Fragen Sie Bart! – oder: kommt ein Stöckchen geflogen…

Von Maddy kam gerade zu mir ein Stöckchen geflogen, nachdem er von Zauselina Rieko selber eins erhielt.

Seine fünf Fragen an mich sind:

Kannst du dich in eine virtuelle Welt so hineinversetzen, dass deine Wahrnehmung überwiegend von dieser Umgebung bestimmt wird? Kurz: Verspürst du Immersion?
Ja, aber selten. Es ist alles eine Frage des Moments und der Spannung, das schöne Modewort Immersion ist ja auch nichts Neues. Das ist im Grunde ja dasselbe wenn man ein Buch förmlich verschlingt, weil es einen nicht mehr loslässt und man in die Phantasiewelt des Buches heintaucht. Spätestens dann aber, wenn der Körper sein Recht verlangt, ist es mit der Immersion auch vorbei, denn wer aufs Klo muss, der muss eben. Alles hat also seine Grenzen.

Wieviele Items hast du in deinem Inventar? (bei mehreren Grids nur das größte)
31617 Objekte. Das halte ich für einen recht kleinen Wert, da ich Avatare kenne, die durchaus über 100.000 besitzen. Aber so ist das nun einmal, wenn man das Bauen anfängt, dann kann man sich vor lauter Zeug nicht mehr retten. Übrigens bin ich ein absoluter Fan der Suchfunktion des Inventars und halte absolut nichts von der Art und Weise, wie manche Mitmenschen ihr Inventar organisieren, indem sie weniger oft benutzte Items in Prims stopfen und dann nur noch die Lagerprims mit sich im Inventar herum schleppen. Erstens kann so die Suchfunktion ihren Sinn und Zweck nicht mehr erfüllen, man sucht also in einem Haufen Prims das was man sucht per Hand und zweitens ist seitdem Linden Lab den Inventardownload auf HTTP umgestellt hat dieser auch bei großen Inventaren so etwas von schnell, dass sich diese Arbeit einfach von vorne bis hinten nicht lohnt.

Welches ist das für dich beste Machinima aus einer virtuellen Umgebung?
Machinima und virtuelle Umgebungen, au weia. Also mir ist bekannt, dass es Machinima als Genre gibt und damit war es das dann auch schon wieder gewesen, denn ich verfolge die Szene nicht aktiv.

Im Moment ist dieses Video hier für mich das beste Machinima, welches ich aus Second Life kenne – immerhin gewann dieses Machinima namhafte Preise – und damit hat es sich dann auch schon:
http://www.youtube.com/watch?v=LIAqFT3SK4w

Second Life wird in Kürze neun Jahre alt. Glaubst du, es wird noch weitere neun Jahre bestehen?
Ja, Second Life wird es auch noch in neun Jahren geben, allerdings in welcher Form und mit welcher Größe der Benutzerbasis, da habe ich keine Ahnung und darüber möchte ich auch nicht Mutmaßungen anstellen. Tot ist es noch lange nicht, Linden Lab wurde im Laufe seiner Existenz ständig tot gesagt und die Firma existiert bis heute. Das Kapital von Second Life ist und bleibt nun einmal der unvergleichlich große Schatz an von den Benutzern geschaffenen Inhalten, der in der geballten Form und unvergleichlichen Vielfalt sonst nirgends in einer 3D-Welt zu finden ist.

Identifizierst du dich mit deinem Avatar, oder ist es für dich nur eine Pixelpuppe, zu der du keinen Bezug hast?
Sicher identifiziere ich mich bis zu einem gewissen Grad mit meinem Avatar. Ich mache mir da auch nichts vor: wenn man keinen Bezug zu dem Avatar hätte, dann wäre das auf Dauer doch langweilig und da geht es sicherlich den Meisten in Second Life genauso. Wäre der Avatar nur ein reines Werkzeug, wozu braucht es dann die stets dienstbare und sich ständig erneuernde Modebranche mit ihren Angeboten, die aktive Fashionbloggerszene und und und? Ich bin da in verdammt guter Gesellschaft.

Nun bin ich also an der Reihe, das Stöckchen weiterzureichen. Da aber der Sinn und Zweck eines Stöckchens darin besteht, die ursprünglichen Fragen unverändert weiterzuleiten, damit man zwischen den verschiedenen Protagonisten der unterschiedlchen Blogs die Antworten auf dieselben Fragen vergleichen kann, erspare ich mir das Formulieren neuer Fragen und übernehme die von Maddy, so wie es sich gehört. Anders wäre es ja auch witzlos. 😉

Ich werfe hiermit das Stöckchen willkürlich weiter an Zasta Korobase, an Obscuracamera Resident auf ihrer Sim Port Kar, weiter an Kristina Simon damit sie mal nicht nur den SL-Blues schieben muss, sondern auch etwas neues erlebt, an Kokoro Swansong sowie die Frau Collins. Haut rein, Jungs und Mädels!

Wer braucht schon Familie in Second Life?!?

Die Bildung einer Familie welcher Art auch immer in Second Life ist eine der bescheuertsten Ideen überhaupt, auf die man kommen kann. Mal ehrlich: es hieß zwar damals in der DDR nicht ohne Grund, dass in der SED alle Schwestern und Brüder sind, denn Familie kann man sich nicht aussuchen aber Freunde schon, aber in Second Life ist es eben auch so, dass man sich die Familie beliebig aussuchen kann – und damit ist das ganze Konzept schon zum Scheitern verurteilt!

Der gesamte Schwachsinn der Familie beginnt schon damit, wenn man ein Kind bekommt. Die holde Frau brabbelt auf einmal ein Fachchinesisch daher, von dessen Existenz man früher bisher gar nichts ahnte und auf das man auch gut verzichten könnte, wie Schwangerschaftsshapes, Mamma Alpa HUDs, Adoptionsagenturen, Babyklinik und dergleichen mehr. Nie war Kinder kriegen so kompliziert wie in Second Life, was hat sich die Natur dabei nur gedacht, es im wirklichen Leben so einfach zu gestalten, Skandaaal! Wenn denn das holde Weib dann mal schwanger geworden ist, dann läuft sie zur Krönung des Ganzen bis zu sechs Wochen mit einem geskripteten Babybauch herum, der ihr ständig auch noch für alle gut sichtbar sagt, wie toll das Baby sich dreht oder dass sie auf einmal Lust auf Schokoladeneis mit Senf hat! Wie niedlich!

Ist dann das Kind erstmal geboren worden, dann freut man sich einen Ast darüber, einen völlig überteuerten Primhaufen für mindestens 5000 L$ und noch mehr mit sich herumzutragen und durch die Gegend zu fahren. „Schau mal, das ist unser Zögling, isser nicht schööön? Duzi duzi du!“ – arg, und zu allem Überfluss erwarten die stolzen Eltern dann auch noch wirklich, dass alle Freunde sich doch mit ihnen freuen und so tun, als wäre dieser Primhaufen das dollste seit der Mondlandung überhaupt. Wehe mal, einer der Freunde tut das nicht, dann gibt’s Mecker und Drama ohne Ende!

Doch damit nicht genug, irgendwann hat man nach der Entbindung in der Klinik und der mühevollen Arbeit der Adoptionsagentur den Zeitpunkt erreicht, in dem das Baby zu groß geworden ist (es landet also im Inventar) und man in die nächste Stufe der Vertrottelung einsteigt – das Kleinkind wird nun von einem durch die Agentur vermittelten Spieler mit einem neuen Avatar gemimt und tut eben so genau das, was Kleinkinder tun: möglichst viel nerven, Mama und Papa reichlich beschäftigen und sich dabei hinter dem Rechner einen Ast freuen, mal wieder so masochistisch angehauchte Trottel gefunden zu haben, die darauf stehen so gepiesackt zu werden und das auch noch dufte finden. Selbstverfreilich bekommt das liebe Kindchen auch bei den Eltern noch ein Kinderzimmer eingerichtet, denn so viel Zeit muss sein und wenn keines da wäre, dann würde das arme, arme Kindchen unbotmäßig geschädigt werden. Das kann und darf also nicht sein!

Arg! Also Kinder sind in Sachen SL-Familie die eine Form des Wahnsinns, die andere ist es, wenn man sich einfach so mal eben Eltern, Schwestern und Brüder zulegt, mit denen man sich ach ja wer weiß was wie verbunden fühlt. Häufig ist das Hauptkriterium bei der Wahl der eigenen Brüder und Schwestern aber nicht Geschwisterliebe, sondern „Mit der würde ich gerne in die Kiste, aber ich kann nicht solange sie ihren Macker hat da sie ja leider treu ist und daher halte ich mir sie so warm, bis sie denn frei ist und habe dann meinen Stich!“ – ehrlich! Das gilt analog für Frauen wie für Männer so, und wer sagt denn dass nicht auch die eigene Mama oder der eigene Papa ganz schön sexy sein kann? Eben! Ist doch nur Second Life, also macht es ja nichts aus, wenn man dann irgendwann mal einfach über die Strenge schlägt und in einem schwachen Moment dann eben „Inzest“ ausübt. Das kommt häufig genug in den „besten Familien“ in Second Life vor und damit ist eigentlich dieses ganze Familiengeschwafel häufig nur eine abartig total verlogene Scheiße, aber so gewaltig, dass es raucht!

Denn häufig ist eine Familie von der Motivation der Entstehung her eben keine Familie, sondern eine verhinderte Swingergruppe, die auf „da würde ich mal gerne einen Stich landen“ basiert. Nicht mehr und nicht weniger.