knatsch gibt, wenn zwei Avatare in gegenseitigem Einvernehmen solch ein RP durchziehen, also wenn einer durchaus bereit ist zu sterben und die Folgen zu tragen. Es gehört fraglos zum RP dazu und wird nicht häufig gespielt, aber was ich nach wie vor nicht verstehe ist dann eben, wieso dann bei solchen RPs zuverlässig die Emotionen hochkochen und Diskussionen aufkommen können.

  3. Es gab einen Tag, da wäre ich gern gestorben. Ich meinte zu spüren, dass es mit diesem Charakter einfach nicht so weiterging, weil ich, die Spielerin, zwischen Genervtsein und Langeweile pendelte und mich hoffnungslos isoliert fühlte (es war nach 14 Tage Urlaub – da kam ich wieder in RP und merkte, es hatte sich im Ton gewaltig verändert, ohne dass ich die Chance gehabt hätte, die Veränderungen mit zu vollziehen).
    Ich hab auf einen Neubeginn spekuliert, ohne Brandzeichen und Collar, irgendwo auf einer anderen Sim. Aber mein Spielpartner signalisierte, dass er mein Sterben zu belastend fände, stimmte ich einer Wiederbelebung nach meinem Selbstmordversuch zu.
    Man muss gerade mit Tod und Sterben sensibel umgehen, glaube ich. Natürlich ist es dann „Disney“ oder so. Aber – sind wir nicht alle irgendwie Mäuse? Wer mit dem Tod in RL ein Trauma erlitten hat, wird sich vielleicht von RPs, die den Tod in Abstand umkreisen, magisch angezogen fühlen. Doch sich mit Sterben und Tod in allen einzelnen Emotes zu konfrontieren, das ist noch mal ein anderes Ding. Ich würde es, Gor hin oder her, nicht jedem zumuten wollen.

    1. Richtig, man muss es nicht jedem zumuten, wem es nicht gefällt, der muss ja auch an solchen RPs nicht teilnehmen. Nur selbst wenn nur Leute, die so etwas wirklich einvernehmlich machen wollen, solch eine Sache durchziehen, gibt’s eben häufig Diskussionen über Sinn/Unsinn/Barbarentum, und woher das kommt, ich habe immer noch keine Ahnung.

  4. @ Bartholomew Gallacher
    Ach, das erklärt sich ganz einfach aus einem Deiner vorherigen Posts: Die Leute spielen das „ich will jetzt dramatisch sterben, ganz mit dolle viel Drama und Blumen, am besten Orchester im Hintergrund“ gerne, aber die Konsequenz daraus, dass man bei der eigenen Beerdigung halt nicht dabeisein kann, die schmeckt nicht so gut.
    Ist vielleicht eine gewisse RP-Wert-Taxierung: Bin ich beliebt genug, dass die Leute mir nachweinen? Sagen wirs so: Jeder sollte ein bis drei emotionale Freischüsse in diese Richtung haben, danach wirds nur noch stressig.

  5. Wer nicht sterben will, vermeidet das durch sein verhalten IC und kommt nicht in die Lage. So ist es RL doch auch, wenn ich nicht sterben will, lege ich mich nicht mit der Mafia an, gehe nicht auf der Autbahn spazieren und probiere auch nicht wie Cilitbang aus dem Küchenschrank schmeckt.

  6. @ Djady
    Sicher, einerseits ja… andererseits Beispiel: Angriff auf eine Stadt, freie Frau unterwirft sich dem Krieger und der nimmt nicht an. So, was folgt dann buchnah? Tod.

    Das ist aber auch weniger mein Feld, mehr eigentlich woher die Diskussionen, aber vielleicht kommt das daher, dass man zu viel Emotion reinsetzt und der Tod keinen kalt lässt, trotz „es ist nur ein Spiel“ und dergleichen Gerede.

  7. In den Profilen wird oft auf „sinnvollen“ Tod bestanden (also logisch, ausführlich, vielleicht aus ästhetisch usw). Dabei wären auch auf Gor sehr viele Tode „dreckig“. Man stelle sich vor, da zieht eine Horde Marodeure durch ein Dorf. Weil sie was zum Essen brauchen, wird nicht lang versklavt, sondern einfach abgestochen, wer sich vor die Speisekammertür wirft. Das klingt nach einer Honknummer… Aber so könnte es doch sein, oder?

    Aber wir wünschen uns natürlich „schönere“ letzte Momente. Man will dem Ableben einen Sinn geben, noch etwas Heroisches sagen („Grüß Mario von mir – ich habe ihn immer geliebt…“), und schon gar nicht als Leiche noch geschändet werden.

    Sterben ist im RL der große Endgegner, und es ist ganz sicher, dass wir gegen ihn verlieren. Auf dem Hintergrund verstehe ich es, dass viele aus dem „im-Spiel-sterben“ ein kleines Fest machen wollen, die bittere Tatsache im Spiel mit Zuckerguss versehen. Wenn der Täter dazu beiträgt, kann es sein, dass man seinen Tod dann tatsächlich als „gelungen“ empfinden kann. Aber meistens kann der Töter ja gar nicht wissen, was sein Opfer als gelungen empfindet. Dazu kennen wir uns alle zu wenig. Dazu sind wir ja auch alle zu unterschiedlich gepolt. Der eine findet gaaaanz lange Emotes für ein schönes Spiel notwendig, den anderen nervt die Endlostipperei…

    Bei normalen Spielen kann sich irgendwie zusammenraufen, aber bei „Endspielen“ ist das Opfer sicher der, der das Was, Wann und Wie bestimmen möchte, schließlich hat es einen gewissen „Schaden“. Die meisten Opfer denken sicher, dass Täter ihnen etwas schulden. Zumindest ein Sterben, das dem Opfer auch irgendwie angemessen ist.

    1. Sicher wären viele Tode dreckig und vor allem – simpel. Beispielsweise könnte ja der besoffene Besitzer seiner Sklavin ans Leder und dann? Soll’s ja geben, ob das sinnvoll ist, sei mal dahingestellt, möglich wäre es durchaus.

      Übrigens ist dieses Limit „sinnvoller Tod“ wohl mehr ein Schutz vor solchen Leuten, die am Liebsten nur alles töten würden, hier, jetzt, heute, überhaupt und sowieso. Ich kannte auch mal eine recht bekannte Panther, die hatte in ihrem Profil folgendes drinstehen: „Gor ist eine harte Welt und dieser Avatar stirbt genau einmal, danach kehrt er nie wieder.“ Daran hat sie sich auch gehalten, der Avatar kam nie mehr zurück, inzwischen ist sie mit einem anderen Avatar unterwegs. Nur so als Panther gibts ja dutzende Möglichkeiten zu sterben, und nicht jede muss einem unbedingt gefallen. So war es auch bei ihr, wenn ihr ein Tod nicht passte, ging das OOC-Drama barocken Ausmasses los und es wurde so lange am gelaufenen RP kritisiert/gemäkelt/gedreht, bis der Kill annulliert wurde, nur damit man sie endlich von der Backe hat. Das klingt hart, war aber so gewesen.

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