Kommentar zu: Gor krankt an der veralteten Ästhetik

Auf dem Treffen zur Zukunft Gors stellte eine Teilnehmerin die These auf, dass das deutschsprachige Gor unter anderem auch an der veralteten Ästhetik kranken würde.

Mit anderen Worten an veralteten Bauten und Avataren, die noch wie aus 2010 wirken würden und hinter vorgehaltener Hand zu Gelächter führen würden.

Man könne nur echten Nachwuchs auf Gor erwarten, wenn man auch mal den Anblick in die Moderne befördern würde. Ja, das würde Geld kosten, sei aber nötig. Aber da sich schon lange niemand in dem Punkt mehr Mühe macht, gibt es deswegen auch keinen Nachwuchsansturm an Goreanern. Soweit das Argument.

Nun, was halte ich davon? Es gibt einen gewissen Anteil an Spielern, denen die Ästhetik in der Tat sehr wichtig ist. Aber das ist bei weitem nicht die Mehrheit.

Diese Spieler kriegt man in der Tat nur über ein modernes Erscheinungsbild, und wenn die Sim nicht passt sind die ganz klar nicht da.

Der Mehrheit aber dürfte das egal sein, denn ein Rollenspiel lebt zunächst erst einmal von den Inhalten und dann der Bühne.

Man kann noch in einem recht simplen Primhaufen tolles Rollenspiel zaubern, das funktioniert und motiviert prima. Umgekehrt aber lockt schlechtes Rollenspiel mit modernen Meshavataren und Bauten nur selten jemand hinter dem Ofen hervor.

Von daher: schön, wenn beides zusammen passt. Aber über die Beliebtheit einer Rollenspielsim entscheidet zuerst und vor allem das Rollenspiel an sich, danach kommt der Rest.

Und das deutsche Gor in seiner Gesamtheit geht garantiert nicht vor allem daran unter, dass es noch vielerorts so wie 2010 aussehen mag. Das hat andere Gründe.

Die Zukunft des deutschsprachigen Gors

Second Life hat ein großes, globales Problem:

Second Life Benutzer-Diagramm (von Tyche Shepherd)

Wie man sehen kann kämpft es seit mindestens 14 Jahren mit ständig sinkenden Benutzerzahlen. Blau ist der Durchschnitt der eingeloggten Benutzer pro Tag, das Diagramm geht bis 2019. Aktuell liegt es je nach Tag im Bereich von 33-38K. Anders gesagt: je nach Datenlage gibt es in 2024 30-40% weniger Benutzer in Second Life als 2009.

Eine zusätzliche, massive Delle verursachte dieses Jahr die verunglückte Einführung von Physics Based Rendering, kurz PBR. Das hat zusätzlich einige tausend Bewohner vertrieben.

Da allgemein in Second Life deutlich weniger als früher los ist, ist damit auch der Kreis der potentiellen Rollenspieler deutlich kleiner geworden. Dies spürt man unweigerlich an allen Ecken und Enden, so auch auf Gor.

Und so kam es denn auch, dass es gestern in der Oase der Vier Palmen eine offene OOC-Diskussionsrunde zum Thema Deutschsprachiges Gor und seine Zukunft gab. Eingeladen waren alle Mitglieder von Gor auf Deutsch.

Die verbliebenen Spieler fühlen sich immer weniger, alleine und sehen langsam, aber stetig den Bestand am Schwinden.

Die Themen waren folgende:

  1. Leere Sims und fragmentierte Community
  2. Mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Sims
  3. Einstiegshürden für Neulinge
  4. Finanzielle Schwierigkeiten

Die Themen sind nun alles andere als neu noch unbekannt, geändert hat sich aber die allgemeine Lage in Second Life. Und das für alle spürbar.

Es gab natürlich, wie immer, dieselben wirkungslosen Appelle zu mehr Toleranz gegenüber anderem Spiel, Zusammenarbeit etc.

Da ich auch an der Versammlung teilnahm und das Wort bekam, erlaubte ich mir dann auch mal, dazu meine Sicht der Dinge aus dem Ruhestand mitzuteilen, nämlich folgende:

  1. Leere Sims sind eine Folge von weniger SL-Bewohnern. Und die Fragmentierung wird man niemals weg bekommen noch überwinden, ganz einfach weil es zu viele, unterschiedliche Interpretationen von Gor gibt, die man niemals alle unter einen Hut bekommen wird.
  2. Zur mangelnden Zusammenarbeit, oder das z.B. manche nicht mit Panthern spielen wollen: es wird immer Leute geben, die sich gegenseitig aus dem Weg gehen. Und von oben herab verordnet lässt sich das nicht ändern. Eine neue Sim ist schnell aufgemacht, und dann muss man damit leben.
  3. Zu den finanziellen Schwierigkeiten ist meine Meinung ganz einfach: wer sich und seine Sim von Mieteinnahmen abhängig macht, der hat schon verloren. Man sollte nicht mehr bauen, als man stemmen kann. Und einmal gebaut weitgehend in Ruhe lassen.
  4. Ein weiteres Hauptproblem ist für mich, dass in Second Life eine Rollenspielleitung, wie man sie für Gor benötigt, technisch unmöglich ist.

Danach gab es jede Menge Redebeiträge, auch von teilweise alten Rückkehrern, die sich aber meistens im Kreise drehten. Vor allem diejenigen, die eben Gor Extended spielen rufen ständig nach Toleranz und verstehen nicht, wieso auf Gor immer weniger los ist.

Meine Empfehlung an alle war ganz einfach dies: macht eure Sim auf, definiert was ihr spielen wollt, verpasst euch ein gutes Regelwerk und seid finanziell unabhängig. Dann spielt einfach und macht euch einen Namen. Wenn das Spiel gut ist, wird sich das schon rumsprechen und die Leute kommen von alleine. Wenn nicht, sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, was man noch verbessern könnte.

Die Diskussionsleitung selber aber war mit dem Meinungsbild nicht so richtig zufrieden, und will das nochmal unter Simbetreibern untereinander diskutieren. Das kann man machen, aber es ändert an den Grundproblemen eben leider wenig.

Manche hätten gerne wieder die alten Pilgertische zurück. Andere wollen Werbung machen, und vielleicht auch eine Art Schild auf den Simeingang stellen mit ein paar Schlagwörtern, was diese Sim besonders macht.

Das kann man alles machen, es ändert aber nunmal wenig daran, dass Gor einfach nicht mehr neu, sondern alt ist. Und längst nicht mehr so beliebt wie früher.

Wie ich da auf der Versammlung auch sagte: für viele war 2008 Gor einfach der zwangslose Feierabendfick. So kamen damals etliche ins Rollenspiel rein. Einfach ein bisschen Spannung und Spaß ohne großes Drama haben, das war eine der Sachen, die Gor groß machte.

Heute braucht man dafür kein Gor mehr, denn man kriegt das einfacher und deutlich schöner anzusehen auf AFK-Sex-Sims oder in entsprechenden Clubs.

Wie auch immer: ich bin gespannt, was sich da noch tun wird, aber ich glaube nicht an die große Trendwende, ganz einfach weil a) die Gor-Community nichts am massiven SL-Bewohnerschwund ändern kann, b) die Landschaft der noch existierenden Sims einfach viel zu unterschiedlich ist, und damit nicht wirklich unter einen Hut zu bringen und c) bei vielen einfach auch kein wirkliches Bewusstsein darüber vorhanden ist, warum andere Gor verließen.

Und was das ist, ist ganz einfach die ständige Verwässerung des Settings an sich, allem voran die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Gor ist ganz klar Patriarchat, und sehr genau geregelt, wie das auszusehen hat.

Wie ich dazu zum Thema Toleranz sagte: „Toleranz ist wichtig, aber es kann sie nur innerhalb des Settings geben. Wer dagegen für seine Extrawurst an Rolle, die dem Setting widerspricht, Toleranz fordert, macht das Spiel für so manchen kaputt.“

Und das ist in der Tat einfach eines der ganz, ganz großen Themen, warum auch viele von Gor gingen: die Verweiblichung und Verwässerung des Spiels an sich. Dazu die ewigen Diskussionen darüber, warum eben doch Extrawürste gerechtfertigt wären. Wirklichen angesprochen wurde das auf der Versammlung erwartungsgemäß nicht.

Also alles fast beim Alten: wie schon 2008 auch, so stirbt auch 2024 Deutschgor. Und mit jedem Jahr ein Stückchen mehr. Nur ist wegen der SL-Großwetterlage der Rückgang an Spielern real und spürbar. Dazu kommt, dass wirkliche Neulinge nur noch extrem selten sind.

Die Aussichten sind daher zunehmend düster, solange SL ein Kohortenphänomen bleibt.

Rollenspiel-Sims mit kurzer Lebensdauer

Woran erkennt man eigentlich Rollenspiel-Sims, die es sehr wahrscheinlich nicht besonders lange geben wird?

Unter anderem daran:

  • der Betreiber hat eine ellenlange Rekrutierungsliste, auf der eine halbe Kleinstadt gesucht wird.
  • alle Bewohner sagen dir ständig, wie toll das Spiel auf der Sim dort ist, nur leider kriegst du davon als Beobachter nur selten etwas mit.
  • die Simbesitzer bauen lieber ständig an der Sim herum als mal einfach nur zu spielen.
  • wenn man einen Bewohner frägt, was genau auf der Sim eigentlich gespielt wird, dann gibt es bestenfalls schwammige Antworten bis hin zu keine Ahnung.
  • obwohl die Sim gerade erst 2-3 Wochen alt ist, wird wegen der „großen Nachfrage“ schon eine Homestead-Sim drangeflanscht, obwohl erst 2/3 der Mietobjekte vergeben sind und noch gar nicht klar ist, wie lange die aktuellen Spieler auch wirklich bleiben werden.

Wikinger – Fantasie und historische Wahrheit

Eines meiner Lieblingsthemen in der letzten Zeit, über das ich immer wieder nur ungläubig den Kopf schütteln kann ist, wie falsch Wikinger in allen möglichen Filmen und Serien dargestellt werden.

Die historische Wahrheit ist inzwischen durch Ausgrabungen sehr gut erforscht, und was wir meistens visuell im Fernsehen als auch in Second Life im Rollenspiel sehen hat mit echten Wikingern wenig bis gar nichts zu tun. Es ist eher Fantasy, die lose auf den Wikingern basiert – das ist dann auch schon alles.

Die Jungs von Kaptorga haben das mal sehr gut auf Deutsch und Englisch erklärt – zuerst zeigen sie, wie ein Wikinger wirklich aussah und daneben dann, was Film und Fernsehen gerne draus machen.

Spoiler: die Wikinger waren deutlich normaler, als man denkt und dachten viel praktischer, als man meint.

Deutsch.
Englisch.

RP-Versuch Nr. 1 in 2021

Ich verstehe es nicht… ich verstehe es einfach nicht.

Nach über bestimmt drei Jahren Pause war ich in den letzten Wochen sporadisch mal wieder im Rollenspiel unterwegs, kein Gor. Die Sim&Namen werde ich hier auch nicht nennen, auch nicht die Sprache.

Zunächst machte sie auf mich einen sehr guten Eindruck: eine komplette Sim, sehr geschickt bebaut und der/die Macher dahinter ist auch kein Unbekannter, hatte schon eine Reihe von Sims vorher am Laufen gehabt. Es gibt eine alles verbindende Rahmengeschichte plus Regelwerk, paar Rassen und auch sonst hat man sich einige Gedanken gemacht, wie das Spiel dort so ablaufen sollte. Als alter Hase merkt man das einfach schnell. Der Traffic ist auch recht ordentlich. Es gibt eine gewisse Einstiegshürde, sie ist aber nicht sonderlich hoch. Man sollte sich eben darüber Gedanken machen, wer man ist, warum man dort ist und was man so spielt. Eigentlich die guten alten Standards, nicht mehr und nicht weniger. Ich trat auch noch der OOC-Gruppe der Sim bei, kann jeder dort selbständig machen.

Ich war dann dort erst paarmals als Beobachter unterwegs, und mir fiel dabei sofort auf: es gibt viele Paare. Die wohnen sogar auf der Sim, scheinen aber lieber unter sich zu sein und idlen auch dort fleißig vor sich hin. Auf den ersten Eindruck war es mehr eine Wohnsim mit sporadischem Rollenspiel. Ein Gespräch mit einem der wenigen Spieler, der sich wirklich bewusst lange offen auf der Sim aufhielt, um anspielbar zu sein und Spiel abzubekommen, bestätigte auch diese Meinung.

Danach ging ich dann das nächste Mal in einer exzentrischen Rolle dort ins Spiel, und spielte einige Male so ein wenig meinen eigenen Stiefel. Das klappte mal mehr, mal weniger gut, war ohne besondere Höhen noch Tiefen, aber es funktionierte. Ich habe ohnehin nicht mehr die Lust auf täglich Rollenspiel in SL machen, sondern nur noch dann, wenn ich darauf Bock habe. Und das ist garantiert nicht mehr täglich.

Auch da wurde mir im Spiel dann wieder bewusst, dass gewisse Sachen dort funktionieren – wie Wohnen – und andere Sachen weniger gut – wie Einbindung neuer Spieler, anspielbar sein oder mal außerhalb der Wohnung Präsenz zeigen. Auch gab’s verschiedene Fraktionen auf der Sim, und die konnten es nicht lassen nach einem kontroversen Spiel das noch OOC in der Gruppe zu Brei zu diskutieren, obwohl das Spiel im Einvernehmen aller Beteiliger stattfand. Überhaupt wurde desöfteren in der OOC-Gruppe diskutiert und man feindete sich gegenseitig an, auch schienen manche gleicher als andere zu sein, durften sich also mehr erlauben bevor die Simleitung einen Rüffel verhängte, wenn überhaupt.

Dann kam es neulich in der OOC-Gruppe zu einer Ideensammlung: einige Häuser standen leer, man wollte einige Ideen hören was man so umsetzen könnte, um das Spiel noch mehr zu beleben und für Neulinge attraktiver zu sein.

Da ich schon einige Male dort aktiv und damit auch bekannt war, gab ich auch eben meinen Senf zu einer Wurst dazu, die da Stripclub hieß. Meine Erfahrung ist ganz einfach, dass dies ohne einen gewissen Traffic nicht machbar ist, und auf einer Sim wo die meisten Spieler Paare sind im Grunde eigentlich gleich mal gar nicht. Nicht mehr und nicht weniger brachte ich dann auch zum Ausdruck, auch die Simleitung fand die Idee weniger toll.

Was dann aber kam war für mich der Aha-Moment, wo ich mir nur dachte: „Und ihr wundert euch wirklich ernsthaft, dass ihr für Neulinge unattraktiv seid?“ Ein Mitspieler wollte mir das Wort mit dem Argument „wer hier kaum mitspielt sollte einfach still sein“ verbieten. Das wurde im Diskussionverlauf von der Simleitung nicht beanstandet. Der Typ bekam dann von mir noch als Erwiderung „ihr wollt doch neue Impulse haben, da ist doch gerade eine recht unverbrauchte Sicht der Dinge wie meine hilfreich.“ – aber fuhr wieder dieselbe Schiene. Die Simleitung schwieg.

Da war der Käs für mich gegessen, und ich war weg. Wer sich einerseits wundert, warum man kaum Neulinge auf die Sim bekommt, aber andererseits solchen Attacken gegenüber Neulingen nicht direkt Einhalt gebietet, wo wirklich die Diskussion ausdrücklich offen für alle war, der hat es einfach nicht verstanden woran seine Sim krankt. Und auch nicht besser verdient.