Gor als Wunschkonzert

Georg beschrieb es schon bei sich drüben und auch Zasta hat etwas in der Richtung (nur inzwischen wieder gelöscht): manche betreiben Gor als eine Art Wunschkonzert, ob nun unabsichtlich oder nicht. Fakt ist, die Bücher lassen natürlich eine Menge Interpretationsspielraum zu und vor allem wird sicherlich nicht jeder Furz darin beschrieben, wieso auch, das wäre ja langweilig und würde keinen interessieren. Bücher wollen verkauft werden, also rein mit Sex, Sex und noch mehr Sex – fertig ist die Laube.

Schwierig wird es nur, wenn man beginnt, die Grenzen des Plausiblen stark zu dehnen, denn dann wird es auf einmal nahezu beliebig, was man sich alles auf Gor vorstellen könnte, weil – und jetzt kommt das Totschlagargument – es ist ja denkbar. Damit kann man selbst den hanebüchensten Schwachsinn noch auf Gor einführen und es wird daraus eben irgendwas, aber nicht mehr Gor.

Man stelle sich zum Beispiel vor, die Kurii würden einen Trupp US-Marine in voller Kampfausrüstung nach Gor verschleppen, um ein wenig Chaos zu stiften. Denkbar? Ja klar. Würde man das aber spielen wollen? Wohl weniger.

Oder man stelle sich vor, es gibt irgendwo eine Verleihung eines Ordens, was auch immer, und ein Priesterkönig zeigt sich auf einmal in der Öffentlichkeit. Möglich? Ja. Wäre es aber gut? Nein.

Dazu kommt, wie bei Georg, möglicherweise falsch verstandene Interspeziesfortpflanzung: die Kurii pflanzen sich nur untereinander fort, sie sind zum menschlichen Erbgut nicht kompatibel, und fertig.

Ebenso ist es mit den Hausbauern. Sicher, sie sind eine der Kasten, die ständig forscht und allen möglichen Blödsinn treibt, aber daher auch gefürchtet wird und mißtrauisch beobachtet wird, da man den Zorn der Sadar nicht heraufbeschwören will. Von daher ist auch deren Erkenntnisgewinn eingeschränkt.

Wenn ich dann, wie bei Zasta, lesen muss, dass sich ein Hausbauer allen Ernstes mit Geothermie beschäftigt hat – ja sorry, das ist für mich auch Wunschkonzert, wenn auch auf hohem Niveau. Erstens setzt es eine profunde Kenntnis der Geologie voraus, die wohl kaum gegeben sein dürfte – oder gibt es auf Gor Tiefenbohrungen in einen Kilometer Tiefe und mehr? –  und zweitens braucht man dazu einen erheblichen technischen Aufwand um einfach die nötigen Bohrtiefen zu erreichen, die normalerweise im dreistelligen Meterbereich liegen. Ein Hausbauer soll ruhig spinnen dürfen, aber alles im Rahmen des Erträglichen, so etwas geht für mein Rollenverständnis auf jeden Fall zu weit.

Es wäre allen gedient, wenn man Zeusels altes Mantra berücksichtigt: alles schön simpel halten, die Bücher geben den kleinstmöglichen Nenner an, man sollte sich einfach nur an die wirklich grundlegenden Richtlinien so gut als möglich halten und schon hat man ein recht striktes Rollenspiel und kein Wunschkonzert mehr. Es ist in der Theorie so einfach und in der Praxis doch so schwer, weil man mit der „nicht jeder Furz wird beschrieben“-Totschlagkeule im Prinzip fast alles spielen kann, was einem in dem Kram passt, ohne dass es wirklichen Sinn machen muss.

10 Gedanken zu „Gor als Wunschkonzert“

  1. Was bei weiten mit einen flachgehaltenen Ball nicht erklärbar wird sind solche Sachen wie zum Beispiel Tarnstäbe oder ähnliches.Es ist nur ein Aspekt der gerne mit „Nichts“ erklärt wird.Die Dinger sind einfach so da.Wahrscheinlicher ist es wohl für das Gro das es wohl eine Stockart gibt die Strom auf Knopfdruck wie ein Teaser der Erde funktioniert.
    Es macht aber auch keinen Sinn als Elektroingineur im Rp zu argumentieren.
    Zasta hat es js nur zur Auschmückung in seinen Blog geschrieben und wieder entfernt.Die Disskusion passt besser in diese Thematik..

  2. Das ist nicht so einfach, das mit dem einfach-halten. Denn dann landet man irgendwann bei reiner Sandalenfilm-Antike (nicht mal der echten Antike …minoische Technologie etc. ..) und hat jedes – auch in den Büchern nur phasenweise enthaltene – SciFi-Element über Bord geworfen. Gor hat seine völlig unerklärlichen Technologiesprünge. Es hat pseudoelektrische Beleuchtung, DNA-Analysatoren und Tarn- und Sklavenstäbe. Und seien wir ehrlich – so lange haben wir hier Vergleichbares auch noch nicht!
    Womit man hier arbeiten muss ist Fingerspitzengefühl (sicherlich nicht bei jedem als gegeben vorauszusetzen) und Verhältnismäßigkeit. Ein Flavourdetail tut keinem weh und hat keinen Einfluss auf die Entwicklung – ein Trupp Amis komplett mit Abrams-Tank schon. Theoretisches Wissen, das man irgendwo nebensächlich einbaut, kann helfen, Gor nicht als reinen Hinterwäldlerplaneten zu sehen. Ein vollfunktionierendes AKW macht alles kaputt (wobei das eh sofort gezappt würde, da nicht umweltfreundlich).

    Ich werde weiterhin meinen Charakter mit Wissen oberhalb der üblichen antiken Ebene ausstatten, da ich einer über Jahrtausende gewachsenen Zivilisation, deren restriktive Elemente sich hauptsächlich auf Waffentechnologie und Kommunikation beschränken, zutraue, beachtliche gedankliche Konzepte auf die Füße bekommen zu haben. Vor allem, wenn man im Hinterkopf behält, dass die herrschende Elite (hohe Kasten), sich vom Volk größtenteils durch eben solches Wissen abgrenzen müssen.
    Man muss nur einmal lesen, was ibn Sina über den Blutkreislauf geschrieben hat oder ein Jahrtausend vor Mendel über Vererbung nachdachte um zu sehen, dass vieles gedacht werden kann, ohne Anwendung oder (außerhalb einer klar abgegrenzten Gruppe) Verbreitung zu finden.

    Von daher ist mein Ansatz nicht „keep it simple“, sondern „keep it verisimilar“.
    Ist aber zum Glück nichts, was im RP besonders oft vorkommt. Eher mit der Tendenz zur Nulllinie.

  3. hmm,
    die Hausbauer wursteln ja schon viel,
    die Wasserkraft zu nutzen halte ich für sehr plausibel besonders solange es mechanisch bleibt.
    Geotermie geht in meinen Augen ein stück zu weit, bei Dampfmaschinen kann ich mir im sinne eines Heronsball
    http://www.modellbau-wiki.de/wiki/Bild:Heronsball.jpg
    vorstellen aber nicht als Maschine ala Watt die von Watt ist einfach zu sehr Industrialisierung
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Steam_engine_in_action.gif&filetimestamp=20080305185032
    aber vielleicht wäre das etwas was wir mal in SL Info besprechen sollten könnten könnte spannend werden gerade weil über die tolle Kaste der Hausbauer so wenig berichtet wird.

  4. Dieses Spannungsfeld lässt sich nicht so einfach lösen wie wir es gerne hätten. Da sind zum einen eben die von Zasta und Guoroor schon erwähnten Tarnstäbe, Leuchtkugeln und andere in den Büchern schon beschriebenen Gebrauchsgegenstände. Diese lassen sich nun einmal (wenn man es denn hinterfragt) nur mit umfassenden wissenschaftlich-technischen Hintergrundwissen erklären.

    Hinzu kommt, dass viele Dinge die wir als heutige, bzw. moderne, Errungenschaften betrachten in Wirklichkeit sehr alte Wurzeln haben. Auch die Geothermie z.B. gehört dazu. Es gibt ja nun wirklich nicht nur die Tiefengeothermie. Im antiken römischen Reich, im mittelalterlichen Frankreich und in der gesamten Siedlungsgeschicte Islands wurden natürliche geothermische Quellen genutzt und teilweise bereits über weite Strecken verteilt. Dazu brauchte es noch nicht einmal eines besonders hohen Wissensstandes.

    Natürlich bleibt der Grundeinwand von Barth richtig: Nicht alles was denkbar oder logisch wäre, ist auch rollenspieltechnisch sinnvoll. Aber nun das Denken deswegen gänzlich einstellen? Gor hat sich aus sehr gut nachvollziehbaren Gründen zu einem RP entwickelt welches in einem primär von der Antike geprägten Rahmen abspielt. Das liegt aber in erheblichen Umfang daran, dass WIR die beschriebenen Gesellschaftsordnungen, „rückständige“ Waffentechnologie, Sklaverei und die allgemeine Naturverbundenheit auf Gor mit altertümlichen, rückständigen Entwicklungsständen auf der Erde gleichsetzen. Zwingend, im Sinne von einzig möglicher Lesart, ist das nicht.

  5. Lass meinen Manta aus dem Spiel! *knufft den Fuchsschwanz, legt den Ellbogen aus dem Seitenfenster und fährt wieder weg*

    Der „keep it simple“ Spruch stammte aus dem Gefühl, dass in SL einfach viel zu viel Kleinkram und Weltensimulation gespielt wird.

    Jeder hat nur eine begrenzte Zeit für das Hobby Gor Rollenspiel in SL. Und jeder möchte natürlich in der Zeit möglichst schnell und zuverlässig „sein Spiel“ und „seine Vorstellung“ von Gor präsentiert bekommen und „erleben können“. Hört sich vielleicht erstmal böse an, ist aber normal. Sonst gäbe es ja keinen Grund zu spielen.

    Jetzt kommt aber der Punkt, wo ich oft mal Bauchweh bekomme. Hand aufs Herz, ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Spielerschaft sich irgendwann gerade Gor als Spiel der Wahl aussuchte, weil es dort so schön und anspruchsvoll ist. Das gibts woanders auch.
    Auch werden sicherlich die wenigsten die Romane gelesen haben, weil es eben anspruchsvolle Literatur ist. Geschweige denn irgendwie spannend.

    Auch wenn vielleicht Horden von „echten“ Rollenspielern mich kreuzigen: Für die meisten war es doch irgendwann mal das Grundthema „Männliche Dominanz und weibliche Unterwerfung“, was die eigene Fantasie beflügelt hat. Dazu noch eine Prise rohe Gewalt, ausgeprägter Darwinismus und Herrschaftsdrang. Und eben auch der Kick, in einem sexuellen Verhältnis mal der/die Unterlegene zu sein.

    Bei all den Dingen, die irgendwie 99% der Spielzeit fressen, als so schön und durchdacht präsentiert werden, finde ich jedoch meistens diese Grundthemen nicht wieder.

    Sicherlich kann man nicht den ganzen Tag Sex, Sklaverei, Mord und Totschlag spielen. Ich habe nur das Gefühl, auf Kosten eines immer höheren Detail- und Realismusgrades sind diese Kernelemente völlig ins Abseits gestellt worden. Und das finde ich persönlich dann einfach nur uninteressant.

    Gor ist so einfach nur noch ein beliebiges und willkürliches Spiel. Ersetze Kurri durch Werwölfe, Tal durch „sei gegrüsst“, Paga durch Schnapps, Kasten durch „Ränge am Hofe“ und geh nach Carima oder ein Mittelalter RP der Wahl. Ist dann wesentlich das gleiche, nur in grün.

    Ich will ja den Leuten den wahnsinnigen Spielspass daran nicht absprechen. Aber vielleicht sollte man sich einfach mal fragen: ist es wirklich dass, was man eigentlich wollte? Ein „besseres“ Mittelalter, wo es familiär und friedlich zugeht, möglichst detaliert und mit einem ausgeprägten Realismuswahn?

    Kein Plan. Ich kann diese Frage mit „Nein“ beantworten. Leider gehöre ich anscheinend zu einer ausgestorbenen Spezies. Wenn 99% der Spielerschaft eben was anderes als ich und vielleicht wenige andere spielen will, muss ich mich dem beugen 😉

    Ich ziehe an dieser Stelle ’nen Jan: Ihr macht das schon!

  6. Ich glaube ich gehöre auch zum dem 1% was gut damit leben kann, dass nicht alles zu 100% erklärbar ist und dem die Fakten aus den Büchern genügen.

    Wenn alle Rpler in Gor einfach nur mal die Fakten aus den Büchern spielen würden hätten sie Abenteuer und RP bis ins nächste Jahrtausend…

  7. Es gibt für mich bei Fantasy zwei Ansätze: entweder man versucht die Wirkungsweise irgendwie zu erklären, so macht das z.B. Star Trek, und dann verrennt man sich oft vom Hundertsten ins Tausendste, oder aber Technik ist einfach da ohne große, weitere Erklärung und sie funktioniert eben. Battlestar Galactica Reiimagined fuhr zum Beispiel diesen Ansatz und kam damit gut klar, die Gor-Chroniken funktionieren für mich ebenso.

    Mir reicht es zu wissen, da ist ein Tarnstarb und der wirkt so und so, wie er genau funktioniert und was ihn antreibt, das ist für mich völlig egal. Fantasy eben, wenn Norman den Himmel auf Gor rot beschrieben hätte, dann wäre er es und fertig, Diskussion darin überflüssig.

    Von daher wenn jemand anfängt, über Geothermie zu fachsimpeln, ist das für mich too much. Wenn es nur eine einfache Wärmepumpe wäre, ja kann man sicher drüber reden, aber geothermische Tiefenkraftwerke, ne, das ginge mir zu weit, denn dann fange ich das Dozieren über Lagerstättenkunde und die Genese von Erdöl an und wir haben alle unseren Spaß. 😀

    Für mich soll, wie schon gesagt, ein Hausbauer mal ruhig spinnen dürfen, aber alles auch im Rahmen.

  8. Also mir sind alle diese Überlegungen völlig schnuppe. Aber zwei Sachen brennen mir jetzt auf der Zunge.

    1. Bei Gesenkschmieden oder Geothermik, fällt es mir, als einfache Frau auf Gor, unendlich leichter unwissend zu spielen, als bei Analphabetismus oder sogar, kein goreanisch zu können.

    Soll heißen: Sachen über die „früher“ heiß diskutiert wurde, sind wesentlich schwerer zu spielen als Geothermik oder Schmiedetechnik.

    2. Ich bin bin entsetzt darüber das ein Thema, dass definitiv ins Forum gehört jetzt über drei Blogs(Ya, mein Block, mein Ghetto) diskutiert wird.
    Hat keiner von euch Männern die Eier, dass Thema im Forum anzusprechen?
    Oder gibt es einen besonderen Grund für diese Art der Kommunikation?

    LG Zelda

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