Die illusorischen Träume von Reportern und Politikern dieser Tage sind nicht mehr zum Aushalten. Die Eskalation der Lage um die Krim und Ukraine treibt sehr seltsame Blüten, fernab der Realität. Die alten, kalten Krieger sind froh, dass sie ihr Lieblingsfeindbild – den Russen – in Form von Putin wieder haben und wittern Morgenrot, dass es nur so kracht.

Zunächst einmal: Putin muss einem persönlich nicht gefallen, wie er herrscht und was er macht. Persönlich finde ich, dass Wladimir Putin und Angela Merkel erstaunlicherweise sich sehr ähnlich sind, denn beides sind nämlich rational kalkulierende Realpolitiker, die ihr jeweiliges Ziel vor Augen haben und für ihren Machterhalt alles tun. Während Putins Ziel aber vor allem der Erhalt und die Stärkung der Russischen Föderation ist – immerhin ist es sein Verdienst, dass die Einnahmen der Rohstoffe dem Staat zugute kommen und nicht mehr irgendwelchen Privatfirmen – ist Merkels Ziel die Verwirklichung der marktkonformen Demokratie. Schon alleine für dieses Wort hätte sie schon zigfach abgewählt gehört.

Das sind zwei sehr verschiedene Ziele, und damit muss ich mir sagen, halte ich Merkel in ihren politischen Absichten für bedenklicher als es Putin jemals sein wird. Denn Putin will einen möglichst starken, handlungsfähigen Staat haben, der die Wirtschaft zu seinem Vorteil mit gestaltet während Merkel einen Skelettstaat getreu der Kirche des Neoliberalismus haben will, der von der Wirtschaft gestaltet wird. Unterschiedlicher kann es da kaum noch werden.

Gut, und dass Putin auf die Krim nicht verzichten kann wird einem sehr klar, wenn man sich nur mal eine Karte der Russischen Föderation ansieht und dann schaut, was auf der Krim stationiert ist, nämlich die russische Schwarzmeerflotte. Die Krim ist der einzige Zugang Rußlands zum Schwarzen Meer und damit auch zum Mittelmeer, die erste Telegraphenleitung im russischen Kaiserreich ging seinerzeit 1854 von Petersburg auf die Krim. Egal ob Putin, Jelzin oder sonst wer, kein russischer Präsident kann es sich leisten, die Krim zu verlieren. Wirklich keiner.

Und dann die Sache mit der Ukraine ist auch so eine fragwürdige Angelegenheit. Nun soll sie zu allem Überfluss auch noch in die Nato, nur: wozu? Ich hätte liebend gerne die Reaktion der USA erlebt, wenn Mexico auf einmal dem Warschauer Pakt beigetreten wäre oder dies andeutet.

Wie auch immer – nun saufen wir des bösen Putins Gas nicht mehr und treffen so das böse Rußland. Ach. Es ist nur eben so, dass Rußland mit Erdöl viel größere Einnahmen erzielt als mit Erdgas, und der Rohstoffmarkt wird von langfristigen Verträgen diktiert, zudem bestimmen inzwischen die Anbieter den Markt, denn die Nachfrage lässt sich im Grunde gerade noch so decken, da ist schon weltweit nicht mehr viel Luft darin. Wenn nun Europa auf einmal auf russisches Gas verzichtet (in Deutschland macht das immerhin ca. 35% des Gesamtmarktes aus), dann wird dies Rußland kurzfristig treffen, also vielleicht zwei bis drei Jahre.

Dann aber wird es Rußland egal sein, und warum? Auch da schaue man mal wieder auf eine Karte und schaue sich an, welche Länder noch so direkt an Rußland grenzen. Welches sticht da vor allem hervor? Richtig: China.  Und dann schaue man sich noch einmal an, wo die meisten Erdgas- und Erdöllagerstätten in Rußland so liegen.

Und was kommt einem dann in den Sinn? Genau: wenn die Europäer das russische Gas nicht mehr wollen, dann bauen die Russen eben einige Pipelines nach China, das geht schneller als nach Europa und ist vor allem kürzer und verkaufen es an die Chinesen. Die werden es dankend annehmen.

Jedenfalls kommen sich momentan Rußland und China gehörig näher, und die Russen planen massive Erhöhungen ihrer Rohstofflieferungen nach China. Na, warum wohl? Auch militärisch denken sie inzwischen laut über eine Kooperation nach.  Auch wenn die russische Armee immer gerne als rückständig dargestellt wird, so ist die russische Marine immer noch auf der Höhe der Zeit und als eine der wenigen Armeen fähig, US-Flugzeugträger im Fall des Falles zu versenken. Die Russen haben da nette Uboote, die entsprechende Raketen unter Wasser abfeuern können. Die Chinesen hätten gerne solche Uboote von den Russe und gemeinsam bauen sie an der nächsten Klasse solcher Uboote mit ballistischen Raketen.

Ja, und dann noch das Hirngespinst mit dem Fracking, also der frakturierten Förderung von Erdgas. Im Prinzip ist Fracking eine schöne Sache, weil man mit dieser Fördertechnik Lagerstätte, die bei konventioneller Förderung nicht mehr genug Erdgas/Erdöl liefern, für eine ganze Weile reaktivieren kann. In der Praxis ist es eine kostspielige Sache, die sich erst ab einem bestimmten Rohstoffpreis lohnt, denn die Technik selber gibt es schon lange und ist schon lange bekannt, und das Pumpen irgendwelcher toxischer Chemikalien in den Untergrund, die dann auch da bleiben, ist umstritten. In den USA ist Fracking inzwischen weit verbreitet, während es in Europa mit dem Hinweis auf mögliche Umweltschäden bisher kaum von der Stelle kommt.

Die USA jedenfalls fahren auf Fracking ab. Ihr Traum ist dabei die energetische Autarkie, zumindest für einen gewissen Zeitraum. Das bedeutet aber, dass es amerikanisches Erdgas aus Fracking auch nur für Amerikaner geben wird. Warum sollten die USA es in alle Welt exportieren wollen? Das wird für sie kaum Sinn machen und daher so nicht kommen.

Dazu kommt, dass auch eine mit Fracking wiederbelebte Lagerstätte nicht ewig angezapft werden kann, irgendwann ist dann auch eben mit Fracking wieder Schluss und dann braucht es andere Mittel und Wege, den Energiehunger zu stillen.

Fracking selber gibt einem Land nur eine gewisse Verlängerung der bisherigen Infrastruktur, ewig betrieben werden kann es absolut nicht.

Also bleibt im Grunde alles so, wie es ist: die meisten Staaten sind abhängig von ihren Rohstofflieferanten, während diese es sich aussuchen können, wohin sie ihre Rohstoffe liefern. Und eine wirkliche, energetische Autarkie wird man nur mit Hilfe anderer Energiewandlungsssysteme dauerhaft erreichen können, die vor allem das nutzen, was im jeweiligen Land zuhauf vorkommt.

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