Wie neulich angekündigt nun ein Post, der mal eine typische Festung einer Gruppe mit erhöhtem Schutzbedürfnis genauer unter die Lupe nimmt. Zunächst aber einmal ein Bild als positives Beispiel, das zeigt, wie man es machen könnte, eine Stadtmauer, bei der eben nicht „form follows function“ gilt und diesem Credo alles untergeordnet ist, sondern die Funktion höchstens die zweite Priorität gewesen ist.
Ladies and Gentlemen, and here we proudly present: die Stadtmauer von Lydius (Klick darauf zeigt es wie immer in voller Grösse). Gut gemacht!
Nach diesem positiven Beispiel nun also die besagte Festung. Kurz zu den Sharks: es handelt sich bei ihnen um eine der beständigen Piratengruppierungen, sie waren bereits auf dem allerersten Lydius unter Spitte noch direkte Nachbarn der Stadt, wohnten später bis zu dem Untergang der Sim auf der schönen Sim Moorland und wohnen nun auf einer Viertelsim (Fullprim), es gibt sie also grob geschätzt mindestens (mit kurzer Unterbrechung) zwei Jahre. Auf den Bildern ist, soweit nicht anders gekennzeichnet, oben der Norden.
Schauen wir uns zunächst einmal eine Karte an, denn nicht ist besser um sich einen Überblick zur Orientierung zu verschaffen als eine solche. Oben in der gelben Umrandung ist der Landepunkt für alle Gruppen. Es gibt im Osten der Sim noch eine weitere, aber normalerweise nehmen alle Angreifer direkt diesen. Es handelt sich dabei, wie so oft, um ein Schiff. Unten links im Südwesten der Sim rot eingezeichnet ist das Lager der Sharks. Der direkte Weg zum Lager ist in dieser Karte pink eingezeichnet und führt dabei nach 2/3 des Weges über eine schmale Brücke, die schwarz gekennzeichnet ist. Hinter der roten Umrandung direkt befinden sich die Befestigungsanlagen des Lagers, die Form erinnert entfernt an eine Bastionsmauer.
Sobald man etwa die Hälfte des Weges vom Schiff zum Lager hinter sich gebracht hat – also noch lange vor der Brücke – kann man bereits vom Lager der Piraten aus unter Beschuss genommen werden. Wichtig ist auch, dass die südlicheren Teile der Mauer einen Wassergraben haben, so dass die direkte Angriffsfläche vor dem Lager recht klein gehalten ist. Umgekehrt haben natürlich die Verteidiger die gesamte Mauer zur Verfügung und können von dort bequem alles unter Beschuss nehmen. Im Norden des Lagers der Shark ist übrigens ein Pantherlager, von dem aus man aber nicht wirklich angreifen kann, im Westen und Süden die Simgrenze, so dass man es normal nur von der Ostseite aus angreifen kann.
Die Simgestaltung folgt der alten Maxime der möglichst langen Weggestaltung für den Angreifer und Schaffung künstlicher Nadelöhre, durch die er gehen muss, um angreifen zu können. So eine Brücke ist einfach praktisch, auf der alle Gegner wie Perlen an einer Kette aufgereiht hinüber müssen, es kommt meist zu einem Stau und so kann man sie viel einfacher da unter Beschuss nehmen. Dabei wird das Terrain für mögliche Angriffe minimiert während die Verteidiger gleichzeitig auf möglichst maximaler Fläche agieren können. Berge dürfen auf der Sim nicht bestiegen werden, sie gelten als nicht passierbar.
Nun ist so ein Lageplan eine Sache, man darf nicht vergessen dass es sich bei Second Life um eine dreidimensionale Angelegenheit handelt, bei der man auch mit dem Terrain viel arbeiten kann. Mit einer Karte alleine kann man die Leistung des Baus nicht entsprechend genug würdigen, sondern da müssen weitere Betrachtungen her. Daher nun weitere Bilder zur Betrachtung.
Recht harmlos stellt sich, wie hier links auf dem Weg ersichtlich, der Weg vom Hafen ins Landesinnere dar. An den Bergen befinden sich mehrere Warnschilder, dass das Erklimmen der Berge generell verboten ist. Das Schild zur Mühle zeigt in die Richtung, in die es geht. Nur so harmlos, wie er sich darstellt, ist der Weg dann doch nicht. Keine Frage, die Sim ist schön gestaltet und bebaut.
Auf diesem Bild sehen wir nun die Brücke, die das Nadelöhr darstellt, über welches die meisten wohl gehen dürften. Direkt rechts neben der Brücke wurde strategisch geschickt ein Hügel plaziert, der dafür sorgt, dass die meisten unbewusst nicht über diesen gehen dürften, sondern auf dem Weg bleiben. Da sonst das gesamte Terrain topfeben gestaltet ist, ist dieser Hügel eine der wenigen Möglichkeiten neben der Mühle selber ein wenig Deckung zu finden.
Hier nun nochmal zur Verdeutlichung die Brücke mit dem strategisch plazierten Hügel und der Mauerfront des Lagers. Das gesamte Lager ist dabei so gebaut, dass es bis auf einem Turmganz im Westen keinen brauchbaren Ansatzpunkt für die allseits beliebten Enterhaken (oder wie fast alle sagen Grapple Hooks) gibt. Der Weg zu dem einzigen Punkt, von dem man aus also mit Enterhaken und Seil das Lager erklimmen könnte, folgt dabei der Tradition der Wegemaximierung. Gleichzeitig ist das für die Bewohner des Lagers ein großer Vorteil, da sie genau wissen von welcher Seite aus der Feind normalerweise ins Lager einfällt – sollte nicht mal wer natürlich vergessen haben, das Tor zu schließen, that’s it.
Auf den nächsten beiden Bildern sehen wir dank abgeschaltetem Rendering von Alphatexturen deutlicher, wie sich der Weg vom Hafen zum Lager gestaltet. Man kann diesen Weg ein wenig abkürzen, indem man durchs Wasser oder über den Hügel läuft, aber wie auf vielen Sims auch ist er mehr oder minder durchs Terrain ohne große Möglichkeiten der Variierung vorgegeben.
Auf diesem Bild sehen wir nun die Lagerfront mitsamt dem Terrain, Wassergraben und Fluchtturm. Die Front ist daraufhin optimiert worden, möglichst freies Schussfeld in alle Richtungen zu haben während der Gegner gezwungen ist, seinen Angriff hauptsächlich auf die neuralgischen Punkte zu konzentrieren. Auch dies ist eine übliche und weitaus verbreitete Gestaltungsart.
Betrachtet man sich die Mauer am Wassergraben genauer, so sieht man unten an den Mauern noch zusätzliche Spikes angebracht. Diese enthalten Schadensskripte, damit von dort keiner auf die Idee kommt, rein horizontal verlaufende Enterhaken zu setzen und dienen zusätzlich dem Schutz der Anlage. Nicht zu vergessen ist dabei auch der breite Graben, der sein übriges dazu tut.
Eine recht neue Mode ist es, quer über das Lager Seile zu spannen, damit man schnell von A nach B kommt. Über das Lager selber sind zwei Seile gespannt und am Fluchtturm noch ein weiteres zur Mühle. Hier zur Verdeutlichung auf dem Bild schwarz hervorgehoben zwei der Seile, die sich im Lager befinden. Später dazu auf einer weiteren Detailaufnahme noch mehr.
Auf diesem Bild sieht man das Seil vom Fluchtturm (hier noch nicht dargestellt) zur Mühle. Dies kann wohl zur Flucht verwendet werden, sehr wahrscheinlich gibt es – wie bei so vielen Anlagen dieser Art gerne üblich – noch einen Geheimgang, der irgendwo an einem entfernten, recht unscheinbaren Punkt der Sim endet.
Hier nun zur Abwechslungs mal eine Detailaufnahme des Tores, das natürlich normal verschlossen ist. Über dem Tor direkt befindet sich praktischerweise eine gut sichbare Falle mit Baumstämmen, die man fallen lassen kann und dann so entsprechenden Schaden anrichten können.
Erwähnenswert ist auch die extrem breite Mauer, beim Bau dieser wurden sehr gut die Arbeitsweise des Gorean Meters beachtet. Die Mauer selber ist dabei mindestens sieben Meter breit. Wichtig zu wissen ist, dass ja der Splashbereich des Gorean Meters bei Pfeilbeschuss 3,5 Meter beträgt. Durch den kleinen Sprung in der Mauer ist gut gekennzeichnet, ab welcher Stellung man entfernter gelegene Ziele gut beschießen kann, ohne dass man wirklich noch durch diesen Splashradius noch Schaden nimmt. Der Gegner müsste einen, wenn man dort steht, schon direkt treffen, was eine Kunst ist. Der kleine Vorsprung sorgt einerseits dafür, dass man beim Rennen nicht runter fällt und andererseits, dass daran auch Pfeile abprallen. Außerdem kann man sich in dem hinteren Breich auch
An der dem Wasser zugewandten Mauerseite gibt es zudem eine Reihe von unsichtbaren Prims, die aber nicht Phantom sind und zudem ungeskriptet. Der Sinn und Zweck derselben könnte sein, zusätzlich möglichen Splashschaden nach oben hin zu erschweren und zu minimieren, den man muss sich den Splashbereich als eine dreidimensionale Kugel mit Radius von 3,5 m Durchmesser vorstellen. Ganz sicher bin ich mir dabei aber nicht.
Auf diesem Bild sieht man mal noch einmal die Seile, diesmal mitsamt den Pfosten. Wie man sehen kann, endet die Primmauer ein wenig vor der Simgrenze, also könnte man dort im Falle der Fälle versuchen einzudringen. Allerdings dürfte das schwer sein und auch zudem gesichert.
Was natürlich ein gut gesichertes Piratenlager ist, das etwas auf sich hält, hat auch eine fest installierte Ballista. Diese ist auf diesem Bild gut ersichtlich, sie befindet sich wenn man vor dem Tor steht von dort aus gesehen rechts.
Alles in allem ist dies eine Festung wie aus dem Lehrbuch. Man selber hat das Lager in der Ecke der Sim gebaut, sich nach allen Regeln der Kunst gut eingeiigelt, von Anfang an möglichst breites Schussfeld auf den Gegner, während dieser wiederum nur sehr wenige Möglichkeiten hat, ins Lager einzudringen, da es kaum Ansatzpunkte für die Enterhaken gibt bis auf den einen Turm – und da erwartet das der Gegner wiederum. Wenn man also wissen will, wie man seiner eigenen Gruppe eine möglichst sichere Zuflucht baut, die auch größeren Raidtruppen durchaus standhält, dann kann man aus dem genauen Studium dieses mustergültigen Baus nur lernen, denn die reichliche Erfahrung der Erbauer in diesem Punkte wird bei allen großen und kleinen Details dieses Baus deutlich sichtbar.
Sicherlich ist es möglich, auch eine solche Festung im Kampf zu knacken, aber dafür muss man schon einen gehörigen Aufwand betreiben und mit einer ordentlichen Überzahl an Männern aufwarten, dabei sollte diese natürlich aber auch regelkonform sein. Sonst ist das recht unwahrscheinlich, dass man bei einem solchen auf Verteidigungszwecken hin optimierten Bau gewinnen kann.
Die Steigerung eines solchen Bauwerks ist die komplette Gestaltung einer Sim, die einzig und alleine auf maximale Verteidigung getrimmt worden ist. Auch das gab es (Stones of Silver) und gibt es nach wie vor. Spitte selber schrieb ja schon früher über das starke Sicherheitsbedürfnis von Piraten bei sich im Blog, wie man sehen kann hat sich das offensichtlich bis heute nicht geändert.
Ich persönlich würde für meine Gruppe, sofern ich denn auch externe Rollenspieleinflüsse in Form von Besuchern haben will, so nicht bauen, da es doch extrem wahrscheinlich ist, dass diese einem beim Anblick eines solchen Bauwerk schlichtweg meiden. Wie man sich bettet, so liegt man, aber wie heißt es so schön: your mileage may vary.
Ein Gedanke zu „Festungen Gors, Teil I: die Black Shark Piraten“