Learning by doing

Ich habe neulich ein längeres Gespräch mit einem kompletten Gorneuling gehabt, der gerade mal so etwa vier Wochen im RP unterwegs ist und das bisher auch nur in ein und derselben Gruppe. Dieser hatte von Gor keine richtige Ahnung gehabt, Bücher sowieso keine gelesen und als RP vorher nur Vampire gespielt. Ich nahm mir den mal beiseite und sagte dem OOC einfach, was so die Grundpfeiler Gors sind (Heimstein, Kaste, natürliche Ordnung), erklärte so einige Rollenbilder und die Miene wurde lang und länger. Dazu kam, dass der Neuling alles, was man nur falsch verstehen konnte, in den falschen Hals auch bekam und sich am Ende nicht mehr willkommen fühlte, nur weil man ihm mal OOC in Ruhe einige Rollenbilder beschrieb. Letzten Endes war die ganze Sache eine riesige Zeitverschwendung gewesen, dann meldete sich aber noch des Neulings Mentor und es ging in die zweite Runde, also wurde nochmal alles bis zum Exzess erneut aufgedröselt.

Des Lehrlings Mentor war der Meinung, die Bücher muss man fürs RP nicht gelesen haben – stimmt, aber es hilft ungemein, zumindest eines mal in den Händen gehabt zu haben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ebenso wie es nicht schadet, den Herrn der Ringe gelesen zu haben, wenn man sich in einem Mittelerde-RP bewegt, und und und… – und die Notecards würden reichen – stimmt auch, wenn es die richtigen sind, waren die richtigen, aber wenn man nur eine liest, ist das auch ein wenig dürftig – und ansonsten sei am Besten einfach drauflos spielen und sich so Wissen aneignen. Also das Ganze wirkte auf mich so, dass dort nicht gerade besonders viel Wissensvermittlung stattfand noch stattfindet, sondern man spielt einfach so munter drauflos und wenn man was wissen will, hier bitte, hast du Notecard, da steht alles drauf, lese es und gut ist es.

Ich entgegnete darauf nur, Moooment, wenn ich meinen Führerschein mache, lerne ich auch nicht nur die Verkehrsregeln, die mir persönlich gefallen, sondern alle, denn sonst fliege ich schnell im Straßenverkehr auf die Schnauze. Genauso sehe ich das auf Gor. Wer zum Beispiel eine freie Frau spielt, sollte wissen, was Sklaverei bedeutet und auch mit dem Begriff der Panther etwas anfangen können, wer eine Panther spielt, was Panther eigentlich sind und was ihnen bei Gefangenschaft blühen könnte, ein Krieger, was ihn ausmacht, und und und…

Kurz, ich halte das für den völlig verkehrten Ansatz, wer mit Gor anfängt, sollte zumindest die wichtigsten Begriffe verinnerlicht haben und damit etwas anfangen können. Also eben Heimstein, Kaste, natürliche Ordnung und die damit verbundenen Rollenbilder – nein Zeus, Torvaldsland gehört für mich zum wesentlichen Grundwissen nicht dazu. 😛

Ich hoffe, der Neuling wird auf Dauer glücklich werden, habe da aber so meine Zweifel. Wie dem auch sei.

Meine Frage an die werten Mitleser: habt ihr auch schon solche Fälle erlebt, wo die Leute einfach nur mit einer Notecard bewaffnet drauf los spielten und wenn ja, was ist aus denen geworden? Kann das gut gehen, was braucht es, damit es gut geht (ich nehme mal an, einen Mentor der sich wirklich Zeit nimmt und dem Neuling tatsächlich was beibringt oder er liest sich selber ein) oder wurde das meist mehr ein Desaster?

Ring frei!

7 Gedanken zu „Learning by doing“

  1. *meld* Ich kenn da jemand – mich selbst. Und ich hatte nichtmal NCs. Ich hatte ´n Haufen Pew-Pew-Mercs, für die das „Tal“ vor dem unvermeidlichen „Bro´“ als Gor-Berührungspunkt nahezu ausreichte.
    Was aus mir wurde ist bekannt – ein Mitglied des Fundi-Trios. 😀

    Aber im Ernst: Du kannst die Leute nicht zu ihrem Glück zwingen. Wer wirklich Interesse an diesem völlig durchgeföhnten RP-Setting hat, der kommt recht schnell drauf, dass NCs nicht bei allem helfen, wenn man die Bücher und ihre Stimmung nicht kennt. Und man möchte dann auch selbst mehr wissen, so dass man um die Lektüre von Stormynormans Werken eigentlich nicht herumkommt.

    Ich selbst habe nie eine NC ganz gelesen, mir reichte es, dass es in Lydius früher keine Tarnsmen gab, weil auf einer NC stand, dass es im Norden keine Tarns gibt. Ich verwies auf diesen Söldnerführer aus Band 7, dann war gut und wir haben seitdem Tarnsmen.
    Wenn die NCs alle so schlampig recherchiert sind, kann man die mir getrost flambiert servieren.

    Kajirae sind meist/oft sehr belesen, was Normans Geschreibsel angeht und daher hervorragende Mentorinnen (von kleineren Abweichungen wie dem „Northern Serve“ mal abgesehen). Das Beste ist meiner Meinung nach aber eine RP-Umgebung, in der auf das Gor-Gefühl auch bei Kleinigkeiten geachtet wird. Das in Verbindung mit Eigeninteresse und Lektüre hilft am Schnellsten, sich einzuleben.

  2. Vergebliche Liebesmüh… leider!

    Es gibt gute Notecards, sicher, sogar solche tollen Internetseiten wie meinen Kajiraguide…aber das ist nicht das Ende der Fahnenstange.

  3. Welchen Weg man einschlägt hat meiner Meinung nach auch viel mit Glück zu tun. Wenn der Freundeskreis eben nur Müll erzählt, wird man natürlich alles andere als unverschämten persönlichen Angriff werten. Ich weiss auch, dass vor „diesen ewigen langweilgen BtB Buchnachspielern“ am Anfang direkt gewarnt wird.

    Ich hab beides erlebt, unverbesserliche, die jeden gut gemeinten Rat direkt als arroganten Angriff gewertet haben, aber auch Leute die dann sagten „Oh, danke für die Hilfe, ich glaube ich sollte mal nach einer anderen Gruppe schauen“. Syleena kann darüber auch ganze Romane schreiben mit ihrem GIC.

    Es gibt Leute die wollen eben, und manche nicht. Oft ist alles am Anfang schon vorbei, weil dem guten Freund glaubt man mehr als irgendeinem dahergelaufenen Fundi Veteran.

  4. Ich hab während meinen als OOC geplanten Reisen durch Gor einige erlebt, die mit Verlaub gesagt, den größten Quatsch raushauten – und dann noch bis aufs Messer stritten wenn ich ihnen die entsprechenden Zitate zeigte „Ja ich hab das aber anders in der Notecard!“, „Stimmt das da überhaupt?“ (das war zum Cylinder of knowledge), oder „Sowas brauch ich nicht, ich krieg das so mit!“ (ja das gabs auch). Zeusel hat recht: manche wollen einfach nicht.
    Ich muss sagen, manche können einfach so ins kalte Wasser des RP springen und lernen (wie Zasta) während des RP – wobei das aber Glücksfälle sind, meiner Meinung nach, und andere gehen ins andere Extrem und lesen (wie ich) erst mal alles, was sie über Gor finden (auch die ersten Bücher) BEVOR sie sich endgültig für eine Rolle entscheiden und im RP mitmachen. Jeder ist anders – aber das Interesse, die Hingabe zum RP mus stimmen.
    Andere wiederum werfen mal nen kurzen Blick auf einen Stapel Notecards, murmeln angenervt: „Ja ja, ich habs gelesen“, wurschteln sich irgendwie durch – und haben keine Ahnung worum es auf Gor eigentlich geht. Wieso sollte man auch in Notecards und Webseiten oder sogar Büchern lesen, vielleicht sogar noch etwas dabei lernen (Hilfe, bloß nicht lernen müssen, das gibt nur Kopfaua!!!!einself!!!), wenn man doch auch ohne das, beim Ballern und in den Fellen Spaß haben kann?

  5. Um etwas „erlernen“ zu wollen, muss man sich in der Regel auch dafür interessieren. Zumindest wäre das einem einfacher zu erreichenden Lernerfolg ziemlich zuträglich. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass einige einfach denken „Ok, die Romane sind doof, der Autor pervers und frauenfeindlich, also interessiert es mich nicht. Ich komme auch so klar“. Das ist natürlich fatal, vor allem wenn man bedenkt, das Gor Rollenspiel im Internet meiner Meinung nach aus der BDSM Ecke geboren wurde. Da ist es zwangsläufig zwingend, zumindest mit der erotischen Fantasie der Welt etwas anfangen zu können, kopfkinomässig. Ich kenne die alten Chats nicht, die Ultima-Online Server, den Rote-Seide Chat usw. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dort irgendwann Horden von „interessiert mich nicht, ich bin nur hier weil meine Freunde auch hier sind“ eingefallen sind. Auch sind viele – so vermute ich – in Wahrheit nur im Gor Rollenspiel, weil es einfach total hip ist, in SL was mit Rollenspiel zu machen. Gor ist zweifelsohne auf lange Sicht das einzige, was von der Spielwelt halbwegs stabil läuft und wo man noch Leute trifft. Die anderen Welten kommen und gehen, und das dann oft völlig.

    Vielleicht ist das ein Schlüssel bei der Frage „warum ist das so?“. Keine Ahnung.

    Blah

  6. Also es sieht inzwischen ganz gut aus, gibt noch neue Mentoren und sogar die von mir empfohlene Rolle wurde auf einmal angenommen. Wunder geschehen.

    Es stimmt natürlich, zum Glück kann man niemand zwingen und auch Notecards gibt es solche und solche. Man kann sicherlich direkt reinspringen und so spielen, aber dann am Besten als Sklave unter Anleitung eines Spielers, der sich auch auskennt (wie z.B. Sklavenhaus Flamnium, dann absolut dafür!)

    Ansonsten bleibe ich dabei, wer so ins kalte Wasser springt, sollte die Grundzüge beherrschen (Heimstein/Kaste/Sklaverei) und die wichtigsten Rollenbilder, denn sonst wird es zu schwierig zu spielen und auch abzuschätzen, wohin sich die Rolle entwickeln könnte.

  7. Die individuellen Grundlagen eines SL-Gor-Neulings sind viel viel zu unterschiedlich, als das man eine allgemeingültige Aussage darüber treffen könnte, welcher der vielen Wege letztlich „erfolgreich“ nach Rom führt.

    Von der Tendenz her ist eines jedoch am erfolgversprechensten: Sich als Spieler für einen Neuling Zeit zu nehmen, so wie Barth es machte. Ein „Erfolg“ ist dabei keinesfalls sicher, ja scheitert in 80% aller Fälle schon daran, dass es unter 10 Altgoreanern schon bestimmt 3 unterschiedliche Definitionen des Ziels von Erfolg gibt.

    Und dennoch: Das „sprechen“, das sich Beschäftigen mit den Neulingen ist letztlich der sicherste Weg irgendwas (im eigenem Sinne) zu bewirken. Und dazu gehört dann noch eine gewisse Toleranz *grinst mal zu Zeus rüber* im Spiel selbst, denn die Aussage „Lern erstmal 4 Wochen bevor du anfängst mit mir zu Spielen“ führt mit einiger Sicherheit nicht zum gewünschten Ergebnis. Trockenes Lernen ohne begleitenen Spielspass macht im Zweifelsfall nämlich wirklich nur Kopfaua.

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