Juli 26, 2011

Zu Besuch in Ostia

Nachdem ich es ein wenig mit Ästhetik hatte, ist es mir mal ein Bedürfnis ein wenig über eine englischsprachige Sim zu schreiben. Ich war neulich durch Zufall auf der Sim Rive de Bois, die früher bei mir mehr unter Ballersim rangierte, zu Gast und besuchte dort die buchnahe Stadt Ostia. Die Sim ist heutzutage alleinstehend und wurde wohl vor kurzem völlig neu bebaut. Auf ca. 1/4 der Sim breitet sich die Stadt aus, daneben gibt es noch einen Wald mitsamt Pantherstamm sowie eine Gruppe die in den Dschungeln um Schendi angesiedelt ist, sagt zumindest die aktuelle Notecard mit den Regeln. Meter ist entweder das GM oder ein einfaches RP-Titler mit Würfeln, wer CM-Kampf nicht mag.

Die Stadt selber wurde von hauptsächlich von einem Builder, nämlich Jake Molinaro, erbaut, der zudem sehr viel Ahnung und gutes handwerkliches Können besitzt. Die Bauten selber sind eher einfach gehalten, aber in sich extrem stimmig und mit sehr guten Texturen versehen worden. Alles wirkt und ist extrem durchdacht, detailreich ist es sowieso und es fehlt so ziemlich nichts, was man in einer Stadt braucht. Man kann sich sogar regelrecht in der Stadt verlaufen, wenn man nicht aufpasst, die Straßen haben erhöhte Steine zum trockenen Überqueren für Fußgänger und es wirkt eigentlich alles wie direkt aus der römischen Antike entsprungen, es gibt sogar Kanäle, und und und… ich könnte noch stundenlang schwärmen.

Es ist momentan die am besten gebaute Sim seit langem, die ich besucht habe. Es passt einfach alles und wirkt – jetzt gebrauche ich das Wort bewusst – ungeheuer ästhetisch! So etwas habe ich in der Form bisher auf Deutschgor noch nie gesehen und es legt für mich die Messlatte ein gutes Stück nach oben, was stimmige Simbebauung anbelangt.

Naja, was sage ich noch groß, schaut euch einfach mal die Bilder an oder besucht die Sim selber, Taxi hier!

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Echte Rollenspieler und ihr blinder Fleck

Wir sind ja je nach Ansichtsweise im besten oder schlechtesten aller Leben, und das Leben könnte doch so schön sein: wir sind alle freiwillig im Rollenspiel, wir sind alle hier um miteinander Spaß zu haben und es ist für uns alle ein Hobby. Ja, so einfach könnte doch das Leben sein, nicht wahr? Ist es aber nicht, weil längst nicht alle mit denselben Voraussetzungen ins Rollenspiel einsteigen und das merkt man auch!

Eine Gruppe, die eigentlich besonders pflegeleicht sein sollte, ist dabei leider meiner Meinung nach  in der Praxis öfters auffällig und schwerer zu handhaben, nämlich die echten Rollenspieler aus der Pen&Paper-Ecke. Woher kommt das und was ist das Problem?

Ich erkläre es mir so: beim P&P-Spiel sitzt man sich gegenüber und erlebt das gesamte Spektrum der menschlichen Kommunikation ungefiltert, also Stimmlage, Mimik, Körperhaltung und Körpersprache. Dazu kommt, dass das Setting relativ feststeht, es meistens umfangreiche Regelwerke gibt und vor allem auch einen akzeptierten Spielleiter, der seine Pappenheimer kennt und dementsprechend mal einschreitet, wenn jemand zu sehr ausufernd spielen will. Dazu ist der Kreis der Mitspieler überschaubar, man kennt sich mitunter schon jahrelang untereinander und ist möglicherweise noch gut befreundet.

Dem gegenüber steht nun Second Life. Man spricht nicht, sondern spielt mittels von Avataren, die keine wirkliche Mimik rüberbringen sondern mehr emotionslosen, wenn auch schön ansehbaren Puppen gleichen. Um zu spielen bedient man sich des Textchats mittels Emotes. Nicht jeder tippt gleich schnell und gleich gut, die Sprache als Werkzeug beherrscht nicht jeder gleichermaßen virtuos. Dazu kommt, dass der Kreis der potentiellen Mitspieler ungleich größer ist, anonym ist, man sich eben nicht reell kennt und es auch meistens keinen Spielleiter gibt, der das Spiel lenkt oder von sich aus präventiv lenkend eingreift.

All das wäre kein Problem, wenn alle gleichermaßen diszipliniert spielen würden und vor allem auch die Erkenntnis hätten, das nicht jeder mit denselben Ansichten und Grundvoraussetzungen wie man persönlich ins Spiel einstieg eingestiegen sind. Das ist eben aber nicht der Fall.

Die echten Rollenspieler sind häufig eben, weil sie vom P&P es so gewohnt sind, an epischen Rollen mitsamt einer tollen Charakterentwicklung interessiert. Sie wollen Geschichten schreiben, mitgestalten, erleben, durchleben, viele auch gerne in wichtigen Positionen, also sind oft an Plots interessiert, die sich mitunter Wochen wenn nicht gar Monate hinziehen. Das ist ja an und für sich kein Problem.

Problematisch wird es aber dann, wenn die echten Rollenspieler anfangen in erster Linie nur ihr Ding zu sehen und dieses mit der Brechstange durchsetzen wollen. Oft haben sie dazu die nötige Erfahrung, sie wissen wie man sich eine Rollengeschichte auf den Leib schneidert, dass man in einer Stadt/Gesellschaft in einer mächtigen und nahezu unangreifbaren Position landet, so dass sie in character dazu die Möglichkeit haben und der Rest der Spielerschaft es bestenfalls genervt ignorieren kann. Wenn er Pech hat, dann ist es aber so, dass sich dabei ein gehöriger OOC-Unmut aufbaut, weil die nicht so ganz erfahrenen Rollenspieler sich nicht mitgenommen fühlen, sondern es zu einem Konflikt kommt. Es wandelt sich das Miteinander zu einem Gegeneinander, es kommt schlimmstenfalls in der Gruppe selber zur Grüppchenbildung, und diese Minigruppen stehen noch zueinander unversöhnlich gegenüber.

Nun ist es dann aber so, und das ist der blinde Fleck, dass die echten Rollenspieler da ab einem gewissen Punkt eben nicht mehr mit sich reden lassen, sondern sie in erster Linie nur ihr Spiel sehen und gar nicht verstehen wollen oder können, wieso sich der Rest der Spielerschaft so über sie aufregt. Wenn sie dann noch nicht einmal OOC mit sich reden lassen, sondern es nach dem Motto „Macht mir doch bitte OOC nicht mein Spiel kaputt, sondern löst das IC, danke.“ abbügeln, dann ist meistens völlig der Ofen aus. Spätestens ab dann wird der Konflikt zu einem veritablen Kleinkrieg oder aber die ersten Spieler verlassen wegen der ignoranten, echten Rollenspielfraktion entnervt die Sim und suchen fortan lieber woanders eine neue RP-Heimat, wo das Miteinander noch wirklich gepflegt wird.

Das Problem dabei ist eindeutig, dass in einer P&P-Session schon längst mal der Spielleiter dem Delinquenten die Ohren lang gezogen hätte, aber so etwas im RP in Second Life meistens – wenn überhaupt – zu spät und zu zaghaft passiert. Da aber die echten Rollenspieler so eine ungeahnte Freiheit in der Rollenentwicklung haben, nutzen sie diese – und das muss nicht einmal boshaft sein – auch entprechend aus und finden das dabei noch sogar toll. Was das allerdings für den Rest der Gruppe bedeutet, tja, das sehen sie oft leider nicht.

Das habe ich schon oft genug erlebt, teilweise selbst mitgemacht und es wird auch weiterhin oft genug im SL-RP passieren.

Die grausame Herrin Ästhetik

Vor kurzem schrieb Aeneas bei sich einen Post über seine grausame Herrin, die Ästhetik, und wie diese ihn gar fest in den Klauen hält. Kurz und gut, er braucht eine visuell stimulierende Gegend und nicht einen wie dahin gerotzt aussehenden Prefabhaufen von der Stange, um sich wohl zu fühlen. Ohne eine gute Ästhetik kommt bei ihm höchstens ein Brechreiz auf und er mag da gar nicht erst spielen.

Tja… unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Meinungen. Einerseits kann ich es verstehen, andererseits aber macht eine schöne Ästhetik alleine noch kein Rollenspiel, es kann aber sehr wohl gutes Rollenspiel auch bei furchtbarer Ästhetik geben und Geschmäcker sind sowieso total verschieden. Wen aber die Ästhetik so erbarmungslos in den Klauen hat, der wird es vermutlich fast überall ziemlich schwer haben, überhaupt in Spiellaune zu kommen.

Die Veranstaltung nennt sich immerhin noch Rollenspiel und nicht Architekturseminare für Simbesitzer und deren Aufbaukurse gescheites Terraforming sowie supertolle Eigenbauten. Mir fällt dazu die alte Geschichte vom Fischer und dem Meer ein.