Hat Second Life seine besten Zeiten hinter sich?

Auf Sluniverse gibt es gerade einen sehr interessanten Thread, der sich erfreulich sachlich und unaufgeregt dem Thema widmet, ob Second Life seine besten Zeiten inzwischen hinter sich habe – oder nicht.

Der Thread ging damit los, dass der Threadstarter Jauani die Frage stellt, was mit Second Life passiert sei – früher sei es hip gewesen, drin zu sein, heute dagegen wäre es vielen seiner alten SL-Freunde peinlich, noch mit Second Life in Verbindung gebracht zu werden. Was also ist passiert?

Zuerst gibt es ein wenig Geschichte – früher war es tatsächlich so, dass bis 2006 Linden Lab noch den Clubs für Events Geld bezahlte. Man wollte wohl eine lebhafte, interessante Szene haben und förderte diese so, aber irgendwann in 2006 wurde das Programm ersatzlos gestrichen und die Clubs waren fortan auf sich alleine sgestellt.

Einige sehen ein Problem darin, dass Linden Lab keine Geschäftsstrategie habe, wieder andere bringen es auf die einfach Formel: Second Life ist eine fantastische Idee und Linden Lab eine grottenschlechte Firma.

Die in meinen Augen beste Analyse aber in dem Thread stammt dabei von Penny Patton; hier ist ins Deutsche übersetzt, was sie dazu zu sagen hat:

Second Life war und ist eine großartige Idee, aber Linden Lab hat jedesmal den Ball fallen lassen, wenn sie die Möglichkeit hatten sich ihn zu schnappen. Nun haben wir Rodvik, der sich in Schadensbegrenzung übt. Es wird sehr, sehr lange brauchen, die zwölf Jahre an schlechten Entscheidungen und an Entwicklung in Schlüsselgebieten rückgängig zu machen.

Linden Lab hat versagt, die Inhaltsersteller mit den Werkzeugen und Funktionen zu unterstützen, die diese brauchen würden um Inhalte zu erstellen, die für normale Bewohner interessant und bezaubernd wären. Dieser Mangel an Unterstützung und Werkzeugen hat eine große Menge an potentiellen Inhaltserstellern aus Second Life vertrieben. Warum sollte man für Second Life etwas bauen, wenn es viel einfacher ist, Sachen für Unity, CryEngine, iDtech, Unreal usw. zu erstellen? Die letzteren könnten einem zudem helfen, einen Job zu bekommen, der besser bezahlt wird als die besten Inhaltsersteller in Second Life jemals zu träumen wagten.

Linden Lab hat darin versagt, die Community mit den sozialen Werkzeugen zu versorgen, die notwendig sind um einfach und intuitiv die diversen Communities und Inhalte zu finden. Die meisten ihrer Versuche, die sozialen Werkzeuge zu verbessern hatten den gegenteiligen Effekt.

Linden Lab hat darin versagt, Second Life kompetent zu fördern. Alles, angefangen von den schlechten Starteravataren zu den hässlichen, Linden gehörenden Umgebungen und DPW Projekten verjagt die potentiellen, neuen Benutzer durch das schlechte Aussehen. Das ist einfach nicht der Weg, wie man Leute nach Second Life bekommt und ihnen das Potential zeigt, was sie erschaffen könnten.

Linden Lab ruhte sich auf seinen Lorbeeren aus und versagte selbst im Bedienen von einfachsten Funktionen. Uns wurde bis zu dieser Woche gesagt, dass clientseitige AOs unmöglich seien (trotz des Faktes, dass Phoenix&Co. das bereits seit Jahren erfolgreich vorgemacht hatten). Uns wurde bis vor zwei Jahren gesagt, dass das Maskieren von Avataren unmöglich sei, bis auch das sich als falsch herausstellte.

Materialien und Normal Maps gibt es nicht. Der Aussehen-Editor ist auf so vielen Ebenen kaputt, dass er Avatare mit 2,50 m Körperhöhe und ellenlangen Armen garantiert. Die Kameraplatzierung ignoriert konsequent Jahrzehnte des Experimentierens und Praxis in der Videospielindustrie. Linden Lab hat kürzlich ein Alignment-Tool verworfen, welches Second Life eine der besseren und einfacheren Lösungen im Vergleich zu anderen 3D-Editoren gebracht hätte.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Übrigens ist einer der Gründe, der wirklich bis jetzt Opensim daran hindert Second Life zum Frühstück zu verspeisen, dass die Opensim-Entwickler sich selbst dadurch klein machen, dass sie viele der fatalen Fehler von Linden Lab kopieren. Würden sie das realisieren und diese Fehler beheben, dann wäre Linden Lab in ernsthaften Schwierigkeiten.

Wie auch immer, Rodvik scheint die Probleme anzugehen, aber es wird ihn einige Zeit beschäftigen. Er muss die innere Einstellung von Linden Lab grundlegend ändern, all diese Probleme lokalisieren, herausfinden wie man sie am Besten lösen kann und all das braucht seine Zeit.

8 Gedanken zu „Hat Second Life seine besten Zeiten hinter sich?“

    1. Könnte könnte es vieles. ALlerdings ist es so, dass Rodvik Linden ja das Lab an mindestens einem neuem Produkt arbeiten lässt, welches noch in diesem Jahr vorgestellt werden soll, um der Firma neben Second Life ein weiteres Standbein zu verschaffen. Was es sein wird, darin hüllt sich das Lab in Schweigen.

      Rod selber hat ja in der Spieleindustrie sehr viel Erfahrung sammeln können und erfolgreiche Marken (mit) aufgebaut. Für ihn dreht sich in Second Life erstmal alles um die „Gamification“.

      1. Second Life braucht definitiv eine „Gamification“!
        Es ist bereits sehr offensichtlich welche Aktivitäten die User interessieren.
        Ich finde, dass Second Life von Anfang an eine Download- und Cachefunktion für Server hätte haben sollen.
        Nach allem was ich gehört habe hatte SL sogar soetwas, jedoch wurde es verworfen.
        Ein Konkurrenzprodukt, das zum Glück für LL aus anderen Gründen gescheitert ist, hat so eine Funktion und ich finde sie Großartig: man kann einfach die Server, auf denen man sich am häufigsten herumtreibt, vorab speichern, betritt man den Server lädt man von der Festplatte, statt vom Server. Wenn wir jetzt das Beispiel Clubs hernehmen, wo ohnehin bereits enorme Mengen an Bandbreite verballert werden, ist das Wegfallen der Sim-Downloads ein enormer Performance boost, vermutlich auch auf beiden Seiten.

        Second Life braucht auch unbedingt bessere Avatare!
        Gerade auf dieser Plattform, wo das Erscheinungsbild den absoluten Vordergrund bildet, hätte es bessere Möglichkeiten geben müssen Avatare zu gestalten.
        Als Content Creator hat man die Wahl zwischen € 30.000,- Programmen, oder Blender, welches grottenschlecht zum erstellen von ganzen Avataren ist und ein Addon braucht, um es überhaupt zu ermöglichen.
        Jedoch ist gerade hier eine große Auswahl von den Communities gefordert.
        z.B. Furries, Nekos und Fantasy Cosplayer brauchen zusätzliche Knochenpartien.

        Die Server sind außerdem ziemlich winzig.
        Der Platz ist nicht sonderlich groß, die Polygonzahl sehr eingeschränkt und dann gibt’s da noch das Problem mit den Scripts.

        Viele haben auch schon versucht Spiele in SL einzubauen, jedoch mit eher magerem Erfolg.
        Im Grunde läuft alles auf den Chat hinaus. Man muss alles im Rollenspiel abklären, da keine Dynamischen Bewegungen möglich sind und Sachen wie Schusswaffen oder Schwerter einfach nicht richtig funktionieren.
        Man sollte vielleicht langsam daran denken die dinge vorauszuprogrammieren, statt sie über das Scriptingsystem rudimentär möglich zu machen.
        Multiplayer Shooter haben vorgezeigt, dass die Bewegungen der Spielfiguren viel flüssiger dargestellt werden können und Treffer auch richtig registriert werden können, sowie dass die darauffolgenden Reaktionen zeitnah stattfinden können, und nicht eine Minute zum laden brauchen müssen.

        Es klingt vielleicht, als würde dies nur eine Perspektive vorzeigen, allerdings sollte dabei auch bedacht werden wie viel erfolgreicher SL wäre, würden User ihre eigenen Spiele erschaffen und online stellen können.
        Programme wie z.B. Gary’s Mod haben es vorgemacht und SL hätte weit mehr Potenzial.

  1. >> Der Aussehen-Editor ist auf so vielen Ebenen kaputt, dass er Avatare mit 2,50 m Körperhöhe und ellenlangen Armen garantiert.

    Kleine Korrektur: „gimp armed 8′ tall avatars“ könnte imho passender mit „2,50m lange Avatare mit Zwergenarmen“ übersetzt werden. =)

    Penny hat in vielem Recht, besonders was Proportionen, Default-Kameraplatzierung und die Maßstäbe in SL angeht. Und die mangelnde Promotion durch LL mit der (bis vor kurzem) völlig fehlenden Werbung an und hört mit dem dummerweise gestrichenen CG-Programm noch lange nicht auf. Und wenn man sich mal die Bilder und Videos auf der SL-Webseite anschaut, dann sieht man dass jeder einigermaßen erfolgreiche Shop-Owner, jeder mittelmäßige Machinima-Ersteller weit besseres anbringen könnte.

    Aber „Warum sollte man für Second Life etwas bauen, wenn es viel einfacher ist, Sachen für Unity, CryEngine, iDtech, Unreal usw. zu erstellen?“ – das ist meiner Meinung nach übertrieben. Okay, für Sculpts/Meshes mag es *vielleicht* stimmen, da kenne ich mich nicht so aus. Aber nicht jeder baut damit, und es ist im Gegenteil kinderleicht, ohne Zuhilfenahme von externen Programmen Sachen inworld zu bauen, solange man normale Prims dazu nutzt.

    @Gerd: „Könnte so eine Einstellung, von Linden-Lab, nicht auch das Ende von SL bedeuten?“
    Dann wäre das Ende von SL bereits vor 2008 dagewesen – was nicht der Fall ist. Ich denke eher, dass die Einschätzung „LL ruht sich auf seinen Lorbeeren aus“ tatsächlich zutrifft: Bislang gibt es keine Virtuelle Welt, die auch nur in die Nähe einer ernsthaften Konkurrenz für SL kommt – also wieso anstrengen? Nur dass es imho tatsächlich besser für LL wäre, sich anzustrengen, damit es noch attraktiver (sowohl für Stammnutzer als auch für Neuankömmlinge), noch besser wird – sonst kann es passieren

    1. Ich denke nicht, dass sich Linden Lab ausschließlich auf seinen Lorbeeren ausruht, dazu gabs einfach auch seit 2008 zu viel Neuerungen, die mehr oder weniger bedeutsam sind, wie eben Mesh oder nun doch auf einmal einen clientseitigen AO, den es als Ticket im JIRA glaube ich auch schon mindestens seit fünf Jahren gibt.

      Was es eher trifft ist, dass das Gesamterlebnis sich stark gewandelt hat und vielen ist Land eben inzwischen zu Lindenpreisen zu teuer, die sehen was Opensim kostet und fragen sich, wieso sie in Second Life noch so hohe Gebühren bezahlen müssen, dazu kommt die dysfunktionale in world Suche plus der Market Place, über den inzwischen sehr viele Umsätze erledigt werden. Opensim kann bisher zwar nur bedingt mit SL konkurrieren, aber alleine der Gedanke dass es das tun könnte reicht bei vielen dafür aus, dass es bereits in preislicher Hinsicht Second Life mehr und mehr unter Druck setzt.

      Die Frage ist eher, tut Linden Lab genug dafür, die Leute nach Second Life zu bringen und zu halten – das würden viele nach wie vor deutlich mit Nein beantworten.

      Für Bildungsträger ist Opensim inzwischen sowieso das gelobte Land: die wollen einfach ihre Klasse möglichst ohne Ablenkungen unterrichten, alles selber unter Kontrolle haben und das extrem preiswert. Second Life kann das nicht sein und Linden Lab wollte diese Kunden auch nicht mehr haben, also finden sich die Meisten inzwischen in OS wieder.

  2. ja aber wenn du die Geshcihte noch genau in Erinnerung hast, dann weißt du auch,d ass der Igel nur durch eien Liste immer wieder gewonnen hat ^^

    1. Ja, aber ist Linden Lab ein Igel? Ich weiß es nicht… besser ist es aber, wenn Rod Humble den Laden mal auf Moderne trimmt.

      Rods Credo ist ja „Gamification“, da will er hin und schaden kann es Second Life keinesfalls, wenn es wieder verstärkt so wahrgenommen werden würde (anfangs), das gibt nämlich wieder besseren Zulauf.

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