Die Heiler und der Kastenwahn

Die zivilisierten Goreaner sind in Kasten organisiert. Kasten sind dabei für mich sehr gut mit mittelalterlichen Zünften vergleichbar, ein Zusammenschluss von Leuten der gleichen Profession zur Wahrung gemeinsamer Interessen, gegenseitiger Hilfe und dergleichen mehr. Kasten sind dabei ortsgebunden, die Kaste der Schreiber von Lydius zum Beispiel ist von der Kaste der Schreiber in Ar unabhängig. Soweit die Theorie.

In der RP-Praxis ist es so, dass eine Sim alleine meistens zu wenig Mitspieler hat, um eine wirklich funktionierende Kaste zu bilden. Meistens gibt es nur einen Schreiber, einen Heiler oder einen Sklavenhändler, also bilden sich dann freiwillige, simübergreifende Kasten, die sich der Einfachheit halber nur „Kaste der Schreiber“, „Kaste der Heiler“ und ähnlich nennen.

Zudem ist es so, dass jede Kaste natürlich in den Büchern einen Regelkodex hat, aber viele davon sind nur vage bis gar nicht definiert. Also ist eine der typischen Aufgaben, dass sich die jeweiligen Kasten in SL selber einen in sich stimmigen Kodex selbst verpassen. Zudem bieten einige – nicht alle – Kasten eine in character Ausbildung an, die einem beim RP in der jeweiligen Rolle helfen soll, diese gut auszuüben.

Nun bringt es gerade der Heilberuf aber mit sich, dass eine mögliche Ausbildung in diesem mit zu den langwierigsten Ausbildungen überhaupt gehört. Das kommt zum Teil daher, weil nicht wenige Spieler in dem Bereich im wirklichen Leben in Heilberufen arbeiten und all ihr Wissen um die Schulmedizin nun in diese Kaste reinstopfen. Natürlich ist das für Leute mit Background in dem Bereich problemlos machbar, aber mal ehrlich der Rest will nicht zuerst ein Medizinstudium absolvieren müssen, um dann nach Monaten in Gor endlich einen Heiler geben zu können.

Auch muss man auf Gor sicherlich kein Wissen über Spalthauttransplantationen und ähnliches Zeug haben, nur um als Heiler aktiv sein zu können. Die Leute, die mit dem RL-Background aktiv sind, neigen dazu die ganze Heilerei dermassen mit irdischem Fachwissen zu überfrachten, dass es ein schwieriges Unterfangen ist, da überhaupt Fuß zu fassen, auch teilweise mit fragwürdigen Methoden wie der Homöopathie und dergleichen mehr.

Die Heilerei ist dabei sowieso ein schweres Feld, weil sie einerseits in den Bereichen wo Norman es wollte storybedingt der irdischen überlegen ist, ohne aber mal wieder groß ins Detail zu gehen wie es beim Rest ist. Also tendieren viele Heiler direkt dazu, die irdischen Erkenntnisse da einzubauen, wo es nur geht und fertig, häufig ist das dabei total übertrieben.

Ich bin der Ansicht, das nichts gegen Kasten spricht, aber sie sind immer nur ein freiwilliges Konstrukt. Wenn jemand einfach so einen Heiler geben mag, dann wird er das tun und keine noch so komplizierte Heilerausbildung in SL wird daran etwas ändern. Um ein gutes Heiler-RP hinzulegen braucht es nämlich nicht eine Ausbildung en detail über die Funktionsweise der Leber und des Hippothalamus, sondern es reicht sich grob die wichtigsten Gegebenheiten einzuprägen, ruhig auch mal in den Büchern zu schauen wie die Heiler arbeiten und dazu noch ein wenig Anatomiekenntnisse und gesunder Menschenverstand, fertig ist die Laube.

Denn im Fall des Falles wird keiner Fragen „Hast du in der Kaste gelernt?“, sondern „Bist du Heiler und kannst du mich heilen?“ – das reicht aus. Übrigens bei Frauen: wenn die Probleme haben, aktiv werden zu wollen, bastelt euch doch einfach eure Rolle so, das ihr schon zwei Kinder zur Welt gebracht habt und fertig. Wenn das RP passt, dann kommt auch die potentielle Kundschaft gerne wieder, wenn man dagegen einen Wust an medizinischen Fachausdrücken ohne sonstigen Spaß im RP runterleiert, dann nicht.

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