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Die GDL und die Deutsche Bahn

Da in einigen Facebook-Seiten und auch lustigerweise Gorblogs das Thema die GDL und der Streik bei der Deutschen Bahn herumgeistert, gebe ich hier nun auch meinen Senf dazu:

Ich erkläre mich mit der GDL und ihren Zielen solidarisch! Weiter so!

Zu den Gründen, die man genauer hier bei den Nachdenkseiten nachlesen kann und die in den meisten Medien einfach nur mal wieder wie üblich tot geschwiegen werden: die GDL, also Gewerkschaft der Lokführer, war früher ein Teilbereich des Deutschen Beamtebunds (DBB). Warum? Weil die Bahn ja früher Staatskonzern war und alle möglichen Arbeiter dort eben Beamte.

Mit der Privatisierung der Bahn wurde aus der GDL dann eine eigenständige Gewerkschaft. Historisch gesehen gab es bei der Bahn schon immer mehrere Gewerkschaften, früher eben die Transnet und GDBA, aus der dann die heutige EVG hervorging, die Mitglied im DGB ist, und die GDL.

Die Gewerkschaft EVG hat im Bereich der Bahn deutlich mehr Mitglieder als die GDL. Die EVG und ihre Vorgängergewerkschaft Transnet aber haben sich bei der Bahn wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert: sie waren in den 90ern für die Privatisierung der Bahn, sie sorgten 2007 dafür, dass man Lokführer als „Mitarbeiter mit eisenbahnspezifischer Ausrichtung“ für einen Stundenlohn von 7,50 Euro einstellen konnte und anderes mehr. Der frühere EVG-Vorsitzende Norbert Hansen wurde als Belohnung dafür Vorstand bei der Deutschen Bahn und erhielt nach weniger als zwei Jahren im Amt noch eine satte Abfindung von 3,3 Millionen Euro. Da weiß man doch gleich, was man von dieser lichternen Gestalt und der Gewerkschaft, der er angehörte, zu halten hat.

Die EVG als solche ist traditionell arbeitgeberfreundlich, die eigentlichen Funktionen einer Gewerkschaft hat inzwischen die GDL übernommen. 2008 begann diese mit ihrer Kampfeslust und musste als erster Schritt von der Bahn als eigenständiger Tarifpartner für die Lokführer anerkannt werden. Die EVG ging dann 2010 aus einer Fusion von Transnet mit der deutlich kleineren GDBA hervor. Die EVG zeichnet sich vor allem dadurch aus, extrem arbeitgeberfreundlich zu sein.

Im Zeitraum von 2008 bis 2011 konnte die GDL sehr viele Sünden der Allianz EVG und Deutsche Bahn wieder wett machen. Das bedeutet natürlich, dass dies dem Konzern mehr Geld kostet, was er für sein Personal nicht ausgeben will. Und weiteres Geld wird lieber in sinnlosen Großbauprojekten wie Stuttgart 21 verpulvert, die beispielsweise in Baden-Württemberg die Pflege und den Ausbau der Infrastruktur für mindestens ein Jahrzehnt lahm legen.

Nun ist es so, dass der bisherige Grundlagentarifvertrag der GDL in diesem Sommer auslief und im Bereich Zugpersonal ist überraschenderweise die GDL die größte Gewerkschaft: laut Bahn gibt es da ca. 37.000 Mitarbeiter, also Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, Rangierführer und Ausbilder. Davon sind 19.000 Mitglied in der GDL, 8.000 Mitglied in der EVG und 10000 gewerkschaftslos.

Die GDL will natürlich auch jetzt neben der bisherigen Berufssparte Lokführer die Mitglieder dieser anderen Arbeitsbereiche tariflich mit vertreten können und für dieses Recht streitet und streikt sie gerade, denn die Deutsche Bahn will eben genau das nicht. Man will einfach keine kämpferische Gewerkschaft im Hause haben, die sich noch tatsächlich für Arbeitnehmerrechte stark macht, sondern lieber den lahmen Papiertiger EVG, den man ordentlich geschmiert hat.

Natürlich gefällt das der Bahn nicht, und natürlich gefällt das auch der EVG nicht, die in dem Bereich einen massiven Machtverlust fürchtet. Und so kommt es eben in den Medien zu der Schmierenkampagne gegen die GDL, die wir gerade erleben dürfen und in denen der GDL-Chef Wesselksy als eine Art Attila, der Lokführerkönig gebrandmarkt wird.

Dabei sollte es einem aus Prinzip schon aufhorchen lassen, wenn sich regierende Politiker und Gewerkschafter in den Medien einig sind, dass eine andere Gewerkschaft es übertreiben würde. Denn bei einem solchen Schulterschluss kann einfach etwas nicht stimmen und das tut es auch nicht.

Man muss nur mal einen der üblichen, Schmierenberichte im Spiegel, Focus und wie sie alle heißen über den Streik genau lesen und analysieren: meistens besteht er zu 2/3 nur darin, wie frustriert Fahrgäste über den Streik sind, wie schrill und stark die Politik und Gewerkschafter und Wirtschaftsvertreter dann noch die GDL rund machen. Aber wo liest man in diesen Artikeln jemals wirklich etwas von den Forderungen der GDL und den Hintergründen? In einer ausgewogenen Berichterstattung müsste man der GDL mindestens 50% Platz in einem Artikel einräumen, aber das passiert fast nirgends.

Ergo haben wir es damit auch nicht um eine seriöse und objektive Berichterstattung zu tun, sondern um eine gezielte Schmierenkampagne, um den Streik der GDL und ihr Anliegen in den Dreck zu ziehen – und das Erschreckende daran ist, dass sogar ausgesprochen gut funktioniert. Anstelle das viele mal ihr Hirn einschalten und die Schmierenberichte kritisch lesen und hinterfragen, nein, auf die GDL wird nur eingedroscihen, wie es im Buche steht, weil die sind jetzt der Buhmann.

Ja, das ist traurig. Ja, das kennt man ja fast nicht mehr so heutzutage: eine Gewerkschaft, die noch wirklich streikt und für ihre Mitglieder in der Vergangenheit wirklich was erreicht hat und das auch weiterhin will und den Bereich ihrer Mitglieder noch ausdehnen will! Die GDL will eben nicht nur eine Spartengewerkschaft für Lokführer bleiben, sondern ja für alle Berufe im Bereich Zugpersonal verhandeln dürfen.

Und wenn jetzt einer fragt: warum kann es nicht nur eine Gewerkschaft und einen Tarifvertrag geben, wieso müssen sich denn da nun zwei Gewerkschaften darum streiten? Das liegt daran, dass es im Jahr 2010 dazu ein Grundsatzurteil gab, welches eben genau das möglich macht, denn damals kippte das Bundesarbeitsgericht die betriebliche Tarifeinheit.

Die Begründung der Richter damals war diese: „Es gibt keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können.“

Und seitdem ist eben genau das, was nun die GDL erreichen will, möglich. Über allem schwebt dabei das hohe Grundrecht des Streiks, und das frühere Verhältnis wiederherzustellen ist daher nur schwer möglich. Das, was jedenfalls Bundesarbeitsministerin Nahles wolkig als Gesetzentwurf für eine Tarifeinheit plant, wird höchstwahrscheinlich vor dem Hintergrund eben nicht sehr lange Bestand haben.

Außerdem ist Nahles‘ Entwurf eine Beschneidung des Streikrechts und – natürlich – Versuch, die Expansion der ungeliebten GDL einzudämmen. Die Politik mischt sich da eben massiv in das Geschehen ein, und wen wundert es, die Bahn ist ja nach wie vor im Grunde ein Staatskonzern.

Das Bundesarbeitsgericht hat das schon einmal gekippt, also ist es unwahrscheinlich, dass solch ein Ansinnen, dies erneut einzuführen, lange Bestand haben wird.