Der Mann, des ewig unerreichte Wesen

Ich traf vorgestern irgendwo eine alte Bekannte. Die klagte mir ihr Leid, das sich mit „es gibt da draußen keine echten Männer mehr, die einen zähmen“ zusammenfassen lässt.

Da baut sich also jemand einen Götzen als Mannsbild, überfrachtet mit allen möglichen und unmöglichen Wünschen, sucht danach ernsthaft und verzweifelt daran, dass es diesen Götzen in Wirklichkeit nicht gibt.

Dazu kann man wirklich nicht mehr viel sagen… und es käme auch nicht an. Würde sie ihre Ansprüche auf ein realistisches Maß reduzieren, dann könnte sie wohl glücklich werden, aber so? Nie im Leben.

Arizona, Arizona…

Und so begab es sich, dass ich mir wegen Langeweile nach meinem Weggang aus Belnend-Marzahn im September 2018 mal eine der älteren, deutschsprachigen Rollenspielsims angesehen habe: Arizona, eine deutschsprachige Wildwest-Sim.

Das Alter spricht eindeutig für den Simverbund, sie ist etabliert und stabil finanziert. Spieler gibt es dort auch genug. Hauptsprache ist Deutsch, manche spielen dort mit Übersetzer.

Mein Eindruck des Ganzen war dann nach meinen Beobachtungen: Schnarch, doch mal der Reihe nach…

Zuerst wollte ich ein wenig so ins Spiel eintauchen, zog mir also den entsprechenden Meter an und machte einen auf Priester. Das dort verwendete Meter lässt jeden zunächst bei nur 10 von 100 Gesundheit starten, die entweder nur durch idlen oder Besuch bei irgendeinem Heiler besser wird. Das geht für mich schon mal gleich gar nicht, denn meine ursprüngliche Gesundheit lasse ich mir von so einem Teil nicht vorschreiben, also kam’s direkt in die Tonne, Beobachterrucksack angezogen und eben so runter.

Und dies zeigte dann, dass es in Arizona eigentlich zwei große Gruppierungen gibt: die Spaßfraktion, die einfach nur möglichst viel erotisches Rollenspiel erleben will und meist sehr einsilbig dafür kleidungsmäßig umso freizügiger daherkommt, und durchaus ernstzunehmendere Rollenspieler die ihr Handwerk verstehen oder es gerade lernen wollen, die manchmal aber an der Abwesenheit ihresgleichen im Verbund ein wenig verzweifeln – oder anders ausgedrückt einfach auf den falschen Sims dafür unterwegs sind.

Zugute halten muss man dabei der Sim, dass sie mit dem Thema Sex völlig unverkrampft umgeht, es gibt sogar ein Bordell, in dem man gegen Metercoins seinen Spaß haben kann. Und überall gibt es genügend Orte und Posebälle, wo man da seinen Spaß haben kann. Davon könnte sich manche Gorsim, die schon bei dem Gedanken am Aufbau einer Pagataverne am liebsten nur noch überall Bilder von Papst Benedikt XVI. aufhängen will, eine Scheibe abschneiden. Und die ansässigen Apachen sorgen schon dafür, dass diese Komponente absolut nicht zu kurz kommt.

Alles in allem: ja ganz nett und für ein entspanntes Feierabendspiel ohne sonderlichen Tiefgang sicher sehr gut geeignet; man kommt schnell rein und auch wieder raus. Genau das ist für mich auch die Zielgruppe dieser Sim. Wer aber auf episch breite Rahmenhandlungen und Spannungsbögen so wie ich stehen sollte, der wird dort ziemlich sicher absolut nicht glücklich werden, und verschwendet dort nur sein Talent.