Momentan macht ja ein virales Marketing im Web die Runde, nämlich die sog. Ice Bucket Challenge. Es geht dabei vorgeblich darum, dass man das Bewußtsein um eine Krankheit namens ALS fördern will. Ideengeber ist eine gewisse ALS Association aus den USA. Wer sich einen Kübel voll Eiswasser über den Kopf schüttet, der soll 10 Dollar spenden und wer ihn sich nicht über den Kopf schüttelt, der möge bitte 100 Dollar spenden an die ALS Association. Egal ob man’s tut oder nicht, danach soll man einige weitere Leute nominieren.
Nun habe ich mich bisher nicht daran beteiligt noch einen Aufruf bekommen und ich werde es auch nicht tun, weil es mir einfach zu albern ist.
Nicht albern ist es aber, sich mal mit der ALS Association genauer zu befassen: diese angeblich wohltätige US-Organisation hat nämlich in 2013 50% der Spendeneinnahmen alleine für ihre Mitarbeiter ausgegeben, also für den Verwaltungsapparat! Da weiß ich wahrlich zig bessere Organisationen, denen ich mein Geld spenden will als diesen raffgierigen Leuten, die sich in Wirklichkeit mein Geld verdient haben. Pfui!
Irgendwie bezweifle ich, dass das jemanden Interessiert. Bei der Aktion geht es doch, ganz dem Zeitgeist gemäß, hauptsächlich um die Selbstdarstellung und Facebook Masturbation, weniger um darum für irgendetwas anderes ein Bewusstsein zu wecken.
Das heißt ja nicht umsonst „Ice Bucket Challenge“ und nicht „ALS Charity Campaign“.
Wen interessiert, ob das jemand anderem nutzt als dem der persönlichen Eitelkeit?
Mir missfällt an dieser Aktion noch was ganz Anderes.
Wieder ein weltweites Beispiel des Aussortierens von „guten und schlechten“ Krankheiten.
Hm – wie erkläre ich meinen Groll verständlicher ?
Mich bricht einfach an, dass Krankheiten bewertet werden und welche Akzeptanz/zu erwartende Aufmerksamkeit Krankheiten und die daran Erkrankten in der Gesellschaft haben.
Es gibt Krankheiten, da darf man sich des Mitleids/Unterstützung sicher sein.
Da wird geforscht wie wild, Antworten/Lösungen gesucht – man fordert auf zu Spenden/man spendet, die Welt muss zwingend wissen, um was es geht … muss das Leid sehen und verstehen.
Den Erkrankten schwappt in diesen Fällen Verständnis von allen Seiten ob ihrer schwierigen, gesundheitlichen Situation entgegen.
Sanft tätschelndes Mitleid macht sich breit (auch wenn die Erkrankten vlt. keines wollen) und es wird jegliche Unterstützung angedeihen lassen.
Bestes Beispiel hier ist eine Krebserkrankung – hat man diese Erkrankung hat man auch gleichzeitig dauernd einen wunden Rücken, weil massig Leute bedauernd-tätschelnd Trost spenden.
Wohl dem, der eine „vorzeigbare“ Krankheit hat … ich drücke es sehr bewusst so provokant aus !
Und dann gibt es die „unwürdigen“ Krankheiten – die, deren man sich „schämen“ muss, die man verleugnen muss/sollte … aus den verschiedensten Gründen.
Kurz – Krankheiten, die keiner sehen will und zwar aus mannigfaltigen (meist unwissenden) Gründen.
Ich ahne/unterstelle dem geneigten Leser meines Kommentars gerade den ein oder anderen Gedanken, was ich meinen könnte – mir fallen da Krankheiten ein wie Aids, Geschlechtskrankheiten, psychische Erkrankungen, Wanzen.
Ich möchte es kurz fassen: Krankheiten mit Stigmatisierung – und auch davon bietet diese krumm-bucklige Welt eine Menge.
Krankheiten, wo der Erkrankte und dessen Angehörige sich „schämen“, wo man –neben einer Erkrankung und den damit bestehenden Schwierigkeiten- gut beraten ist die Erkrankung zu verbergen: vor dem Arbeitgeber, Verwandten, Bekannten, Nachbarn – damit nicht mit Fingern auf einen gezeigt wird und man am Ende vielleicht noch den Vorwurf hört „selbst dran schuld“ oder „nicht ganz richtig im Kopf“, seinen Job verliert etc. pp.
Würde man sich für den Zweck „jeder kranke Mensch verdient unsere Aufmerksamkeit/Hilfe – egal an was er leidet“ einen Kübel Wasser über die Rübe kippen … glaubt mir: in dem Falle würde ich das ganze Eisfach gefüllt haben mit Wasser, welches zu Würfelchen friert.
Aber so ? Nein danke !
Ja es gibt in der Tat so etwas wie „gute“ und „schlechte“ Krankheiten, die „guten“ sind für die Pharmaindustrie diejenigen, an denen bitte möglichst viele Menschen leiden und bei denen man mit dem Verkauf vieler Medikamente gutes Geld verdienen kann. Die „schlechten“ sind dann mehr so die Randkrankheiten, die nur wenige betreffen, da findet dann auch meist kaum Forschung statt.
Und es war auch bei Ebola entlarvend, dass es da angeblich sehr lange kein Mittel dagegen gab und als auf einmal die ersten Amis daran erkrankten, ja da wurde denen sofort ein experimentelles Medikament dagegen verabreicht.
Ich könnte kotzen! Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist die gefürchtetste Krankheit die in der Neurologie bekannt ist. Es ist ein langsames Absterben aller Nervenzellen die für die Muskelbewegungen im ganzen Körper zuständig sind. Anfangs sind es nur feine Bewegungen die schwer fallen, später das Laufen, die Handhaltung, das Schlucken, das Sprechen und am Ende versagt die Atemmuskulatur und die Betroffenen ersticken praktisch wenn sie nicht vorher an einer der vielen Lungenentzündungen gestorben sind….und das gemeine dabei: Das Bewußtsein ist die ganze Zeit voll erhalten. Das bedeutet irgendwann muss der Patient entscheiden wann und wie lange er medizinisch versorgt werden will. Von der Diagnosestellung bis zum Tod dauert es meistst 6-8 Monate und es ist nur ein einziges Medikament bekannt, welches diesen Leidensweg um etwa vier bis acht Wochen verlängert.
Auf das Schicksal der von dieser Krankheit betroffenen Menschen aufmerksam zu machen ist nicht verkehrt. Es mit einem riesen Gaudi wie dem oben neschriebenen zu tun ist in meinen Augen abartig! Zumal ich bisher niemanden getroffen haben der nach dieser Challenge wusste was ALS eigentlich ist.
Um noch etwas Butter bei die Fische zu geben:
„As of 2012, ALSA has directed only 7.71% of its budget to Research. And not only that, 63.63% of their budget for the fiscal year was dedicated to „Other Program Activities“
Da hatte sich jemand bereits etwas intensiver mit dem Zahlenwerk beschäftigt. Und gleichzeitig die Vermutung geäussert, dass selbst von diesen schmalen 7,71 % noch ein Gutteil an „befreundete“ Organisationen geht, also nicht unmittelbar in Forschung.