Fleep Tuque hat ja in ihrem neuesten Blogpost Opensim massiv gepusht. Ihr Gedankengang dazu ist ungefähr der folgende: als die Zeit des großen Second Life Hypes gewesen ist, da dachten damals, alles sei möglich. Man glaubte ernsthaft, man würde eine bessere Welt erbauen, diese am Entstehen sehen und daher war es eine offene, freundliche Atmosphäre und Community an Leuten, die etwas bewegen wollten.

Mit dabei von der Partie war der damalige CEO Philip Rosedale, der ja von sich selber sagte, er baue kein Spiel sondern einen neuen Kontinent.

Dieser Pioniergeist ist aus Second Life schon lange, lange entwichen. Linden Lab interessiert sich nicht mehr für Bildungseinrichtungen, diese haben ohnehin lieber selber die Kontrolle über ihre Sims und sind meist nach Opensimulator abgewandert.

Auch gäbe es eine Vielzahl an Managemententscheidungen von Seiten Linden Labs, die zeigen würden, dass sich Linden Lab von dem Ziel, das Metaversum (mit) errichten zu wollen, schon lange verabschiedet habe. Rod Humble würde mehr darauf setzen, es mit Spielelementen anzureichern und ein großes Signal dafür sei ja, dass Second Life nun bald über Valves Verkaufplattform Steam zur Verfügung stehen würde.

Kurz und gut, so ist ja Fleeps Credo: das Metaversum sei nach wie vor möglich, aber man müsse etwas dafür tun, damit es Realität würde und eines wisse sie mit Sicherheit, nämlich dass es nicht von Seiten Linden Labs kommen würde. Second Life hätte es werden können, bei all der Abschottung und aktuellen Entwicklungen aber wird es niemals mehr das werden können.

Und genau daher empfiehlt sie ja, dass man sich aus der Umklammerung von Second Life befreien solle, indem man in einem offenen Opensimgrid neu anfängt. Auch wenn Opensim vielleicht nicht all die Inhalte bieten würde, die man gewohnt sei, so ist Opensim das Projekt, bei dem noch am wahrscheinlichsten ist, dass es zum Metaversum werden könnte. Damit mag sie recht haben, wenn nicht Opensim was dann? Sehr viel anderes gibt es da nicht gerade auf dem Radar an weiteren Entwicklungen.

Der Pioniergeist, der einst durch Second Life wehte, ist in offenen OS-Grids allortens spürbar. Ob es aber gelingen wird, mit OS das Metaversum erbauen zu können, ist eine andere Sache.

Wenn, dann ist das genau die Aufgabe eben für Pioniere. Ein Problem aber, das Opensim schlicht und einfach hat ist, dass es nach wie vor ein Nischenprodukt ist. Opensim wird hauptsächlich von einer Schar an SL-Unzufriedenen genutzt, die sich oft dann damit zufrieden sind, irgendwo in einem Grid ihre Sim als Wohnzimmer zu haben und von Einrichtungen, die es für ihre Zwecke nutzen aber gerne alles selber unter Kontrolle haben, wie eben Universitäten. Da glänzt es.

Es hat auch mit dem Hypergrid-Protokoll eine wesentliche Voraussetzung zur Schaffung eines Metaversums mit eingebaut. Eigentlich ist genau dies das Pfund, mit dem Opensim wuchern könnte. Mit Hypergrid braucht man keine zentralistische Struktur mehr wie Second Life, jedem seine eigene kleine Sim irgendwo mit Assetserver, alles schön verteilt und dezentral, wie beispielsweise auch das World Wide Web aufgebaut ist. Das dann eben mit all seinen Vor- und Nachteilen. Aber genau das ist es, was das Metaversum ausmachen würde: diese Offenheit und Freiheit.

Klingt wie eine schöne Idee und erstrebenswert, das ist es auch. In der Praxis dürfte es dann aber bei manchen Leuten an Fragestellungen scheitern, an die wir wohl kaum denken. Beispielsweise kann es im Rahmen einer Schulung dazu kommen, dass jemand gerne Powerpoint on a Prim auf seiner Sim zeigen würde, ja könnte gehen aber man darf suchen, bis es funktioniert – oder nutzt statt dessen HTML on a prim.

Was mir persönlich ein wenig bei Opensimulator einfach fehlt, damit es endlich den notwendigen Durchbruch schafft, ist die Erarbeitung eines richtig eigenen Profils. OS wird immer irgendwie als billige Kopie von Second Life angesehen, wo alle nur so fleißig rumkopieren und das war es auch.

Es steckt viel mehr in der Software drin, aber solange man sich nicht auf die eigenen Stärken besinnt und vielleicht auch einmal endlich einige harte, aber auch notwendige Schnitte vornimmt, wird es bei OS so bleiben, wie es ist, nämlich als ein Projekt mit viel Potential, das es aber nicht schafft, dies vollends auszuschöpfen und viele zu begeistern.

Es ist nun einmal so, dass bei Linden Lab sicherlich ein gut finanzierter Programmiererstab mit einer zweistelligen Anzahl an Leuten alleine an der Serverseite schraubt; damit kann Opensim nicht mithalten. Also müsste man, wenn schon die Prioritäten anders setzen.

4 Gedanke zu “Einige Gedanken zu Opensim”
  1. OpenSim finde ich persönlich auch nicht so besonders toll. Hier fehlt wirklich der Markt und die Seriösität. Bei SecondLife steht eine Firma hinter, die alles tun wird damit ihr Produkt nicht unter geht. Bei OpenSim gibt es keine direkten Verantwortlichen, hier handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt.

    Warum sind wohl meist nur OpenSoruce Produkte oder Distributionen so erfolgreich (was Nutzer und Entwicklerzahlen angeht) die auch eine große Firma hinter sich stehen haben. Es verschafft Sicherheit, Stabilität und vermittelt noch dazu Seriösität.

    Sicher, LL nimmt uns auf und könnte viel mehr leisten. Nichts ist perfekt, aber momentan hat sich auch nicht alles so drastisch verändert und so langsam kommen sie auch wieder von ihren Schnappsideen ab.

    Solange es ein Metaversum bleibt, eine vielzahl von Welten die miteinander verbunden sind, wird das Produkt nicht scheitern und es auch keinen Grund geben zu OpenSim hinüber zu wechseln. Der dezentrale Gedanke wie das Internet halte ich dabei für noch viel schlimmer, das ist kein Metaversum mehr. Man braucht eine Art Grid und die Möglichkeiten von einer Sim auf eine andere zu nathlos zu fliegen um das Weltengefühl nicht negativ zu beeinflussen.

    Ich finde es toll das viele Technik-Interessierte sich damit so intensiv ausseinandersetzen. Aber für mich wäre das nichts, außer es gäbe keine andere Wahl. SecondLife bleibt immer noch die bessere Alternative.

    Wenn man wirklich ein sauberes Metaversum erschaffen will, sollte man sich vieleicht überlegen erstmal die passenden Leute zusammenzutreiben und gemeinsam an ein eigenes Virtuele-Welten-Produkt zu werkeln… natürlich dabei SecondLife und seine Funktionen (gerade im produktiven Sektor) als Vorbild nehmend.

    Ein SecondLife auf aktueller Technik, ohne seine Altlasten würde dem Original sehr schnell zusetzen können, aber dafür braucht es Zeit, Erfahrung und Motivation. Die gibt es kaum noch.

    1. Ja nun mh… also oft ist es eben so, dass gerade dann um Opensource-Produkte ja eine kommerzielle Supportszene entsteht, wenn diese im professionellen Einsatz sind. Viele Firmen wollen eben einen stetig erreichbaren Partner, den sie bei Fragen löchern können und so kommt es dann.

      Das heißt nicht unbedingt, dass eine Distribution kommerziell sein muss, um erfolgreich zu sein. Wer sich mal die Verbreitung des nicht kommerziellen Debians anschaut, der sieht das ja. Gleichwohl hat Debian auch so seine Eigenheiten, die mitunter nicht immer schön sind, im großen und ganzen aber funktioniert das Projekt Debilian wohl. Auf dem Desktop konnte es sich ja, trotz guter Basis, nie durchsetzen, da brauchte es erst Canonical mit Ubuntu dazu, um das zu erreichen.

      Wenn man sich den Begriff „Metaversum“ genauer betrachtet, dann ist damit in der Tat eigentlich nur die gemeinsam erlebte virtuelle Realität gemeint, das enthält aber alle virtuellen Welten, Internet usw. Wenn man das Metaversum entstehen sehen will, dann kann es nicht anders als offen sein, ganz einfach weil eine zentalistische Struktur viel zu schwer aufzubauen wäre und die dezentrale Struktur enorme Vorteile bietet.

      Da kommt schon Opensim als Basis dem noch am nächsten; das Projekt hat aber eben auch so seine eigenen Macken. Vieles fühlt sich darin eben mehr wie SL 2008 an, was ja auch nicht schlecht war nur ist SL eben heute weiter und was Opensim gehörig abgeht ist mal ein Konsens auf einige Standardmodule. Manche Funktionalität gibt es eben in verschiedenen Zusatzmodulen mehrfach implementiert, wie beispielsweise Gruppen. Daher liest man auf der Opensim-Users-Mailingliste auch oft genug die Frage, welches Gruppen-Modul man eigentlich benutzen sollte. Einerseits sind Wahlmöglichkeiten immer schön, andererseits wäre es aber einfacher, man einigt sich endlich mal auf ein Standardmodul, das man dann der Kerndistribution beifügt, dort pflegt und fertig.

      Das ist eben so ein kleines Problemchen, die Zerfaserung. Die alles überragende Distribution gibt es nicht, Aurora hat wohl interessante Ansätze und ist in vielen Punkten weiter, aber eine Einmannveranstaltung in der Entwicklung und hatte lange Zeit kein Hypergrid, weswegen es viele links liegen ließen. Opensim wiederum wartet noch immer darauf, dass die BulletX-Physik mal soweit ist, und und und…

      Ein Gemeinschaftsprojekt kann schon sehr viel erreichen, wenn man sich mal Linux ansieht. Nur: dazu braucht es dann auch einen anerkannten Kopf als Entwickler, der das Projekt in die richtige Richtung lenkt, Opensim scheint das ein wenig abzugehen.

      Und manchmal sind es die ganz simplen Sachen, an die man sich inzwischen aus SL gewöhnt hat, die trotz Jahren der Verfügbarkeit in Opensim bisher nicht implementiert sind und da einfach fehlen: beispielsweise kann Opensim bis heute keine multiplen Attachments. Ebenso ist es unmöglich, Snapshots von einer Sim aus dem Client heraus per Email zu verschicken. Displaynamen? Laut offizieller Featurematrix nicht unterstützt. Queuing Sounds? Geht nicht. Und überhaupt wäre es mal gut, wenn sie endlich ihr Assetbackend so umschreiben würden, dass die direkt im Filesystem gelagert sind und nicht als BLOB in der Datenbank.

  2. Ich finde nicht das das Opensim Projekt eine Art Nischenprodukt ist, denn vergleicht man mal die Zahlen (Sims, User, ect.) ist das „Nebenprodukt“ garnicht mal so klein. SL ist ein Ganzes, währens sich Opensim auf über 40 verschiedene Grids verteilt und es ist wie mit den Estates bei SL viele wollen ein eigenes Grid, die Erwartungen werden nicht erfüllt und sie werden zu gemacht, am Ende bleiben ein paar Große übrig.

    Was die Sache mit der Technik angeht, klar gibt SL vor und die anderen machen es nach, es ist aber auch eine Gratwanderung wenn man was neues einbringen will, denn man will ja nicht die Kompabilitätzu SL verlieren. Neue Sachen, die es in SL vielleicht nicht gibt wären wünschenswert, bergen aber auch die Gefahr das man nicht mehr kompatibel ist und dann eben die Leute verliert, die von SL nach Open wechseln.

    Open Source Projekte haben in der Regel immer irgendwo ein Vaterprodukt, sei es Open Office, welches sich an dem MS Officepaket orientiert, oder sonst ein Programm und in der Regel hängen diese Programme immer etwas hinterher (bei Open Office z.B. ist die Access Alternative noch sehr rückständig).

    Trotz allem haben die Leute vom Opensim Projekt in den letzten 5 bis 6 Jahren sehr gute Arbeit geleistet, ich kann mich noch gut daran erinnern, wieviel arbeit es war eine eigene Sim auf dem Rechner einzurichten, was man alles noch an Hilfprogrammen brauchteund heute? Zapp aufe Platte, 5 mal Enter gedrück und drinn is man.

    Opensim wird auf lange Zeit SL nicht ersetzen können (es sei denn San Francisco bekommt sein großes Erdbeben), alleine schon deshalb weil der User faul und verwöhnt ist und SL ihm alles bietet was er braucht, für jeden mist gibt es einen Shop. Open ist für Leute die auch mal wieder den Pioniergeist erleben wollen, die bereit sind zu lernen. Mir persönlich hat es viel geholfen, bei Texturen, Scripten und noch so ein paar Dingen, Dinge die ich heute in SL auch anwende und die ich ohne Opensim nicht bereit gewesen wäre zu lernen, weil….. irgendeiner in SL wird das a schon für mich gemacht haben.

    1. Doch, Opensim ist und bleibt für mich aus einem einfachen Grund ein Nischenprodukt, und das hat weniger was mit den Nutzerzahlen zu tun. Gut, die Nutzerzahlen wären höher, wäre es nicht Nische.

      Aber woran mache ich das fest? Ganz einfach an der Art der Benutzer, die in Opensim unterwegs sind. Das sind nämlich meist diejenigen, die mit Second Life aus diversen Gründen einfach unzufrieden geworden sind, seien es meinetwegen zu hoch emfundene Landmieten. Wenn man die eigene Fullprimsim bereits für 10 Euro im Monat hosten kann und darauf 45000 Prims und mehr unterkriegt, da sind diese Leute glücklich, stellen sich irgendwo eine eigene Sim als Wohnzimmer rein und damit zufrieden.

      Bisher traf ich auf Reisen in OS-Grids niemand an, der dort seine virtuelle Karriere begonnen hat, alle haben irgendwie einen SL-Hintergrund. Und die andere Nische, die massiv in OS anzufinden ist, sind und bleiben nunmal Bildungsträger, nachdem Linden Lab die ja aus Second Life rausdrängte. Die haben ohnehin ihre Inhalte lieber selber unter Kontrolle, und Opensim kann für die eine nahezu ideale Plattform bieten.

      Sicher haben sie viel erreicht, die Frage ist eben wo wollen sie hin. Aber das zu bestimmen ist Sachen der Entwickler und nicht meine Angelegenheit.

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