Hoch lebe das Mittelmaß!

Richtig gelesen, das oft unterschätzte und viel geschmähte Mittelmaß, es lebe hoch, hoch, hoch!

Was wären wir nur alle ohne das Mittelmaß, welches hoffentlich auf einer gewissen, guten Basis steht? Man könnte einerseits nicht nach unten sehen, um sich von diesen Bereichen abzugrenzen, andererseits aber auch nicht die Elite bewundern oder das, was sich für die Elite hält bzw. man für die Elite hält. Wenn es ständig nur Höchstleistungen gäbe, dann würden diese Höchstleistungen das neue Mittelmaß und es wäre ungleich schwerer, noch neue Höchstleistungen zu erreichen. Das ist ein Problem, mit dem übrigens inzwischen seit einigen Jahrzehnten ja der Spitzensport zu kämpfen hat, der biomechanische Bewegungsapparat Homo Sapiens hat einfach gewisse theoretische Maximalgrenzen, die in vielen Sportarten schon erreicht worden sind und ohne Doping ist da mit dem Verschieben der Meßlatte nach oben kaum noch etwas zu erreichen.

Natürlich benötigt man in vielen Bereichen ein gesundes Mittelmaß, und seien wir ehrlich, wir wollen es sogar und profitieren alle davon. Nicht jeder will zum Beispiel in diversen Rollenspielsettings dauernd täglich Höchstleistungen abliefern müssen. Manchmal ist es auch einfach schön, nur ein wenig abzuschalten, das Spiel fließen zu lassen und es einfach zu konsumieren. Warum auch nicht! Auch so können durchaus interessante Begebenheiten entstehen.

Gäbe es nur noch eine selbsternannte RP-Elite, die bestimmen würde, was wie wann wo gespielt werden darf oder auch nicht, dann wäre die Basis an Spielern ungleich schmaler und die verbliebenen Spieler würden früher oder später irgendwann in Schönheit sterben, vielleicht glücklich über ihre Leistungen aber unglücklich über das wenige Spiel, wenn nicht etwas unvorhergesehenes geschieht. Es hilft da durchaus schon einmal, wenn eine etablierte Sim dicht macht und die Hälfte deren Bevölkerung zu einem übersiedelt, so wie in Kassau geschehen.

Ebenso lässt sich das auf viele, andere Bereiche übertragen, wie zum Beispiel Musik. Ein mittelmäßiger Sänger kann durchaus auch ab und an ganz unterhaltsam sein, Paul Potts ist so ein Beispiel dafür. Man merkt ihm an, wenn er schwitzend auf der Bühne steht, er arbeitet wirklich ehrlich für seine Töne, liebt auch jeden Ton, der seine Kehle verlässt und liebt einfach seine Musik. Die Kunst besteht normal darin, dass man dem Sänger die Anstrengung eben nicht ansieht.

So ist das auch bei vielen Sängern in Second Life, und ich habe schon einige kennengelernt. Es gibt über sehr schlecht bis sehr gut sicherlich alles, wer zum Beispiel eine mittelmäßige Sängerin hört, die mehr Töne versemmelt als die Töne richtig trifft, der weiß immerhin auch, das ist ehrliche Musik, sie steht ehrlich dazu und traut sich etwas, was viele Musiker sich nicht trauen. Da werden Aufnahmen in Tonstudios bis zur Unkenntlichkeit aufgehübscht, und wer z.B. mal Britney Spears wirklich in natura hörte, dem fielen vor Schreck die Ohren ab. Heutzutage gilt da ja in der Branche mehr Schein als Sein, viele populäre Künstler sind in Wirklichkeit nicht mehr besser als das.

Der weitere, gute Aspekt des Mittelmaßes ist eben, dass es einen für das Außergewöhnliche und Spitzenleistungen sensibilisiert und lernt es, solche Momente auch zu schätzen. Es mag auch für Viele ein Ansporn sein, sich zu verbessern, während andere auf ihrem Sessel doch bequem sitzen bleiben mögen, und wieso auch nicht.

Kurz und gut, ein gesundes Mittelmaß ist wichtiger, als viele meinen und es gibt keinen Grund, es zu schmähen, im Gegenteil, es ist gut, dass es dies gibt!

Noch ein Schwachsinnslimit: Piercings sind OOC!

Es gibt ja nichts, was es nicht gibt, und sei es noch so schwachsinnig. Dabei gibt es aber dennoch immer wieder Zeitgenossen, die es schaffen die untere Messlatte weiter nach unten zu verschieben und das will schon etwas heißen. Manche kommen dabei auf Ideen, die so hirnverbrannt und schwachsinnig sind, dass man mit normaler Denkweise gar nicht erst auf so etwas kommt.

Heute las ich im Profil eines RP-Avatars das: „Piercings sind OOC.“ Ja, wat denn nu? Bisher hielt man es aus gutem Grund im RP noch immer so, dass alles, was man an einem Avatar sieht, auch IC verwendet werden kann. Wenn man es nicht im RP einbezogen sehen will, dann trägt man es einfach nicht und fertig, denn wer mag schon 30 Leuten erklären, dass diese Ohrringe da OOC sind und nicht anzeigen sollen, dass man früher mal Sklavin gewesen ist?

Aber so, was kommt da als nächstes? „Mein Dolch ist OOC, damit der sich nicht so schnell abnutzt und ich mir einen neuen kaufen muss?“ Keine Ahnung!

So bleibt mir da nur noch das hier:

Buchnahes Spiel: ja bitte, aber nicht zu eintönig!

Jedes Rollenspiel besitzt gewisse Grundtypen an Rollen, die man spielen kann. Diese Grundtypen sind dabei mehr oder minder gut beschrieben und voneinander auch unterscheidbar. Häufig ist ja eines der Grundprobleme im Rollenspiel das Prinzessinnen-Problem: wenn man schon im reellen Leben der Meinung ist, nichts zu sein, dann will man wenigstens im Rollenspiel mal so richtig die Sau rauslassen, sei es als Räuberhauptmann, Superheld oder gar König. Für scheinbar schlichte Rollen werden sich viel weniger Spieler auftreiben lassen können, die diese dann mit Begeisterung dauerhaft ausfüllen als für diese Extreme.

Ein weiteres Problem ist, und da fallen viele nur zu gerne schnell herein: die Grundtypen sind so etwas wie Rahmenvorgaben. Sie geben den Spielraum vor, innerhalb dessen sich die eigene Rolle bewegen kann, aber nicht auch in der Konstellation bewegen muss. Rollen, die allzu glatt oder zu mächtig sind, sind dabei meistens ein Problem und einfach langweilig. Wirklich interessant wird eine Rolle meistens erst dann, wenn man ihr einige Macken spendiert, die ins Rollenbild passen. So kann ein Krieger, der seine Tochter durch Feinde verloren hat, zum Beispiel zu einem desillusionierten Säufer mutieren und sich mächtig gehen lassen. Die Bäckerin betüttelt vielleicht alles, was auch nur entfernt wie Tier aussieht und kann da die Finger nicht davon lassen. Jemand drittes meint vielleicht, dass die Tiere zu ihm sprechen, und und und…

Wichtig ist also, wenn man ein Rollenspielsetting buchnah umsetzen will, dass man nicht versucht, die Ereignisse aus dem Buch einfach nur nachzuspielen, sondern es als Rahmenvorlage für eigene Abenteuer. Dazu kommt, dass manche Sachen auch einfach die in Büchern stehen auf Dauer für Spieler langweilig sein können. Wenn zum Beispiel jemand ständig nur kuschen muss, wie der Herr es will, kommt sicher dabei dauerhaft wenig Freude auf. Wenn man ständig nur unter sich ist, weil man vor Siedlungen Angst hat, ebenfalls, da bekommen viele dabei dann einen Koller.

Daher unterscheiden die Macken und Hobbies durchaus einen gut gespielten von einem sehr gut gespielten Charakter. Superman zu geben auf Dauer ist langweilig, wer wirklich Abwechslung reinbringen will, macht sich vorher Gedanken über die Rolle, spendiert der Rolle dabei gewisse Eigenschaften und Macken, auf der dann anderes Spiel aufbauen kann.

Weiterhin ist es so, dass viele Settings auch mächtige Überwesen kennen. Diese Überwesen sind, sofern sie nur spärlich auftreten, vollkommen in Ordnung und legitim. Meistens sind das Rollen, deren Besetzung am Besten von Spielleitern genehmigt werden muss, damit alles in geordneten Bahnen verläuft, denn häufig gilt hier: gibt es zu viele davon, dann wird es affig.

Ein Beispiel: wenn man ein Star Trek Rollenspiel aufzieht, dann kann es durchaus interessant sein, ab und an mal den nahezu allmächtigen Q auftreten zu lassen. Diese Auftritte werden dann sparsam dosiert und vorher auch gut durchdacht, damit das Spiel nicht zu sehr aus der Balance gerät. Wenn aber nun die Rollenwahl auch hier prinzipiell freigegeben ist und es treten auf einmal fünf Qs gleichzeitig auf, die dazu noch machen, was sie wollen, dann wird oft das Spiel für den Rest der Teilnehmer meistens sehr schwierig bis uninteressant, weil man dagegen nicht wirklich ankommen kann.

Einige Gedanken zu World of Warcraft

Nachdem ich einige Zeit lang mal WoW ausprobierte, dazu meine persönlichen Gedanken zu dem Spiel. Es macht ja stark das Wort von der WoW-Sucht die Runde; sicher, diese Leute gibt es durchaus, das Schwierige an der Sache ist dann aber erst einmal, wie man diese Leute erreicht. Solange sie nicht selber zur Einsicht gelangen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, ist jeder Hilfsversuch vergeben.

WoW als Spiel ist von Blizzard so gestaltet worden, dass man als Normalo einige Zeit braucht, um das Ziel (Level 80, ab Anfang Dezember Level 85) auch zu erreichen. Je länger der Kunde sein Abonnement von 12 € pro Monat aufrecht erhält, desto mehr Geld verdient man natürlich mit ihm und die drei Erweiterungen (The Burning Crusade, Wrath of the Lich King und Cataclysm) wollen schließlich auch an den Mann gebracht werden.

Dabei ist das Levelsystem geschickt gemacht, der Aufstieg geschieht am Anfang recht einfach, aber danach wird der Abstand von Level zu Level natürlich mehr. Die Erfahrungspunkte wachsen nicht linear, sondern steiler als das.

WoW weckt im Menschen einen der Urinstinkte überhaupt, den Jäger und Sammler. Man ist ständig auf der Jagd nach EPs und sammelt gute Items, seien das Waffen, Rüstungen und dergleichen, die einen weiterbringen. So funktioniert das. Dazu kommt, dass man ab einem gewissen Grad der Entwicklung seines Avatars sich stark mit der Idee konfrontiert sieht, in irgendeine der vielen Gilden einzutreten, da man so besser vorankommt und es Rätsel gibt, wo man einfach nur als Gruppe bestehen kann. Damit hat man dann einen Haufen neuer Freunde, die es aber natürlich nur in WoW gibt und außerhalb des Spiels gibt es meistens weniger Kontakt. Je nach Art der Gilde aber auch, vor allem wenn es eine Raidgilde ist, ist man damit dann gezwungen, seine Onlinezeiten stark auszuweiten, um mit dem Rest der Gruppe mithalten zu können. Gut, es zwingt einem keiner dazu, in eine Raidgilde einzutreten, aber sobald man es macht, hat man besser massiv Zeit für Gruppenkämpfe zur Verfügung.

Irgendwann sind dann viele soweit, dass sie sich eben von WoW gehörig ihr Leben diktieren lassen, „Ja, ich brauche nur noch Item XY“, „Nur noch schnell den Quest“ usw., weil der nächste Level ja nur noch X EPs entfernt ist und hey, das schafft man doch noch locker heute, wenn man sich ranhält.

Manche wollen auch am Ende ihren Avatar von den Items perfektionieren und den mit Gegenständen ausrüsten, die es nur in Dungeons mit diversen Bossen gibt, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass Boss X das gesuchte Item Y beim Tod fallen lässt, mehr oder minder gering ist. Also macht man den Dungeon, dessen Durchwanderung dann durchaus auch je nach Größe lange genug dauert, mehrfach, bis man es eben hat.

Daneben enthält ja auch WoW Berufe, die man üben kann, aber zum Üben braucht man auch Zeit, wenn man sie in Meisterschaft perfektionieren will. Manche Rohstoffe gibt es eben nicht im Handel erhältlich, wenn dann nur im Auktionshaus oder man holt sie sich selber. Farmen nennt man das.

Und wenn dann manche mit ihrem Hauptavatar am Ende der Fahnenstange angelangt sind, weil er alles hat, was es zu erringen gab, fangen sie einen neuen an, entweder in einer anderen Klasse oder gar Rasse, um mal zu schauen, wie das denn so ist.

Die Quests sind in WoW dabei integraler Bestandteil des Wachstums, da man durch das Questen schneller nach oben klettern kann als ohne. Allerdings sind die Quests dabei nicht besonders einfallsreich, sondern laufen in der Mehrheit immer nach Schema F ab. Entweder ist es „Bring Gegenstand von A nach B“ oder aber „Töte die Anzahl N von Monstern dort und dort und bring mir Y Zungen/Herzen/sonstwas von denen mit.“

Das macht aber auch nichts, da das Hauptaugenmerk von WoW eindeutig auf dem Kampf liegt, zu komplexe Rätsel will man da gar nicht haben, es soll ja für den werten Kunden einfach sein. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad ständig sanft nach oben, fast unmerklich aber dennoch, an.

Die NPCs selber, die man dann angreift, haben auch meistens die Intelligenz von Monstern aus „Serious Sam“ oder anders gesagt: sie sind dumm wie Stroh. Ihre einzige Intelligenz besteht darin, wenn es sich um aggressive Monster handelt, sich auf den Spieler alleine oder in Pulks zu stürzen um diesen anzugreifen, wenn er einem zu nahe kommt und fertig. Mehr ist da meistens nicht dahinter. Das macht aber auch nichts, denn so funktioniert das doch ganz gut.

Im Gruppenkampf, der ein wichtiger Bestandteil des Konzepts ist, gibt es auch meistens eine gewisse Rollenverteilung. Eine gute Gruppe besteht immer mindestens aus einem Nahkämpfer, der vorne kämpft und die Monster vom Rest der Gruppe fernhält, der Tank genannt wird (engl. Tank für Panzer), dann idealerweise mindestens aus einem Heiler (Healer genannt) sowie den Fernkämpfern, die zwar massig Schaden austeilen, aber nicht Einstecken können (Damage Dealers, also Magier und dergleichen).

Kurz und gut: WoW an sich ist ein Spiel, das natürlich von seinen Machern darauf getrimmt worden ist, dass es den Spieler möglichst lange an den Computer fesseln soll, für soziale Bindungen an das Spiel sorgt und dass dieses auch erstaunlich gut schafft. Logisch, je länger er es spielt, desto mehr Geld gibt er dafür aus, später gibt er vielleicht alleine das Geld dafür aus, dass man seine Avatare nicht löscht.

Solange man Geld dafür ausgibt, sagen sich auch viele „Hey, ich gebe dafür Geld aus, also spiele ich es auch weiter!“ – und so kommt es dann.

Man kommt schnell rein und wieder raus, es gibt ein klar vorgegebenes Ziel und bis man das Ziel (momentan noch Level 80) als Normalsterblicher erreicht hat, dürften mindestens 2-3 Monate vergehen. Spieler, die bereits WoW-Erfahrung haben, schaffen das dann mitunter auch schneller, aber anfangs rennt sicher keiner nur so durch die Level durch.

Wenn man sich das vor Augen führt, sollte man sich auch im Vorfeld darüber Gedanken machen, wie man damit umgeht. Das Spiel kann süchtig machen, damit das aber auch wirklich im Einzelfall geschieht, muss die Person dafür anfällig sein.

Wer wirklich mit WoW anfangen will, der sollte sich im Vorfeld wirklich ein hartes Zeitbudget dafür einteilen, meinetwegen nicht mehr als zwei Stunden am Tag das spielen und das dann eisern einhalten, sich ggf. dabei auch selbst kontrollieren. Ansonsten kann es sehr schnell und vor allem schneller, als einem lieb ist, uferlos werden, denn der Moment wo man sich sagt „Ey, der Level geht heute noch, WENN…“ und dann auch geneigt ist, so zu handeln, ist manchmal sehr schnell erreicht.