Second Life und World of Warcraft – ein kleiner Vergleich

In den letzten Tagen habe ich mit der Streamingversion von World of Warcraft einen Probeaccount gespielt. Das klappte sehr gut, der Download des Clients war recht kurz und die nötigen Daten auch flott auf dem Rechner übertragen. Nun ist WoW ja ein Erfolgsmodell ohnegleichen, es gibt über 11 Millionen monatlich zahlende Spieler und die Firma Blizzard verdient sich daran dumm und dämlich. Schätzungen zufolge erzeugt WoW etwa eine Milliarde US$ Umsatz im Jahr.

Von der technischen Seite her gesehen ist die Serverseite um einiges einfacher als bei Second Life. Es gibt zwar Streaming bei einigen, aber die Welt ist genormt. Durotar sieht nunmal auf jedem Bildschirm gleich es, ebenso die Waffen, Geräusche etc., was dafür sorgt, dass die Server sich normal nur darum kümmern müssen, die Bewegungen und Zauber der einzelnen Avatare zu bearbeiten, sie müssen nicht noch ellenlang irgendwelche Objekte oder gar Texturen streamen. Das bedeutet, dass auf einem Server sicherlich tausende Spieler gleichzeitig unterwegs sein können, ohne dass er in die Knie geht und die Leute haben dennoch ihren Spaß.

Weiterhin ist es so, während SL eine Plattform mit benutzergenerierten Inhalten ist, ist WoW eindeutig ein levelbasiertes Hack’n’Slay. Bei WoW gibt es ein eindeutiges Ziel, das für viele „Erreiche Level 80“ bedeutet, es gibt genormte Rassen, Hauptberufe und Nebenberufe. Man kann einen Avatar dabei skillen, allerdings gibt es beim System in WoW bewusst nicht den Meister aller Klassen, sondern man muss sich spezialisieren. Das wiederum und die Tatsache, dass es auch zum Zusammenspiel Gilden fest eingebaut gibt, fördert ungemein Teamplay.

Eine gute Metzelgruppe besteht dabei immer aus Spielern, die sich auf verschiedene Aspekte des Spiels spezialisiert haben. Ganz wichtig ist, dass an vorderster Front zumindest ein Tank, also auf deutsch Panzer, spielt. Das ist immer ein Spieler, der im Nahkampf sehr viel einstecken, aber auch deftig austeilen kann. Aber er muss eben direkt an die Monster ran und diese so an sich binden, so dass sie auf ihn eindreschen. Neben dem Tank gibt es dann auch meistens Spieler dabei, die besonders kräftig Schaden aus der Ferne austeilen, dafür aber weniger gut Schaden einstecken können. Damage Dealer nennt man die gerne, wie zum Beispiel ein Magier. Diese können entweder direkte Treffer landen oder fabrizieren in späteren Stufen deftige Flächenschäden. Neben den Damage Dealern wäre es auch gut, wenn in einer solchen Gruppe noch mindestens ein Heiler oder Healer mit dabei ist. Das hat den Vorteil, dass er die Spieler auch mal heilen kann, die nicht selber über Regeneration verfügen, es so flotter zur Sache geht und wenn ein Spieler mal im Kampf stirbt, dann kann er ihn direkt vor Ort wiederbeleben. Er spart also ungemein Zeit und sorgt dafür, dass die Gruppe schlagkräftiger ist und länger durchhalten kann.

Da bei WoW alle Waffen genormt sind und keine von Spielern geskripteten Objekte, ist es natürlich schwerer, dort zu betrügen – es ist aber möglich. Sollte Blizzard aber das herausfinden, dann ist man sofort seinen Zugang los.

Um seinen Charakter aufzubauen, ist es in WoW unerlässlich, seinen Level voranzutreiben. Dies geschieht entweder durch Kämpfe oder Quests. Meistens macht man beides abwechselnd, da man bei Quests zur Belohnung neben Erfahrung oft auch bessere Objekte als gewöhnlich erhältlich bekommt.

Es gibt Hunderte an Quests, für jeden Level ist da auch etwas dabei, aber das Design der Quests ist doch recht eintönig. Entweder geht es darum, etwas von A nach B zu bringen oder x Monster einer beliebigen Art zu töten und dann dafür eine passende Anzahl an Beweisobjekten zurückzubringen. Quests sind damit Mittel zum Zweck, den Charakter zu entwickeln, phantasievoll und abwechslungsreich aber sieht anders aus. Macht auch nichts, denn im Vordergrund steht für viele der Kampf als solches, zu komplexe Quests würden da die Masse nur abschrecken.

WoW bezieht seinen Reiz daraus, dass man seinen Avatar entwickeln und spezialisieren kann sowie den Gruppenkämpfen. Das System ist fein austariert, einen Meister aller Klassen gibt es nicht und man benötigt dafür eben einfach Zeit. Wenn man denn das erst einmal Level 80 erreicht hat, ist für viele noch der Reiz darin, den Avatar mit besonders seltenen Gegenständen auszurüsten und in den Berufen zur Höchstform zu treiben. Ein Normalsterblicher dürfte durchaus 2-3 Monate benötigen, um einen Avatar auf Level 80 zu bekommen, und es ist auch ganz klar, zu einfach macht Blizzard das bewusst nicht, man will ja schließlich Geld verdienen.

Ist das erst einmal geschafft, dann machen manche womöglich einen neuen Avatar nach dem Motto „Mal schauen, wie lange ich nun brauche, um den auf 80 zu hieven“, andere spielen einfach nur so weiter oder hören ganz auf.

Wie auch immer, das simple Belohnungssystem von WoW ist strikt darauf getrimmt, den Jäger und Sammler in jedem Spieler zu erwecken, und das schafft es auch prächtig.

Während WoW ein sehr gut gemachtes Spiel mit eindeutigem Rahmen und Ziel ist, ist SL eine Plattform für alles mögliche. Damit ist SL natürlich ungleich flexibler, aber auch komplizierter und nicht jedermanns Sache. WoW hat den Vorteil als Spiel, dass man (scheinbar) schnell rein und wieder raus kann, ein paar Monster sind flott umgelegt. Wer seinen Avatar schnell vorantreiben will, der metzelt einfach ohne Ende und macht einen Quest nach dem anderen sowie ab einem gewissen Level Dungeons, dann geht das schon einigermaßen. Zeit benötigt es natürlich dennoch flott mehr, als man anfangs glauben mag.

Andererseits kann man sich ja auch in jedem beliebigen Ding verlieren, egal ob SL, WoW oder Fernsehen. Jeder wählt sich das Gift, das ihm persönlich am Besten schmeckt, und in Maßen genossen spricht gegen keines der Dinger etwas, nur werden „echte“ Rollenspieler meistens über WoW nur die Nase rümpfen, denn der rollenspielerische Anspruch steckt doch stark im Hintergrund.

3 Gedanken zu „Second Life und World of Warcraft – ein kleiner Vergleich“

  1. Ah, WoW… Droge der Wahl für Millionen sozial auffälliger Teenager. 😉
    Die Sache mit den Quests wird dezent abwechslungsreicher, sobald Du in die beiden Addon-Gebiete „Scherbenwelt“ (60 bis 70, beziehungsweise Startgebiete der Rassen „Blutelf“ und „Draenei“) und „Nordend“ (70 bis 80) kommst. Dennoch bleibt es im Grunde gleich. Wenn Du RP suchst, solltest Du um WoW sowieso einen gar nicht weit genug zu steckenden Bogen schlagen, da die Mehrzahl der Spieler selbst auf mit „RP“ gekennzeichneten Realms (ich z.B. spiele auf dem RP-Realm „Silberne Hand“ auf Hordeseite) nur gelegentlich über „LOL“ oder „Thx“ hinauskommt. Im Prinzip hilft nur, sich schnellstmöglich eine Gilde mit erwachsenen Mitgliedern zu suchen, da man sonst schlicht verzweifelt.
    Was Spaß machen kann, ist die Geschichte der Spielwelt in manchen Questreihen nachzuverfolgen, was gerade in den Addongebieten sehr hübsch eingewoben ist.
    Ansonsten hast Du schon recht erkannt: Im Vergleich zu SL-Gor hat es natürlich das weitaus attraktivere Kampfsystem (und ist weniger FPS-Abhängig), ist aber eher Fastfood gegen Hausmannskost. Ebenso ist natürlich User-generierter Content weitaus motivierender als das drölfzigste neue Haustierchen.
    Ich spiele es zur Abwechslung ganz gerne, bin völlig unehrgeizig und fahre damit sehr gut.

    1. Richtig, daher nenne ich es ja auch eben Hack’n’Slay, das ist schließlich die Hauptbeschäftigung. Kämpfen bis zum Umfallen und den Avatar hochleveln. Übrigens ein uraltes Konzept, das schon in diversen MUDs seit Jahrzehnten prächtig funktioniert hat und es bis heute tut. Es ist damit erstmal scheinbar „schnell rein und wieder raus“, ist aber der Jäger und Sammler erst einmal geweckt, dann ist Selbstdisziplin angesagt, sonst kann es ins Uferlose wachsen.

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